Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0072 - Ich war kein Fraß für Tiger

0072 - Ich war kein Fraß für Tiger

Titel: 0072 - Ich war kein Fraß für Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich war kein Fraß für Tiger
Vom Netzwerk:
habe vor einer halben Stunde mit den beiden Großwildjägern Marvin und Crys telefoniert, die mir ein Löwenbaby von ihrer Afrika-Safari mitgebracht haben. Da sie umgehend kommen wollten, lag die Annahme auf der Hand, Sie wären diese beiden Großwildjäger. Entschuldigen Sie. Ich habe Sie in meiner Anstrengung nicht recht zu Wort kommen lassen.«
    Großwildjäger! Na, wir haben ja schon manches große Wild der menschlichen Gesellschaft gejagt, aber mit Löwen, Elefanten und anderem Viehzeug hatten wir zum Glück noch nie ernstlich zu tun.
    Jetzt grinsten wir. Es gab ein nochmaliges Händeschütteln, diesmal mit ernsterem Gesicht des Zoo-Direktors. Als wir uns wieder gesetzt hatten, sagte der gelehrte Mann mit betrübtem Gesicht: »Ich kann mir natürlich denken, warum Sie kommen. Es handelt sich um diese grausige Sache mit den Tigern, nicht wahr?«
    Wir nickten. Aber bevor Phil etwas sagen konnte, hatte ich ihm durch ein Zeichen zu verstehen gegeben, dass er schweigen sollte. Verwundert sah er mich an.
    Ich erhob mich leise und schlich zum Fenster, das nur angelehnt war. Ich stieß es auf und beugte mich schnell hinaus.
    Um die Hausecke verschwand eine Gestalt, die ich nicht mehr erkennen konnte.
    ***
    »Wir sind belauscht worden«, sagte ich.
    Phil sah überrascht zu mir. Seine Stirn furchte sich, und ich konnte mir ungefähr vorstellen, was er dachte:
    Wenn es harmlose Unfälle gewesen wären, wer sollte dann ein Interesse daran haben, uns zu belauschen?
    Ich setzte mich wieder. Einen Augenblick lang dachte ich über die Zweckmäßigkeit meiner Absicht nach, dann entschied ich mich dafür, offen vorzugehen.
    »Direktor«, sagte ich ernst, »waren es Unfälle? Sie leiten diesen Zoo, vielleicht schon seit vielen Jahren, Sie müssen beurteilen können, was möglich ist und was nicht!«
    Der Mann mit dem Gelehrtengesicht wiegte unentschlossen den Kopf. Man sah ihm an, wie peinlich ihm das ganze Thema war.
    »Ich habe hier drei Personen in einer zu vereinigen«, erklärte er uns mit der typischen Gründlichkeit des Wissenschaftlers. »Als Direktor dieses Tierparkes muss ich Ihnen natürlich sagen: Es kann nur ein Unfall gewesen sein. Unser Personal ist seit langen Jahren in unseren Diensten und absolut zuverlässig. Die Tiger sind über jeden Verdacht erhaben, durch die Art ihres Geheges. Es ist absolut unmöglich, dass sie die beiden Männer vielleicht herabgerissen haben. Selbst der mächtigste Kerl von ihnen, der am höchsten springen kann, würde, wenn er sich senkrecht an der Betonwand hochschnellt, niemals auch nur die Fingerspitzen eines ausgestreckten Armes erreichen können. Und ich bin natürlich als Zoodirektor daran interessiert, dass auf keinen Fall irgendein schuldhaftes Versagen unseres Personals oder unserer Anlagen festgestellt wird.«
    Ich zuckte die Achseln.
    »Mich würde weniger interessieren, was Sie offiziell als Chef des Zoos hier zu der Sache zu sagen haben, sondern was Ihre private Meinung ist.«
    Der Direktor sah uns offen an.
    »Abgesehen davon, dass ich der Direktor hier bin«, sagte er, »bin ich auch ein Staatsbürger und ein Privatmann. Als Staatsbürger ist es meine Pflicht, dem Gesetz zu dienen. Als Privatmann habe ich ein Interesse daran, dass Verbrecher verhaftet und eingesperrt werden, damit auch ich nicht geschädigt werden kann. Nun, als Staatsbürger und als Privatmann kann ich Ihnen nur sagen, dass es keine Unfälle gewesen sein können. Unfälle mit solchen eigenartigen Begleitumständen gibt es einfach nicht…«
    Er schwieg und wischte sich den plötzlich ausgebrochenen Schweiß von der Stirn. Ich beugte mich vor und fragte: »Wenn das also Ihre ehrliche Überzeugung ist, warum haben Sie dann noch nichts unternommen?«
    Er sah mich völlig ratlos an.
    »Unternommen?«, wiederholte er. »Aber ich bitte Sie! Was hätte ich denn unternehmen sollen! Ich kann doch nicht auf eigene Faust Detektiv spielen! Außerdem hat die Polizei die ganze Angelegenheit doch in ihre Hände genommen!«
    »Allerdings«, nickte ich, und ich musste daran denken, was man im 79. Revier bisher in dieser Sache getan hatte: nämlich nichts.
    »Sehen Sie, ich will ja nichts verraten«, versicherte er treuherzig, »aber die Polizei glaubt doch auch nicht an Unfälle. Die hat sie doch sicher nur bekannt gegeben, damit sich die wahrhaft Schuldigen in Sicherheit wiegen sollen. Das war bestimmt ein Trick von der Polizei.«
    Es hätte nicht viel gefehlt, und ich hätte laut gelacht. Das biedere Vertrauen, das

Weitere Kostenlose Bücher