0073 - Die Insel der Zyklopen
Augenbrauen hoch.
»Weil hier in der Zeitung etwas darüber steht! Ist zwar sicher ein Blödsinn, aber…«
»Zeig mal her, Nicole!« bat der Professor ernst.
Das hübsche Mädchen sortierte hastig die verschiedenen Nachrichtenblätter, bis sie schließlich eines davon auf Zamorras Schreibtisch flattern ließ und darin zu blättern begann.
»Ich glaube, das ist es…«
Der Geruch von frischer Druckerschwärze breitete sich aus.
»Da haben einige Touristen bei einem Ausflug mit einem Schiff einen Zentauren auf einer der Felsinseln vor der griechischen Küste gesehen. Waren wohl ziemlich blau…« erinnerte sich die Französin an das, was sie vor wenigen Minuten gelesen hatte, während sie noch immer nach dem Artikel suchte.
Der Professor half ihr schließlich und nach einigen Minuten las auch der Parapsychologe die knapp drei Zeilen lange Meldung im Lokalteil. Der letzte Satz war von der Redaktion hinzugefügt worden, die das ganze als Gag irgendeiner Reisegesellschaft abtat, die ihren Umsatz erhöhen wollte.
Professor Zamorra legte die Stirn in Falten. Er studierte die paar Worte immer wieder durch, so, als wolle er zwischen den Zeilen ganze Romane lesen.
»Es könnte etwas Wahres an der Sache sein, Nicole!« meinte er dann.
»Also, wenn du mich fragst, reines Geschwätz, aber bitte, du bist ja für so etwas zuständig, Chef!«
Eine innere Unruhe hatte mit einem Mal den Parapsychologen ergriffen. Er spürte, daß irgend etwas an der Story stimmte.
Zamorra suchte in seinem Gehirn alles zusammen, was er je über die Pferdemenschen gehört hatte. Ja, es waren Fabelwesen der griechischen Mythologie, beinahe so alt wie ihre Götter und Göttinnen und wegen ihrer ungestümen Wildheit weithin bekannt.
Zamorra hatte schon mit vielen übersinnlichen Wesen zu tun gehabt, vom Dämon bis zum Vampir, aber daß es einen lebenden Zentauren geben sollte, daran hatte er bis jetzt noch nicht gedacht.
»Sieht so aus, als würde es das Monster noch nicht lange geben, denn sonst wäre es bestimmt schon öfters gesichtet worden…« studierte der Professor halblaut vor sich hin.
»Du meinst, der Zentaur existiert?« wunderte sich Nicole darüber, daß der Gelehrte einer kurzen Zeitungsmeldung soviel Bedeutung beimaß.
»Ja, ich kann zwar noch nicht sagen, ob er aus Fleisch und Blut besteht, oder nur sichtbar gewordener Geist ist, aber…«
Das Surren des Telefons unterbrach Zamorra. Er nahm den Hörer ab und meldete sich. Je länger er der quäkenden Stimme zuhörte, desto ernster wurde seine Mine. Er lauschte knapp eine Minute, ohne seinen Gesprächspartner zu unterbrechen.
»Okay, Bill, wir kommen!« sagte er dann und ließ den Hörer auf die Gabel sinken.
»Du hast gerade mit Bill gesprochen? Aber…?«
»Später, Nicole, alles später!« Zamorra erhob sich und nahm dem hübschen Mädchen den Bericht, den sie umtippen sollte, aus der Hand, legte ihn auf seinen Schreibtisch zurück. »Das hat Zeit bis später! Pack die Koffer, Nicole! Wir müssen so schnell wie möglich nach Griechenland. Mein Gefühl hat mich nicht getrogen!«
Der Zentaur existiert, verdammt noch mal! dachte Zamorra.
***
Professor Zamorra lehnte sich genüßlich in die weichen Polstersitze der Linienmaschine zurück, die ihn und Nicole Duval in wenigen Stunden sicher und schnell nach Athen fliegen würde.
Er hatte als Gentleman Nicole den Fensterplatz überlassen, für die jede Flugreise ein neues, interessantes Abenteuer war.
Um etwa dreizehn Uhr dreißig sollte das Flugzeug in Athen landen. Bill würde von New York her kommend sicherlich länger brauchen. Er hatte ihm ein Hotel genannt, in dem sie sich in der Zwischenzeit einquartieren sollten. Zamorra begannen unzählig viele Fragen zu quälen, die er vorher durch die Organisation der überraschenden Reise bedingt verdrängt hatte.
»Hättest du gedacht, daß wir heute noch nach Griechenland fliegen? Oh, es ist wunderbar dort. Sonne, Sommer, Meer…«
»Und ein Zentaur!« sagte Zamorra härter, als er wollte.
Seine sarkastische Beifügung hatte eine dämpfende Wirkung auf Nicoles Stimmung.
»Jetzt ist es aber wirklich an der Zeit, daß du mich über Bills geheimnisvollen Anruf aufklärst, Chef! Schließlich muß ich ja wissen, was gespielt wird!«
Nicoles Wißbegier zauberte ein sanftes Lächeln auf das angespannte Gesicht des Parapsychologen.
»Zwei Studenten, die Bills Schüler sind, reisten am Beginn der Sommerferien nach Griechenland, um dort irgendwelche Ausgrabungen zu machen.
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