0074 - Ich flog in die Hölle
Chauffeur?«
»Nein, ohne!«
»Aber Sie werden sich nicht zurechtfinden, Senhores«, wandte er ein.
»Ohne Chauffeur«, sagte ich, und er zuckte die Achsel und telefonierte.
Zehn Minuten später stand der Mietwagen vor der Tür. Wir hinterlegten die Leihgebühr und gondelten durch das nächtliche Rio. Diese Stadt scheint nie schlafen zu gehen, wenigstens hat man den Eindruck, solange man sich auf den Hauptstraßen bewegt.
Wir fanden das Viertel, in dem die Bar lag, wieder. Als wir in die Straße einbogen und unser Wagen, ein Oldsmobile, über das Pflaster holperte, war dort alles so wie in der vergangenen Nacht, nur die Beleuchtung über dem Eingang zur Noches d’Amazonas brannte nicht und die Neonreklame war nicht eingeschaltet.
Wir stoppten den Wagen genau vor dem Eingang. Im Scheinwerferlicht sahen wir, wie Männer und Frauen schnell und schweigend in den Haustüren verschwanden. Es sah aus, als huschten Tiere, die gestört worden sind, in ihre Höhlen.
Während Phil am Steuer blieb, rüttelte ich an der Tür der Bar. Der Eingang war verschlossen und verrammelt.
Ich ging zum Auto zurück.
»Nichts zu machen, Phil.«
»War zu erwarten. Sie dachten, wir würden die Polizei alarmieren und haben sich aus dem Staub gemacht. Willst du es nicht mit Gewalt versuchen?«
»Ich fürchte, das ist auch in Brasilien verboten.«
Phil zeigte schlechte Laune. »Auf die sanfte Tour werden wir nie erfahren, wo Jens Hopkins steckt und Was mit ihm geschehen ist.«
»Wir erfahren es auch nicht, wenn wir die Tür der Bar auf brechen. Glaubst du, sie haben seinen Anzug, seine Brieftasche oder sonst irgendetwas zurückgelassen? Sie hatten Zeit genug, gründlich aufzuräumen, und selbst, wenn wir einen Hinweis finden sollten, so nützt das nichts. Dass er sich im Noches d’Amazonas aufgehalten hat, wissen wir ohnedies.«
Ich warf mich auf den Beifahrersitz. Wir verließen die Straße. Niemand war mehr zu sehen, aber ich war überzeugt, dass uns aus der Dunkelheit Dutzende von Augenpaaren nachstarrten.
***
Es ist ein scheußliches Gefühl, in einem Fall zu stecken, bei dem sich nicht die geringste Handhabe zeigt, wie man weiterkommen soll. Ich glaube, nichts macht einen G-man unruhiger, als wenn er heute nicht weiß, was er morgen tun soll.
Ich lag in meinem Bett, hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt, dachte nach und wusste nicht, was ich morgen anfangen sollte. Diese ganze Sache war wie ein zäher Brei, in dem man herumtappte, aber wenn man hineingriff, behielt man nichts in den Händen.
Ich drückte die sechste oder siebte Zigarette aus. Das Licht hatte ich schon vor fast zwei Stunden ausgeschaltet, aber ich konnte nicht einschlafen, sondern überdachte immer wieder alle Einzelheiten.
Hopkins musste den Männern im Dunkeln, die böse Absichten mit der Maschine DO 4863 gehabt und auch verwirklicht hatten, nahe auf den Fersen gesessen haben, zu nahe vielleicht. Aber Hopkins war ein Geheimdienstmann. Es lag in der Art seiner Tätigkeit, dass man nicht einfach seinen Weg nachgehen konnte, um auf die gleiche Spur zu stoßen wie er.
Und wenn kein Versicherungsschwindel hinter dem Flugzeugabsturz steckte, warum war es dann überhaupt verschwunden? Wegen der elf Amerikaner an Bord? Bestand ein Zusammenhang mit dem Verschwinden der siebenundzwanzig anderen? Es gab keine Antworten auf diese Fragen, nicht einmal eine theoretische Antwort, die nur eine Spur von Wahrscheinlichkeit für sich gehabt hätte.
Obwohl Mitternacht längst vorüber ' war, heulten auf der Straße vor dem offenen Fenster des Hotels immer noch die Autohupen. Irgendwo spielte ein Radio Tangomelodien. Man brauchte gute Nerven, um bei einem solchen Krach einzuschlafen, und ich war im Augenblick zu schlecht gelaunt, um Müdigkeit zu fühlen.
Dann hörte ich ein anderes, viel leiseres Geräusch. Die Klinke der Tür zu meinem Zimmer wurde vorsichtig niedergedrückt.
Ich lag ganz still. Ich wusste nicht, oh ich abgeschlossen hatte.
Ich hatte nicht abgeschlossen, denn die Tür quietschte in den Angeln. Ein winziger Lichtschein fiel ins Zimmer nur so viel, wie durch den Türspalt vom Flur her eindringen konnte.
Sehr langsam und vorsichtig nahm ich die Arme hinter dem Kopf weg und richtete mich zollweise im Bett auf. Auch die Knie zog ich an. Falls der nächtliche Besucher auf die Idee kommen sollte, von der Tür her auf mich zu feuern, musste ich blitzschnell hinter dem Bett in Deckung gehen können.
Ich hörte ein leises Geräusch, das ich nicht zu
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