0074 - Söldner des Teufels
bleib dort, bis ich nach dir verlange.«
Der Herr der Tausend Feuer zeigte auf das riesige, schwabbelnde Etwas in seinem Rücken.
Bill neigte bestätigend seinen Affenkopf und marschierte auf das Zielobjekt zu.
Was sollte es darstellen? fragte er sich. Ein Haus, eine Unterkunft für… Sklaven?
Vermutlich. In Bodennähe erkannte Bill einen bläulich flimmernden Fleck, bei dem es sich möglicherweise um eine Öffnung handelte. Der Fleck blieb jedoch nicht an Ort und Stelle, tanzte vielmehr hin und her, war mal hier, mal da. Aber es war eine Öffnung. Als der Historiker unmittelbar davorstand, konnte er durch den Flimmer hindurch einen Hohlraum erkennen.
Bill wartete ab, bis das bläuliche Irrlicht wieder genau vor ihm war. Ihm war zwar nicht ganz wohl, aber die Furcht vor Schmerzen, wenn er dem Befehl des Unholds nicht unverzüglich nachkam, wischte seine Bedenken über Bord. Entschlossen sprang er mitten in den Flimmer hinein.
Nichts Nachteiliges passierte ihm. Es handelte sich tatsächlich um eine Behausung, und zwar um eine, die bereits bewohnt war. Von Wesen, die aus einer pervertierten Tiermenagerie entlaufen zu sein schienen.
Er erkannte Gestalten, die der seinen wie ein Ei dem anderen ähnelten. Und er erkannte andere. Gefiederte Bären, Vögel mit gallertartigen Pelzen, menschliche Figuren aus der Zeit der Neandertaler mit außen angebrachten Körperorganen, weitere Ausgeburten einer krankhaften Phantasie mehr.
Sie blickten alle ihm entgegen.
»Willkommen in der Armee der Unbesiegbaren«, wurde er begrüßt.
Bill wußte nicht so recht, was er antworten sollte. Er ahnte, daß dies hier Leidensgenossen von ihm waren, daß dies einst Menschen gewesen waren, die man in diese Horrorgestalten verwandelt hatte.
Genauso wie es ihm widerfahren war.
Er blieb stehen, blickte unschlüssig auf die Gestalten hinunter, die auf einem gummiartigen Fußboden lagerten, der fortwährend die Farbe wechselte, jetzt schwefelgelb war, dann blutrot und anschließend violett.
»Wer bist du?«
»Wo kommst du her?«
»Wie heißt du?«
Die Fragen sprangen ihm förmlich entgegen.
Bill antwortete: »Mein Name ist Bill Fleming, und ich komme aus New York. Sagt das jemandem etwas?«
Eine der Gestalten, Typ Vogelbär, sprang hoch.
»Und ob mir das etwas sagt«, zwitscherte das Wesen in französischer Sprache. Eine klauenartige Hand wurde Bill entgegengestreckt. »Monsieur Fleming, ich hätte nie gedacht, daß wir uns unter solchen Umständen wiedersehen würden.«
»Wer sind… wer bist du?« fragte der Historiker.
»Ich bin Marcel de Marteau«, sagte das Vogelwesen.
***
Am anderen Morgen stand Professor Zamorra ziemlich früh auf.
Auch Nicole war bereits wach.
»Wo willst du hin, Chef?« fragte sie noch leicht schlaftrunken.
Zamorra, der bereits auf dem Weg zum Badezimmer war, blieb stehen und drehte sich um.
»Ich habe vor, mich sofort wieder um diese verdammten Kinder des Lichts zu kümmern«, antwortete er.
Wie sich doch die Bilder gleichen, fuhr es Nicole durch den Kopf.
Vorgestern morgen hatte es eine fast identische Szene gegeben. In Paris, im Hotel Roi.
Diesmal jedoch bestand ein erheblicher Unterschied. Aus ihrer Sicht gesehen. Nicht nur der Schauplatz hatte gewechselt, auch die Umstände waren anders, denn diesmal würde sie sich nicht wieder auf die andere Seite rollen und einfach weiterschlafen.
Heute würde sie selbst aktiv werden, von Anfang an. Aber das wollte sie dem Chef nicht auf die Nase binden.
»Und ich bin noch so müde«, sagte sie und gähnte.
Er lächelte leicht. »Bleib nur noch liegen, Nicole. Ich werde jetzt nichts Weltbewegendes tun. Ein paar Besuche bei Zeitungen, wo ich etwas in den Archiven herumstöbern möchte. Vielleicht finde ich Material über die Sekte, das uns irgendwie weiterhelfen kann.«
»Bon«, sagte Nicole, »dann schlafe ich noch ein, zwei Stunden.« In Wirklichkeit jedoch lag ihr nichts ferner als dies.
Der Professor nickte ihr zu und verschwand im Bad. Nicole tat so, als sei sie im Begriff, wieder einzuschlafen.
Als Zamorra eine Weile später wieder im Hotelzimmer erschien und sich ankleidete, spielte sie ihm die Schlafende vor. Ihr Täuschungsmanöver gelang perfekt. Er merkte nichts, trat an ihr Bett heran und drückte ihr einen sanften Kuß auf die Stirn. Dann verließ er den Raum und zog die Tür betont leise ins Schloß.
Nicole wartete ein paar Minuten, um ganz sicher zu sein, daß er auch wirklich weg war und nichts vergessen hatte. Anschließend sprang
Weitere Kostenlose Bücher