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0078 - Im Geisterreich der Wikinger

0078 - Im Geisterreich der Wikinger

Titel: 0078 - Im Geisterreich der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Wolf Sommer
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machte einen Satz nach vorne. Die würgende Hand an ihrem Hals wurde zurückgerissen, nahm dabei einen Teil ihrer Bluse mit. Nicole ignorierte es ebenso wie den Schmerz im Nacken, wo ein Fingernagel des Kerls offenbar eine blutende Schramme hinterlassen hatte.
    Noch immer gaben die Piraten nicht auf. Im Rückspiegel sah Nicole, wie ein anderer der drei die rechte Hand hochriß, über den Kopf wirbelte und dann vorne zucken ließ. Eine blitzende Axt, mit enormer Kraft geschleudert, flog hinter dem davonfahrenden Wagen her.
    Und sie traf. Wieder klirrte es nervtötend, als auch die Heckscheibe zu Bruch ging. Die Durchschlagskraft des Mordinstruments wurde dadurch jedoch entscheidend abgemeldet. Harmlos fiel die Streitaxt auf den Hintersitzt.
    Dann hatte der Citroën genug Geschwindigkeit gewonnen, um vor den drei hartnäckigen Mordbuben sicher zu sein.
    Vor diesen, nicht jedoch vor anderen!
    Als Nicole, die in den letzten paar Sekunden nur den Rückspiegel im Auge behalten hatte, wieder durch die Frontscheibe blickte, sah sie eine ganze Phalanx von Schwert- und Axtträgern auf der Straße stehen. Furchtlos erwarteten sie das schnell näherkommende Fahrzeug.
    »Mademoiselle!« schrie Lucille angstvoll auf. Sie hatte die neuerliche Gefahr ebenfalls erkannt.
    »Keine Bange«, sagte Nicole beruhigend. »Denen werden wir es zeigen. Wenn die meinen, daß ein Auto nur ein Pferd auf Rädern ist, werden sie sich wundern.«
    Sie trat das Gaspedal voll durch. Der Citroën reagierte wie bestellt, schoß regelrecht nach vorne.
    »So, wenn sie jetzt nicht zur Seite spritzen, dann weiß ich es nicht!« verkündete Nicole und steuerte genau auf die Nordmänner zu, die wie eherne Wächter dastanden.
    Sie dachten nicht daran, zur Seite zu spritzen. Als der Citroën nur noch wenige Meter von ihnen entfernt war, wichen sie so gewandt aus wie der Torero dem Stier. Dann führten sie den blitzschnellen Gegenschlag.
    Wuchtige Schwert- und Axthiebe krachten gegen die Limousine.
    Das Blech vibrierte wie ein Gong, und die Windschutzscheibe splitterte. Sie flog jedoch nicht aus dem Rahmen.
    Dieser Umstand wurde Nicole zum Verhängnis. Sie sah nichts mehr. Da war vor ihren Augen nur noch ein dichter Vorhang von unzähligen Glaskristallen, ein undurchsichtiges Netz von gebrochenen Linien.
    Sie merkte, daß der Wagen ins Schleudern geraten war, konnte jedoch nichts Kontrolliertes tun, um ihn abzufangen. Sie wußte nicht, in welche Richtung er ausbrach, denn sie war quasi blind.
    Dann kam das schnelle Ende.
    Der Citroën krachte hart gegen eine Hauswand, gegen eine Laterne oder gegen ein sonstiges Hindernis. Nicole hatte das Gefühl, von einer Riesenfaust erfaßt zu werden, die sie durch die jetzt doch aus dem Rahmen gesprungenen Frontscheibe riß und auf die Straße schleuderte. Mit Schmerzen in allen Gliedern blieb sie bewegungslos liegen.
    Aber sie verlor das Bewußtsein nicht. Benommen auf dem Rücken liegend, konnte sie den Himmel sehen.
    Dann schob sich ein Gesicht in ihr Blickfeld.
    Im ersten Moment wollte sie die Augen schließen. Auf das triumphierende Leuchten in den Pupillen eines Rotbärtigen konnte sie verzichten.
    Sie schloß die Augen dann aber doch nicht, denn das Gesicht, das sich über sie beugte, war nicht das eines Wikingers.
    Es war das Gesicht Monsieur Cols.
    Der Mann lächelte sein gewohntes, ironisches Lächeln – trotz des Blutes, das überall in St. Briand geflossen war und weiter floß, trotz der Todesschreie der Menschen, die aus den Häusern gellten.
    Col! dachte Nicole. Wo Col war, da konnte auch Zamorra nicht weit sein. Anscheinend waren der Chef und seine Begleiter von ihrer Exkursion zurückgekehrt…
    Ein zweites Gesicht schob sich neben das des lächelnden Mannes.
    Das Entsetzen trat in Nicoles Augen.
    Dieser zweite Mann war nicht der Professor. Es war ein Wikinger.
    Ein besonders imposantes Exemplar seiner gewalttätigen Rasse.
    Breiter, wuchtiger Schädel mit gewalttätigem, flammendrotem Bart.
    Blitzende, stahlblaue Augen richteten sich auf Nicole. Der Nordmann öffnete den Mund, ließ eine polternde Lache ertönen.
    Und dann – Nicole wollte es gar nicht glauben – antwortete Col. In derselben Sprache wie der Rotbärtige.
    Beide Männer lachten.
    ***
    Im Morgengrauen landete die Maschine der TWA, mit der Bill Fleming aus New York gekommen war, auf dem Pariser Flughafen Orly. Der Zeitvorsprung, den der amerikanische Osten gegenüber Mitteleuropa besaß, wirkte sich sehr vorteilhaft aus. Bill hatte sechs

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