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0079 - Das Gespensterschiff

0079 - Das Gespensterschiff

Titel: 0079 - Das Gespensterschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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über dem verwitterten Ausguck am vorderen Mastende.
    An der Rahe baumelte ein Gehenkter in brauner Kutte.
    Die fünf Gestrandeten hatten ihre Mittagspause in Strandnähe verbringen wollen. Jetzt sprangen sie wie auf Kommando auf und jagten der gegenüberliegenden Seite der Insel zu, als würde es dort Rettung für sie geben. Sie handelten wider alle Vernunft, aber kaum einer konnte den Anblick dieses Schiffes ertragen.
    Niemand schwitzte mehr. Eiseskälte, die von der QUEEN herüberzuwehen schien, ließ sie plötzlich frösteln.
    Erinnerungen an die grausigen Ereignisse des vergangenen Abends überfielen sie mit brutaler Gewalt, schalteten jeden rationalen Gedanken aus. Sie hetzten nur vorwärts. Jeder suchte, die größtmögliche Entfernung zwischen sich und das Schiff zu bringen.
    Neben Bill rollte Roual Carpentier den Abhang auf der anderen Inselseite hinab, überschlug sich ein paarmal, kam wieder auf die Beine und hastete weiter, bis die CARIBBEAN QUEEN hinter der höchsten Erhebung des Eilands verschwunden war.
    Nebeneinander und mit brennenden Lungen fielen sie alle fünf in den Sand. Auch Nicole hatte sich von der allgemeinen Panik anstecken lassen.
    Aber noch hatte sie sich ihren Glauben bewahrt.
    Ihren Glauben an Professor Zamorra, der Geistern und Dämonen die Stirn bieten konnte.
    Doch Professor Zamorra war weit.
    Nicole Duval stemmte sich hoch, warf zuerst einen Blick zurück und suchte dann die Enden des Strandes ab.
    Die CARIBBEAN QUEEN schob sich langsam über den Südrand der Insel. Käptn Hawk gönnte seinen Opfern keine Pause…
    Auf seinem Schiff schwamm das Menetekel mit. Das Versprechen eines nahen und gnadenlosen Todes…
    Männer brüllten dumpf auf und blieben mit zuckenden Gliedern liegen. Gespenstische Eiseskälte hatte auch diese Inselseite ergriffen. Nicole mußte sich zwingen, nicht das Bewußtsein zu verlieren.
    Als einzige rappelte sie sich hoch und stand schwankend am Strand, schaute hinüber auf das Schiff.
    Und jetzt sah sie, daß das Deck doch nicht leer war. Auf rostbraunem Untergrund lagen die halbskelettierten Gestalten, doch jetzt hatte keine mehr von ihnen einen Kopf. Die Köpfe lagen abseits von ihnen, wie Kanonenkugeln auf einen Haufen getürmt.
    Da endlich packte das Grauen auch nach Nicole Duval. Sie sank neben den Männern nieder und wimmerte wie ein kleines Kind.
    ***
    Professor Zamorra bezahlte auch die zweite Flasche und den Daiquiri.
    »Was ist jetzt, Sir?« fragte Mat Sarp und starrte unverhohlen auf die gefüllte Brieftasche seines Gesprächspartners. »Hab ich mir ’was verdient?«
    Professor Zamorra zog wortlos fünf Zwanzig-Dollar-Noten aus der Börse aus feinstem Krokodilleder und schob das Geld über den Tisch. »Sie können sich noch einen weiteren Schein dazuverdienen«, sagte er.
    Mat Sarp ließ schnell die Banknoten verwinden. »Wie?«
    »Ich brauche ein seetüchtiges Schiff mit einer Mannschaft, die keine Fragen stellt. Doch sprechen wir draußen weiter.«
    Das Lokal war inzwischen gefüllt bis auf den letzten Platz. Hauptsächlich waren es zerlumpte Gestalten, die sich am Tresen drängten und an den Tischen saßen, wo sie undefinierbare Gerichte von Steingut-Tellern in sich hineinlöffelten.
    Zamorra hatte zwar seit der Landung nichts mehr zu sich genommen, doch er wollte seinen Geruchssinn nicht über Gebühr strapazieren, wènn es sich vermeiden ließ. Außerdem bestand die Kundschaft fast ausschließlich aus Galgenvögeln, die bereits nach dem modisch gekleideten Mann schielten. Hätte Zamorra nicht mit einem der ihren am selben Tisch gesessen, hätte es mit Sicherheit bereits die ersten Anpöbeleien gegeben, und nichts konnte Zamorra im Augenblick weniger gebrauchen, als Streithändel mit dem Primitiv-Ableger von Nassaus Unterwelt.
    Er reichte dem Einbeinigen die Krücke.
    »Gehen wir.«
    Nur widerwillig wurden sie durchgelassen. Zamorra atmete auf, als sie wieder draußen auf der Straße standen. Trotz der vielen Mülltonnen, die überall randvoll herumstanden, war die Luft immer noch besser als in diesem drückend schwülen Kellerlokal, das sie eben verlassen hatten.
    »Sie wollen also keinen Rat von mir annehmen«, stellte Mat Sarp fest. »Sie wollen also tatsächlich in jenes Gebiet fahren.«
    »Es gibt nichts, was mich davon abhält.«
    »O doch«, meinte der Einbeinige, während er neben Zamorra zum Hafen zurückhumpelte. »Sie brauchen nur das Ziel Ihrer kleinen Reise anzugeben, und sie werden dann selbst unter den hartgesottenen Burschen

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