0079 - Das Gespensterschiff
mit.
»He, Mister! Bin ich eingedöst?«
Zamorra lächelte leicht.
»Scheint wohl so. Sie waren für ein paar Sekunden abgetreten. Wollen Sie sich nicht am Steuer ablösen lassen?«
»Nein, nein. Das ist nicht nötig. Durch diese Gewässer hier steuere ich meinen Liebling noch im Schlaf. Ich habe nämlich einen 1A Schutzengel engagiert, wissen Sie? Der trägt die SARONA über die Riffs, wenn es sein muß.«
»Man könnte neidisch auf Sie werden«, meinte Zamorra. Sein Lächeln hatte sich etwas verstärkt. Die Suggestionen waren voll durchgeschlagen. Es war beileibe nicht das erste Mal, daß seine durch das Amulett noch intensivierten Hypnotisierfähigkeiten ihn aus einer auswegslos scheinenden Situation geholfen hatten.
»Könnten Sie mir jetzt endlich sagen, wo unser kleiner Ausflug enden soll?« fragte Hank Gloster.
Professor Zamorra wiederholte die Koordinaten.
»Hoho!« dröhnte Glosters mächtiger Baß. »Da haben Sie sich aber eine ziemlich ungemütliche Ecke ausgesucht.«
»Wieso?« fragte Zamorra in gespielter Unschuld.
»Ach so!« rief Hank Gloster aus und lachte. Sein Lachen wirkte gekünstelt. »Sie sind ja fremd in der Gegend. Sie können die Geschichte ja gar nicht kennen.« Er lachte wieder. »Man erzählt sich ein paar komische Geschichten über diese Ecke. Da soll doch tatsächlich irgendwo so ein altes Gespensterschiff kreuzen. Ist natürlich blanker Unsinn!«
»Und wenn es nicht so wäre?« fragte Zamorra lauernd.
Hank Gloster zuckte mit seinen mächtigen Schultern.
»Ich fürchte weder Tod noch Teufel«, erwiderte er überzeugt, drehte sich überrascht um und schaute Zamorra an. Dann grinste er. »Seltsam«, fuhr er fort. »Der Satz ist gar nicht von mir. Ich hätte sowas nie gesagt. Muß ich wohl irgendwo gelesen haben.«
»Wahrscheinlich«, sagte Zamorra. Ihm waren die Zusammenhänge natürlich klar.
Er hatte posthypnotische Befehle erteilt. Befehle also, die auch in den Wachzustand hineinwirkten und trotzdem Wort für Wort befolgt wurden. Ein durchaus normales Phänomen, dessen sich auch Psychiater und Psychotherapeuten bedienten, wenn sie ihre Patienten beispielsweise von gefährlichen oder auch nur lästigen Gewohnheiten befreien wollten.
»Aber nun haben Sie mir ein wenig Angst gemacht«, log Zamorra. »Ich bin etwas abergläubisch, müssen Sie wissen.«
Hank Gloster prustete los, zeigte mit dem Finger auf Zamorra und schlug sich klatschend auf die Oberschenkel.
»Ein Spion…« Gloster lachte und konnte sich kaum beruhigen. »Einen abergläubischen Spion. Hey Jolly! Verdammt will ich sein, wenn ich jemals etwas Lustigeres gehört habe.«
»Seien Sie ruhig!« befahl Zamorra, und Hank Gloster schwieg augenblicklich. Sein Lachen endete abrupt. Er schaute seinen Fahrgast erstaunt und fragend an. Ähnlich wie ein dressierter Hund, der von Herrchen einen Befehl erwartet. Ebenfalls Nachwirkungen der Hypnose.
Gloster würde jetzt auch keine Fragen mehr stellen, die Zamorra von seinen weiteren Vorhaben ablenkten. Er würde alles akzeptieren wie es gerade kam, so sehr er sich im Normalzustand auch dagegen gesträubt hätte. Er war wie Wachs in Zamorras Händen, und er wußte es nicht. Von jetzt an funktionierte Hank Gloster wie ein gutgeölter Automat.
»Ich bestehe aber darauf, daß ich einige Vorkehrungen treffe«, ließ Zamorra sich vernehmen, und Hank Gloster hatte das Lachen verlernt. »Sie kennen doch die Vampir-Geschichten auch?«
Gloster nickte.
»Gegen Vampire gibt es Mittel. Und ich habe eines gegen Gespenster-Schiffe. Ist das klar?«
Gloster nickte.
»Sie werden Ihrer Mannschaft nichts davon sagen, wohin wir fahren.«
Gloster nickte.
»Sie werden mir ab sofort vollkommen freie Hand lassen und sich nur mehr darum kümmern, daß Ihre prächtige SARONA so schnell wie möglich unser Ziel erreicht. Sie brauchen nicht ständig zu nicken.«
»Aye, aye, Sir«, sagte Hank Gloster, drehte sich wieder um und kümmerte sich ab sofort nur noch um Seekarten, Kompaß und Steuerrad.
Zamorra trat hinaus aufs Ladedeck und schaute hinauf zum Himmel. Es war bedenklich dunkler geworden. Höchstens noch eine Stunde bis Sonnenuntergang.
***
Das bedeutete, daß sie noch eine gute Stunde unterwegs sein würden.
Die beiden Matrosen waren unten in einer knallengen Kajüte, die ebenfalls von der geringfügig ausgefallenen Ordnungsliebe des Besitzers dieses Bootes kündete.
Der eine, der größere von beiden, machte sich in der verdreckten Kombüse zu schaffen, um allen ein karges Mahl,
Weitere Kostenlose Bücher