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0079 - Der Tyrann von Venedig

0079 - Der Tyrann von Venedig

Titel: 0079 - Der Tyrann von Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wunderer
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uns entgegen. Die Straßencafes waren gut besucht. Im Freien spielten Vier- oder Fünf-Mann-Orchester. An der Mole wiegten sich fest vertäute Gondeln auf den Wellen.
    »Wir legen an!« dröhnte aus dem Megaphon die Stimme unseres Reiseleiters. Zumindest mich störte Joe Tarrant gewaltig. »Sie haben die Gelegenheit zu einem kleinen Bummel über den Markusplatz! Halten Sie sich bitte dicht bei mir, damit die Gondeln nicht zu lange warten. Wir haben einen genauen Zeitplan!«
    »Ich weiß schon, warum ich sonst nie Pauschalreisen mitmache«, murmelte Jane Collins und schmiegte sich an mich. »Wir beide hier ganz allein, das wäre etwas John, meinst du nicht?«
    »Wir beide und der Schwarze Doge«, erwiderte ich. Sie zuckte zusammen. »Tut mir leid, ich wollte dir nicht die Stimmung zerstören.«
    »Du hast ja recht«, sagte sie ernüchtert. »Wir sind nicht zum Vergnügen da.«
    Wir kletterten alle folgsam an Land und mischten uns unter Tarrants Führung unter das Volk. Touristen und Venezianer flanierten über den Platz, standen in Gruppen beisammen, fotografierten, als ginge es um ihr Leben, kauften Andenken und schleckten Eis.
    »Was ist, John?« Jane sah mich lächelnd an. In ihren Wangen bildeten sich Grübchen. »Ist in den Spesen von Scotland Yard ein Eis enthalten?«
    »Ich denke doch, Darling«, erwiderte ich und ging auf einen Eisverkäufer zu, der seinen Stand unter der rings um den Markusplatz laufenden Säulen aufgebaut hatte.
    Es herrschte ein derartiges Gedränge auf dem Platz, daß ich nicht auf jeden achten konnte. Daher bemerkte ich den Schatten zu spät, der sich von der Säule löste und sich auf mich zuschnellte.
    Als ich herumwirbelte, war er schon über mir!
    ***
    Ich sah zwei unnatürlich weit aufgerissene Augen, dann prallte er gegen mich und riß mich zu Boden.
    Geistesgegenwärtig rollte ich mich ab, sonst wäre ich mit dem Kopf gegen die Steinstufen geschlagen.
    Der Mann krallte seine Finger um meinen Hals, daß mir augenblicklich die Luft wegblieb.
    Irgendwo schrie eine Frau schrill auf. Glas klirrte.
    Ich konnte nicht auf meine Umgebung achten. Wenn ich diesen verrückten Kerl nicht schnellstens loswurde, war es aus. Das Blut rauschte in meinen Ohren, und ich versuchte vergeblich, den Angreifer von mir zu stoßen. Er drückte mich mit seinem Gewicht zu Boden und entwickelte unglaubliche Kräfte.
    Meine Fäuste schnellten seitlich hoch. Ich schlug hart zu, verfehlte ihn aber, weil er den Kopf zur Seite riß. Meine Hände glitten wirkungslos ab.
    Sein Gewicht nagelte meine Beine auf die Steinplatten, und als ich mich aufbäumen wollte, um ihn abzuschütteln, hielt er mich in einem unnachgiebigen Griff fest. Ich hatte das Gefühl, als würde eine Steinstatue auf mir liegen.
    Aus dem Mund des Kerls drang ein heiseres Fauchen und Knurren wie von einer wilden Bestie.
    Mit letzter Kraft bäumte ich mich auf und schlug noch einmal zu.
    Ein anderer wäre nach diesem Treffer aus den Schuhen gekippt und erst ein paar Stunden später zu sich gekommen. Nicht so mein Gegner.
    Er wurde zurückgeworfen. Seine Hände glitten von meinem Hals, der sich anfühlte, als hätte ich mit flüssigem Eisen gegurgelt. Gierig holte ich Luft und richtete mich auf.
    Das durfte doch nicht wahr sein!
    Ich hatte den jungen Mann noch nie gesehen, und dennoch wußte ich, wen ich vor mir hatte. Antonio Gianelli! Er sah seiner Mutter tatsächlich wie aus dem Gesicht geschnitten ähnlich!
    Er stand tief geduckt vor mir, die Beine leicht gegrätscht. Kein Wunder, daß ich solche Schwierigkeiten mit ihm hatte. Der Junge war sportlich durchtrainiert. Unter seinem T-Shirt zeichneten sich massige Muskelpakete ab. Zusätzlich stand er unter einem unheilvollen magischen Einfluß. Und er war genauso groß wie ich.
    Jeden Moment konnte er mich wieder angreifen. Ich hätte die Beretta ziehen können, dann wäre alles sofort entschieden worden. Doch das durfte ich nicht! Antonio Gianelli handelte nicht aus freien Stücken. Er wurde gezwungen und konnte nichts dagegen unternehmen.
    Wo blieb nur Suko? Und Jane? Warum griffen sie nicht ein? Zu dritt hätten wir den jungen Mann festhalten können, ohne ihn zu verletzen und ohne uns selbst zu gefährden.
    Ich ließ Antonio keine Sekunde aus den Augen, musterte aber aus den Augenwinkeln meine Umgebung. Die Menschen auf dem Markusplatz bildeten eine schweigende Mauer um uns beide. Sie waren vorsichtshalber ein Stück von uns abgerückt. Niemand half mir.
    Es mußte auch so klappen. Wie oft war

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