007b - Duell mit den Ratten
worden waren, machte er einen Abstecher zu seiner Vogelfalle. Er hatte sie auf dem Sims des Gangfensters angebracht, weil sich dort immer wieder Tauben, Spatzen und sogar seltenere Singvögel niederließen. Anfangs war es ein guter Platz gewesen. Kein Tag war vergangen, an dem sich nicht irgendein Vogel darin verfangen hatte, so daß Prosper sich nicht um Nachschub für seine Geschenke an Mr. Lundsdale oder für seine Experimente zu sorgen brauchte. Aber in den letzten Tagen ließen sich keine Vögel mehr in der Nähe der magischen Falle blicken. Wahrscheinlich warnte sie ihr Instinkt vor der Gefahr. Prosper nahm sich vor, die Falle an einem günstigeren Ort anzubringen. Vielleicht unter dem Dachstuhl, wo alle Arten von Vögeln nisteten.
Er griff auf das Sims hinaus und staunte nicht schlecht, als seine Hände ein Lebewesen umschlossen, aber er erkannte schon bei der Berührung, daß es alles andere als ein Vogel war. Er zog die Hand zurück und starrte verblüfft auf seinen Fang. Es war ein Mensch. Bei allen Teufeln und Dämonen, er hielt einen Menschen in der Hand, der nicht größer als dreißig Zentimeter war. Daß es so etwas gab!
Die Proportionen stimmten; Kopf, Arme und Beine standen im richtigen Verhältnis zum Körper. Der Puppenmann trug sogar einen Anzug, der nicht anders geschnitten war als der eines normal großen Menschen.
»Dich hat Asmodi geschickt!« rief Prosper begeistert, und Donald Chapman sah es in seinen Augen teuflisch aufblitzen.
Der Puppenmann konnte sich nicht bewegen. Nicht nur, daß der Junge ihn mit festem Griff hielt, er war auch immer noch durch die Wirkung der magischen Falle gelähmt. Er schalt sich ob seiner Unvorsichtigkeit. Aber wie hätte er auch mit einer solchen Falle auf dem Fenstersims rechnen sollen?
»Was werde ich nur mit dir tun?« sinnierte Prosper, während er Chapman auf sein Zimmer trug. »Soll ich dich wie ein Insekt auf einer Stecknadel aufspießen oder …«
Dorian war im Taxi nach Soho gefahren. Als es zu einer Verkehrsstockung kam, ging er einfach zu Fuß weiter. Der Trödlerladen war ganz in der Nähe. Er mußte schnell handeln, denn er wollte unbedingt noch in dieser Nacht eine Entscheidung herbeiführen, bevor die Dämonen Lunte rochen und flüchten konnten.
Er hatte Norman Winter, der ohnehin nur für den Innendienst zu gebrauchen war, mit dem Rover in die Dark Eagle Woods hinausgeschickt. Seine Aufgabe war, Chapman zum Internat zu fahren und sich dort auf Abruf bereitzuhalten. Dorian hätte sich jetzt am liebsten selbst dort aufgehalten, aber er mußte zuerst diesen verrückten Künstler ausfindig machen, der auf Irene Reuchlins Porträt herumkleckste und nicht wußte, welche Folgen das hatte. Er erkannte immer mehr, daß Don für Coco keine große Hilfe war. Wenn sie in echte Bedrängnis kam, konnte ihr der Puppenmann nicht helfen, und bis er Verstärkung herangeholt hatte, konnte es längst zu spät sein.
Dorian erreichte den Trödlerladen und trat ein. Das Bimmeln der Glocke machte ihn nervös.
»Ah, guten Tag, Sir!« sagte der Alte, dem der Laden gehörte, während er hinter einem der Regale hervorkam. »Ich freue mich, Sie wiederzusehen. Ich sage immer, schaffe dir zufriedene Kunden, und sie werden immer wieder den Weg zu dir finden. Waren Sie mit Ihrem Kauf zufrieden, Sir?«
»Ich bereue nur, daß ich das Bild nicht auch gekauft habe«, erwiderte Dorian, und da er den fragenden Blick des Alten sah, erklärte er: »Ich meine das Porträt, das mir dieser verwilderte Bursche vor der Nase weggeschnappt hat. Sie müssen mir seinen Namen und seine Adresse geben.«
Die Augen des Alten leuchteten gierig auf.
»Warum plötzlich das große Interesse?« fragte er lauernd. »Haben Sie etwa herausgefunden, was für einen Ursprung das Bild hat?«
»Das kann man wohl behaupten«, knurrte Dorian. »Ich muß den Mann unbedingt finden. Sagen Sie mir, wo er wohnt, und Sie werden es nicht bereuen.«
»Ich bin gerne bereit, Ihnen den Kauf zu vermitteln«, sagte der Alte und rieb sich die Hände. »Aber ich weiß weder, wie der Mann heißt, noch wo er wohnt. Er kommt fast jede Woche einmal herein. Sagen Sie mir, wo ich Sie erreichen kann, dann …«
Dorian verlor die Geduld und packte den Alten am Rockaufschlag. »Wenn Sie nicht sofort mit der Sprache herausrücken, dann vergesse ich meine gute Erziehung«, herrschte er ihn an.
»Nicht, Sir!« bettelte der Alte, der merkte, daß Dorian es ernst meinte. »Ich weiß wirklich nur, daß er Dirk heißt. Ich habe
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