007b - Duell mit den Ratten
einer Hexe besitzt. Mr. Hunter ist überzeugt, daß ihm Mrs. Reuchlin hörig sein wird, wenn er erst ihr Bildnis besitzt. Deshalb martert er den armen Phillip so …«
Jetzt begann Coco die Zusammenhänge zu begreifen. Sie glaubte nun auch zu wissen, woher Mrs. Reuchlin ihre Gesichtsnarbe hatte.
»Wenn sich Dorian meldet, sagen Sie ihm, daß er sofort ins Internat kommen soll!« sagte sie gehetzt, denn ihr war nicht entgangen, daß sich die Türklinke langsam nach unten bewegte. »Dorian soll sich beeilen! Hier ist die Hölle los!«
Coco hatte sich in ihrer Erregung halb vom Sessel erhoben. Plötzlich knackste es im Telefonhörer und eine unheimliche Männerstimme tönte ihr entgegen. Sie erkannte die Stimme des Mannes ohne Gesicht, die sie letzte Nacht in Irene Reuchlins Zimmer gehört hatte – die Stimme des Fürsten der Finsternis.
»So, meine kleine häßliche Hexe. Bald ist die erforderliche Schicksalskonstellation erreicht. Menschen werden auf Irrwegen wandeln, werden vor Lust und Schmerz brüllen und in Verzückung ihr Leben hingeben. Denn es wird ein Dämon geboren.«
Die Tür wurde aufgestoßen. Mike Lundsdale stand sprungbereit im Rahmen. Seine Augen sprühten vor Leidenschaft Funken.
»Meine geliebte Judy!« rief er. »Endlich habe ich dich gefunden! Ich vergehe vor Sehnsucht nach dir. Diesmal lasse ich dich nicht mehr fort. Ich begehre deinen Körper, und wenn du ihn mir verweigerst, dann nehme ich ihn mir mit Gewalt.«
In einem Korridor des Obergeschosses spielte sich eine unheimliche Szene ab. Cäcilia Whitley, die den magischer Kreis verlassen hatte, um sich aus ihrem Zimmer Kleider zu beschaffen, war nach zwei Schritten sofort wieder ein willenloses Werkzeug der Dämonen geworden. Sie kam in den Korridor, wo Theophil Crump, Mortimer Wisdom, Benjamin Flindt und Miß Doyle einen Reigen bildeten. Flindt schwang eine Peitsche, die auf die Leiber seiner Kollegen niedersauste, während sie ihre Glieder in seltsamen Verrenkungen miteinander verschlangen. Nur vor Theophil Crump zuckte die Peitsche zurück, als würde ihn ein unsichtbarer Schild schützen. Cäcilia Whitley erkannte, daß er der Zeremonienmeister war, und sie warf sich ihm an den Hals, als sei es die selbstverständlichste Sache der Welt.
Zur gleichen Zeit gelangte Prosper Fludd mit den drei anderen Dämonenkindern in den Keller, wo er ihnen seinen Gefangenen, den Puppenmann Donald Chapman, vorführte, während sich in Irene Reuchlins Zimmer die Zeugung des Dämons zu vollziehen schien.
Irene Reuchlin war bereit. Der Fürst der Finsternis fand die Schicksalskonstellation der beteiligten Medien für den Zeugungsakt beinahe ideal.
Über fünfundvierzig Meilen vom Schloß entfernt fuhr Dorian Hunter mit dem Hermaphroditen Phillip Hayward durch die Londoner City. Dem Hermaphrodit waren über Nacht wieder Brüste gewachsen, so daß Dorian nichts anderes übriggeblieben war, als ihm Mädchenkleider anzuziehen.
»Gib mir ein Zeichen, Phillip!« verlangte Dorian drängend. »Halte nach Dirk Ausschau! Siehst du es nicht, fühlst du es nicht mit jeder Faser deines Körpers, wie er sich gerade an dem Porträt der Hexe vergreift? Zeige mir, wo ich diesen Zerstörer finden kann!«
Und Phillip gab ein Zeichen. Aber bis zu Dirk Rainers Unterschlupf war es noch ein weiter Weg. Die Kreise, die Dorian mit dem Wagen fuhr, wurden jedoch langsam immer enger. Und im Mittelpunkt stand Dirk Rainers Atelier.
Der Übermalungskünstler entlud gerade all seine angestauten Emotionen, indem er mit dem rotgefärbten Pinsel im Zick-Zack über das verhaßte Porträt fuhr. Und fünfundvierzig Meilen von ihm entfernt zuckte der Fürst vor Irene Reuchlin zurück, als sich urplötzlich eine tiefe, rote Wunde quer vom Hals bis zu den Lenden über ihren Körper zog. In ihren Schmerzensschrei hinein sagte er: »Und wir werden den Dämon zeugen, meine Hexe Irene!«
Coco hielt den Sessel mit den Dämonenbannern wie eine Raubtierbändigerin Mike entgegen. Er kam gebückt ins Büro und trieb Coco hinter dem Tisch hervor und auf den Korridor hinaus.
»Ich lasse dich nie wieder weg, Judy«, sagte er immer wieder und mußte sich den Geifer von der Unterlippe wischen.
Coco war erschüttert, welche Wandlung mit ihm vorgegangen war. Sie wußte natürlich, daß er ein Opfer der Dämonen war, dennoch zeigte sich, daß das Böse in der menschlichen Seele fest verankert zu sein schien, denn sonst hätten es die Dämonen nicht wecken können.
Coco wich bis an die Korridorwand
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