008 - Hexenbalg
geplant. Sie hat Peter mit ihrer Hexenkunst getötet und den Verdacht auf mich gelenkt.«
»Beth …«
»Du wolltest mir doch glauben! Du hast an Hexerei geglaubt!«
»Ja, ich glaube auch jetzt noch daran. Und das ist der Grund, warum ich dich nie Wiedersehen werde. Es bringt uns beiden nichts Gutes. Und wir dürfen an solche Dinge überhaupt nicht mehr denken – ob sie nun wahr sind oder nicht.«
Sicher glaubte er ihr kein Wort von all dem, was sie ihm gesagt hatte, und wollte sie nur nicht vor den Kopf stoßen. Willenlos ließ sie es geschehen, dass er sie wie ein Kind an der Hand nahm und zu Karen führte, die ihr nachgelaufen war.
Sie folgte Karen hinauf in die Wohnung und ließ sich zu Bett bringen.
Hemmungslos überließ sich Beth ihren Tränen. Sie wusste, dass sie nicht nur die Chance vertan hatte, ihr Kind zu finden, sondern auch um die Freundschaft – und vielleicht Liebe – des einzigen Mannes gekommen war, der ihr Leben wieder normal gestaltet hatte.
Sie wurde von Kopfschmerz übermannt. Das Blut dröhnte ihr in den Ohren wie galoppierende Pferdehufe.
19
Das Pferd bekam den Namen Abbadon.
Der Name war Peters Idee, und Beth hatte sich erfolglos widersetzt. Ihr klang der Name unheimlich in den Ohren, aber Peter hatte entschieden, dass es der einzig passende Name für die herrlichbösartige Pferdefratze wäre. Starla gefiel der Klang dieses seltsamen Namens. Beth hatte in einem Wörterbuch nachgeschlagen, weil ihr der Name keine Ruhe ließ. Abbadon – Engel des Verderbens, las sie darin.
»Abbadon, Abbadon …« sang Starla vor sich hin. Es hörte sich wie eine uralte Verwünschung an.
Nach der Ankunft Abbadons begann Starla sich vor der Dunkelheit zu fürchten. Beth musste ein Nachtlicht in Gestalt eines Teddybären neben dem Bettchen installieren. Eines Morgens fand sie, dass die Birne ausgebrannt und das Bärchen dunkel geworden war. Sie wollte es wieder instand setzen, aber Starla sagte: »Das ist nicht mehr nötig.«
»Aber ich dachte, das Bärchen beschützt dich vor den Dingen, die im Dunkeln lauern?«
»Jetzt nicht mehr. Sie sind meine Freunde geworden.«
Von nun an geschah es oft, dass Beth es war, die im nächtlichen Kinderzimmer die Dunkelheit fürchtete und hin und wieder erschrocken zusammenzuckte, wenn ein grünes Augenpaar sie anstarrte. Die Katze hatte ihr Lieblingsplätzchen auf Abbadons Sattel eingenommen.
Starla spielte längst nicht mehr so oft draußen im Wald. Stattdessen blieb sie im Kinderzimmer und hielt mit dem schwarzen Pferd Zwiesprache. Stundenlang konnte sie im Sattel sitzen, die Arme um den Hals legen und ihm ins schwarze Ohr wispern. Sie bemühte sich, das Pferd mit allen ihren Überredungskünsten lebendig zu machen.
Und Abbadon erlag den Einflüsterungen seiner Herrin – und wurde lebendig. Beth sollte nie erfahren, wie es zugegangen war – ob er dem Kind etwa zugezwinkert oder leise gewiehert hatte. Starla kam in die Küche gelaufen: »Abbadon lebt!« rief sie und war schon draußen, ehe Beth etwas sagen konnte. Und dann lief sie zu Effie.
Am Abend unternahm Beth wieder einen Vorstoß bei Peter. »Starla braucht Spielgefährten. Sie darf sich nicht dauern mit leblosen Gegenständen abgeben.«
»Sie wird demnächst Spielgefährten bekommen. Mrs. Richards Haus hat einen neuen Besitzer mit drei Kindern.«
Aber Starla widersetzte sich allen Versuchen, sie mit den Nachbarskindern zusammenzubringen, und der Antrittsbesuch der neuen Nachbarin endete mit einer kleinen Katastrophe. Zunächst spielten die Kinder friedlich im Kinderzimmer, während die Mütter miteinander plauderten.
»Nur ein Kind und eine Kinderfrau! Sie Glückliche! Ich wünschte, ich könnte Ihnen Ihre Effie entführen!« sagte die Frau, die zunächst über ihre drei lebhaften Kinder gestöhnt hatte.
So also wirkte die Situation auf den Uneingeweihten, dachte Beth. Wie gern hätte sie Effie der anderen überlassen! Aber nein – Effie würde immer hier bleiben und stricken und dabei ihre Lippen lautlos bewegen! Beth fiel ein, das sie einmal Zeuge wurde, wie Effie sich mit einer Stricknadel stach – und unbewegt weiterstrickte.
Effie hat nichts gespürt, war damals ihr erster Gedanke. Und dann fiel ihr die Erklärung ein: Hexen spüren keinen Schmerz, sagte ein alter Aberglaube.
Mit gespannter Aufmerksamkeit versuchte Beth zu erlauschen, was sich bei den spielenden Kindern oben im Kinderzimmer abspielte. Hoffentlich taute Starla endlich auf und fand Gefallen an
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