008 - Hexenbalg
jedenfalls alles, um Beths Gedanken von Effie Saxton abzulenken.
Alles in allem war sie sogar froh darüber. Sie hatte bewiesen, dass sie selbst dazu nicht imstande war. Trotzdem musste sie entdecken, dass sie immer wieder in ihre alten Gedankengänge und Vorstellungen verfiel, und fürchtete sich vor einem Rückfall.
Als sie eines morgens hinaus nach Long Island zu den Hillburtons fuhr, hatte sie das Gefühl, sie wäre seit Wochen zum ersten Mal wieder allein unterwegs. Sie hatte keine Ahnung, warum Mrs. Hillburton sie so dringend zu sehen wünschte.
Zu ihrer großen Überraschung sah sie in einiger Entfernung von dem Landsitz den Mercedes von Ramon am Straßenrand parken. Ramon stand daneben und winkte ihr zu. Zunächst dachte sie an eine Panne, weil sie wusste, dass er wie ein Wilder fuhr, aber sie wurde bald eines Besseren belehrt. »Ich hörte, dass Sie unterwegs sind, und wollte Sie abfangen. Haben Sie schon gehört, was im Haus vor sich geht?«
»Nein.«
»Linda setzt endgültig ihren Willen durch. Mrs. Hillburton ist nahe daran, die große Hochzeit abzusagen. Eine merkwürdige Sache, kann ich Ihnen verraten!«
»Ja, allerdings. Wie hat Linda das bloß durchgesetzt?«
»Keine Ahnung. Ich muss mit Ihnen reden.«
Jetzt erst fiel Beth auf, wie abgespannt und aufgeregt er war. Sie stieg rasch aus. »Also – um was geht es?«
Er trat verlegen von einem Fuß auf den anderen und suchte nach Worten. »Meine letzte Hoffnung besteht darin, dass wir beide uns zusammentun und diese Pläne durchkreuzen sollten. Seien wir ehrlich: eine große Hochzeit ist für uns beide von Vorteil. Vielleicht könnten Sie Ihren Einfluss bei Mrs. Hillburton geltend machen. Ich will nicht verhehlen, dass mir an der Aufmachung der Hochzeit sehr viel liegt. Mrs. Hillburton hat mir eine Mitgift von zwanzigtausend Dollar versprochen, wenn ich Linda zu einer spektakulären Hochzeit überreden kann. Auf Grund dieser Zusage habe ich mich bei meinen Investitionen ein wenig übernommen.«
»Also Bestechung? So nennt man das im Allgemeinen.«
»Nein – eine Mitgift. Bei uns in Südamerika ist das durchaus üblich.«
»Aber Linda hat keine Ahnung?«
»Nein«, musste er zugeben.
»Warum besprechen Sie die Sache nicht mit ihr? Das ist Ihre einzige Chance. Ich wüsste nicht, wie ich Ihnen helfen könnte.«
Bei der Weiterfahrt begann sie zu überlegen. Was würde Linda wohl sagen, wenn sie erfuhr, dass für Ramon die Hochzeit eine Geldquelle darstellt? Und sie musste sich eingestehen, dass er mit seiner Behauptung recht hatte, dass die Hochzeit auch für sie, Beth, von Bedeutung wäre.
Marq hatte zwar so getan, als wäre er froh gewesen, dass er diesen unangenehmen Auftrag nicht selbst erledigen, sondern ihr übertragen konnte. Aber sie hatte von Anfang an gewusst, dass er dabei vor allem ihr Comeback im Auge gehabt hatte. Das Brautkleid Linda Hillburtons würde im Mittelpunkt des Interesses stehen, und Beth als Designerin würde wieder in aller Munde sein. Alte Kundinnen würden sich an sie erinnern und wiederkommen, neue würden dazu gewonnen werden. Ja, für Beth und Ramon war dieses gesellschaftliche Ereignis der Hochzeit von großer Bedeutung.
Vor dem Landhaus angekommen, wurde sie vom Mädchen eingelassen und musste in der großen Halle warten, während sie der Dame des Hauses gemeldet wurde.
Diesmal wirkte die Atmosphäre des Hauses beunruhigend auf sie; sie konnte sich nicht erklären, warum. Ein kühler Lufthauch trug einen sonderbaren modrigen Geruch, der direkt aus einer Gruft zu kommen schien, durch die Räume. Spielte ihr die Phantasie wieder einen üblen Streich?
»Hilfe! Hilfe!« Ein Ächzen wie in Todesnot drang an ihr Ohr. Von Grauen gepackt drehte Beth sich um und wollte aus dem Haus flüchten, als das Ächzen in helles Gelächter umschlug. Eine Tür flog auf, und plötzlich wurde es ganz hell. Linda erschien, übers ganze Gesicht strahlend – sie konnte sich vor Begeisterung nicht fassen.
»Es funktioniert«, rief sie triumphierend. »Kommen Sie, Beth! Sie müssen unbedingt meine Echokammer und die Modergeruch-Maschine ansehen. Hat es nicht herrlich gespenstisch gerochen? Ich habe die Dinger für meine morgige Party gemietet. Aber das ist lange nicht alles. Sie müssen unbedingt kommen. Es wird einfach übersinnlich.«
Sie führte Beth in einen Raum und zeigte ihr stolz ihre Errungenschaften. »Die Echoanlage ist an die Haussprechanlage angeschlossen. Sie waren mein erstes Opfer – meinen herzlichen
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