Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
008 - Hexenbalg

008 - Hexenbalg

Titel: 008 - Hexenbalg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gimone Hall
Vom Netzwerk:
Luftmaschine.
     
     
    21
     
     
    Substanzlos wie eine Wolke, aber wirklich und wirksam wie der Regen, der in ihr den Ursprung hat – so war das Übernatürliche während jener letzten schrecklichen Tage in Colwood. Beth spürte, dass sich Hexerei wie ein tranceähnlicher Zustand über sie, Peter und Starla breitmachte.
    Immer wenn sie des Nachts erwachte, wusste sie, dass es das fürchterliche Hufgetrappel Abbadons war, das sie geweckt hatte. Und im Wachzustand stellte es sich dann nur als das einsame Unken einer Kröte heraus.
    Sie redete sich ein, dass alles nur ein Traum wäre, glaubte aber immer weniger daran. Sie hatte Angst, den Verstand zu verlieren – das war wohl die einzige Erklärung für ihren Zustand.
    Immer wieder ging sie in die Wälder zu jener Stelle, die schon lange eine gewisse Anziehungskraft auf sie ausübte. Täglich ging sie hin, als erwarte sie, dass eine Veränderung eingetreten wäre. Aber nein – alles blieb, wie es war. Die drei Drahtfigürchen setzten schon Rost an, und Beth versuchte sich einzureden, dass alles womöglich nur ein harmloser Lausbubenstreich wäre.
    Dann aber kam ein Tag, da wusste sie, dass alles keineswegs harmlos war. An jenem Tag fand sie dort eine Veränderung vor – eine Kleinigkeit nur. Sie sah etwas im Gras schimmern und bückte sich danach. Zwischen den rotgefärbten Kleidungsstücken lag ihr Opalanhänger, Peters Weihnachtsgeschenk am Heiligen Abend vor Starlas Geburt.
    Hastig nahm sie das Schmuckstück an sich. Sie lief nach Hause mit dem Gefühl, die Würfel wären gefallen und kommendes Unheil nicht mehr zu verhindern. Beth war so verängstigt, dass sie sich beinahe Peter anvertraut hätte. Aber auf der Kellertreppe, als sie hinunter in seinen Arbeitsraum wollte, besann sie sich anders. Sicher würde er ihr mit der logischen Erklärung kommen, dass sie den Anhänger im Wald verloren hätte.
    Und sie würde dastehen und nur einwenden können, dass sie das Stück in letzter Zeit gar nicht getragen hätte und genau wüsste, dass es zuletzt in ihrer Schmuckschatulle gelegen hatte.
    Beth spürte, dass Kopfschmerzen sich ankündigten. Sie lief ins Schlafzimmer, riss ein Fenster auf und atmete gierig die frische Luft ein.
    Ja, das tat gut. Ermattet ließ sie sich auf ihr Bett fallen. Draußen hatte sich ein Wind erhoben. Sie hörte, wie er die Bäume zauste und das Ende des Sommers ankündigte.
    Ihr Schicksal schien besiegelt. Jetzt ist die Reihe an mir, dachte sie. Ich werde Mrs. Richards’ Schicksal teilen.
    Dabei fiel ihr die Puppe ein. Wo war nur die zweite Puppe, die sie darstellen sollte? Sie raffte sich auf und machte sich auf die Suche. Inzwischen war ihr Kopfschmerz so stark geworden, dass sie kaum mehr einen vernünftigen Gedanken fassen konnte.
    Sie fand die Puppe hinter der Couch. Ein schweres Buch lag auf dem Puppengesicht. Voodoo-Kult war das erste, was Beth dazu einfiel.
    »Na, dir werd ich es zeigen!« Sie nahm die Puppe und wollte damit in den Keller. Starla hing an der Puppe, doch das war ihr nun gleichgültig. Ja, sie würde sich besser fühlen, wenn das ekelhafte Ding endlich aus dem Weg geschafft war. Starla würde in Zukunft mit normalen Puppen spielen, die rosa Wangen und Schlafaugen mit Wimpern hatten.
    Sie riss die Ofentür auf. Hitze schlug ihr entgegen. Beth lachte, erfüllt von geradezu mörderischer Freude. Sogar in ihren Ohren klang das Lachen wie das Gelächter einer Irren. Dann warf sie die Puppe ins Feuer.
    Es war die zweite Puppe, die sie auf diese Weise vernichtete, und plötzlich sah sie vor sich im Feuer das Gesicht von Georgianas Puppe, deren blaue Augen sie vorwurfsvoll anstarrten.
    Ihre Freude war verflogen, ein Schwächeanfall übermannte sie jetzt. Was für ein Mensch war sie eigentlich? Warum wurde sie dazu getrieben, Puppen zu verbrennen? Plötzlich wurde ihr klar, was sie angerichtet hatte.
    Es musste der Kopfschmerz gewesen sein, der sie dazu getrieben hatte. Jetzt war sie fast schmerzfrei und fühlte sich, als hätte sie eine schwere Krise überwunden. Beth war so ruhig wie schon lange nicht.
    »Beth, was machst du da?«
    »Peter!« Sie hatte völlig vergessen, dass er in seiner Dunkelkammer arbeitete. Hatte er etwas gesehen?
    »Was hast du eben ins Feuer geworfen?«
    »Ach, altes Zeug, das schon längst weggehörte.«
    »Altes Zeug? Es hat ausgesehen wie Starlas Puppe.«
    Sie hatte es satt, so zu tun, als handle es sich um etwas Belangloses, und vorzutäuschen, sie hätte wirklich nur alte Lumpen verbrannt.

Weitere Kostenlose Bücher