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008 - Hexenbalg

008 - Hexenbalg

Titel: 008 - Hexenbalg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gimone Hall
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Vorzutäuschen, in diesem Haus sei alles in Ordnung. Verbittert brach es aus ihr hervor: »Ja, es war die Puppe! Sie war alt, unappetitlich und stank.«
    Ihre Heftigkeit erschreckte ihn. »Merkwürdig, von dem Geruch ist mir nie etwas aufgefallen.«
    Das sagte er ganz ruhig, aber sie empfand es als Fehdehandschuh, den man ihr zugeworfen hatte. »Nein, dir fällt ja niemals etwas auf!« Dabei fragte sie sich, warum sie diese Auseinandersetzung denn überhaupt angefangen hatte.
    »Was fällt mir nie auf?«
    Ja, was? Effie mit ihrer Strickerei im Hochsommer, die Katze mit dem seltsamen Gang, die Puppe, die seinerzeit zerrissen unter dem Strauch gelegen hatte?
    »Dir ist nie aufgefallen …« Plötzlich wurde ihr klar, wie unsinnig das alles war. Was hätte ihm schon auffallen sollen? Das waren lauter Dinge, die ganz normal waren – außer in ihren Augen. Sie war ja auch die einzige, die nächtliches Hufgetrappel aus dem Kinderzimmer hörte. Und nur sie allein hatte damals vor Starlas Geburt das Babygeschrei vernommen.
    Nur sie. Nur sie hatte solche Wahrnehmungen und Erlebnisse. Sie schlug die Ofentür zu und sagte in verändertem Ton, aber noch immer aufgebracht: »Dir ist nie aufgefallen, wie unglücklich ich bin. Wie sehr ich mich nach einer normalen Beziehung zu unserer Tochter sehne.«
    »Du fängst wieder mit Effie an«, sagte Peter. »Ich kann das nicht mehr hören.«
    »Nein, nein. Ich weiß längst, dass du und auch Effie der Ansicht seid, sie hätte ein Recht auf Starla. Sie weiß, dass wir ihr das Leben unseres Kindes verdanken. Du fühlst dich ihr gegenüber mehr zu Dank verpflichtet als mir, die ich sie geboren habe.«
    Der Moschusgeruch der verbrennenden Puppe betäubte sie beinahe. Beth hielt es hier unten kaum mehr aus.
    »Beth, das sind krankhafte Gedankengänge, und ich möchte nichts mehr davon hören. Wenn du Starla gegenüber keine ideale Mutter warst, dann ist es deine und nicht Effies Schuld.« Er war wütend.
    »Nein, du hast versagt! Du hast nichts getan, um unsere Situation zu ändern. Man stelle sich vor: ein Einzelkind, völlig isoliert an diesem einsamen Ort und zwischen zwei Frauen hin- und her gerissen. Peter, ziehen wir von hier fort. Ich möchte weg aus diesem einsamen, finsteren Haus!«
    »Einsam? Wenn dieses Haus einsam ist, dann ist das entschieden deine Schuld. Wo sind die Kinder aus der Nachbarschaft? Warum kommen sie nie zum Spielen? Bist du nicht imstande, Starla mit jemandem zu teilen, weder mit Effie noch den anderen Kindern? Ich nenne das eine Krankheit!«
    Beth antwortete mit schriller, fast hysterischer Stimme: »Du bist es, der krank ist. Ich wusste es die ganze Zeit über. Warum willst du unbedingt hier leben? Du hast dieses Haus nie gemocht. Du spürst, dass hier das Böse wohnt, und doch willst du nicht weg. Du bestrafst dich selbst, bestrafst dich, weil man dir als Junge Schuldgefühle eingeimpft hat. Du bestrafst dich, weil du glaubst, Georgiana sei durch deine Schuld umgekommen. Dabei begehst du jetzt ein viel größeres Unrecht. Du zerstörst mein Leben und das Leben deines Kindes, wenn du weiter hier bleiben willst.«
    Er sah sie an und sagte ruhig: »Beth, wenn es dir hier nicht gefällt, dann kannst du jederzeit gehen.«
    »Eine blendende Idee!« schrie sie. »Und Starla nehme ich mit.« Sie lief schluchzend die Treppen hinauf. Sie wollte packen und gleich heute Abend fort. Warum war ihr dieser Gedanke nicht schon früher gekommen? Es war die einzige Rettung für sie und das Kind.
    Rettung wovor? Es war eine Frage, auf die sie die Antwort gar nicht wissen wollte.
    Dieser Geruch. Immer dieser Geruch. War diese grässliche Puppe nicht endlich verbrannt? Der Geruch verfolgte sie die ganze Treppe hinauf, vom Keller bis zu den Schlafräumen.
    Beth ließ sich in Tränen aufgelöst aufs Bett fallen. Dazu kamen wieder diese Kopfschmerzen. Am Abend weinte sie sich in den Schlaf, und auch während sie schlief, unruhig und wie betäubt, wurde sie von dem Geruch verfolgt.
    Sie träumte von Stimmen, die undeutlich von weither kamen. Peters Stimme rief sie beim Namen. Stöhnend wälzte sie sich im Schlaf. Und dann, wie fernes Donnergrollen, das Trampeln der Hufe.
    Es war Morgen und die Sonne schien herein. Beth setzte sich auf. Peters Bett war unbenutzt. Wahrscheinlich hatte er die Nacht unten im Wohnzimmer verbracht. Sie kämpfte sich hoch, obwohl sie sich matt und abgespannt fühlte.
    Sie musste fort, rasch fort. Dieses drängende Gefühl war über Nacht nicht gewichen. Sie

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