008 - Im Bann der Hexe
ich werde sie dir verweigern. Ich verweigere dir damit nichts weiter als Schmerzen und Leid – und zwar für immer.“
Sie saß reglos am Tisch, bis sie die Tür zufallen hörte. Dann legte sie den Kopf zwischen die Reste des Abendessens und weinte.
Mitten in der Nacht spürte sie, dass Peter zu ihr ins Bett kam und sie in die Arme nahm.
„Beth, es gibt mehr im Leben als Kinder. Wir haben uns.“
Sie schmiegte sich an ihn, um Trost in seiner Nähe zu finden, aber die Worte „für immer“ lagen wie ein Eisklotz zwischen ihnen.
In den folgenden Tagen versuchte sie nicht, ihn umzustimmen. Sie bemühte sich sogar, den Bruch zu heilen und war mehr damit beschäftigt als mit der Ursache des Bruchs. Peter hatte vielleicht recht.
Er hatte jetzt mehr Zeit für sie. Sie fuhren zum Beispiel nach Boston zum Einkaufen oder verbrachten einen Nachmittag bei einer Eissegelregatta, und sie lachten gemeinsam, als sie versuchte, mit seinen alten Schneeschuhen zu laufen.
Als sie eines Tages vom Kaufmann zurückkam und den Wagen in der Einfahrt parkte, um die Vorräte besser ausladen zu können, bemerkte sie etwas Ungewöhnliches hinter dem fächerförmigen Dachfenster. Vielleicht hatte sie das Fenster noch nie aus diesem Blickwinkel gesehen.
Sie holte tief Luft und legte die Tüte zurück auf den Sitz. Es war ein Gesicht!
Ein Kindergesicht! Nein, es musste eine Lichtspiegelung sein, und ihr Unterbewusstsein spielte ihr sicher einen Streich; Sie sah noch einmal hoch, aber das Gesicht war jetzt nur noch klarer als zuvor zu erkennen. Es blickte auf sie herab.
Beth warf die Wagentür zu, lief ins Haus und die Treppe hinauf auf den Dachboden. Aber da war kein Kind.
Erst nach einigem Herumstöbern entdeckte sie, was sie von unten hinter dem Fenster erblickt hatte. Es war eine große Puppe, ganz in Spinnweben eingehüllt und darum kaum zu sehen.
Wie lange mochte sie wohl schon so am Fenster gelehnt haben?
Beth staubte die Puppe vorsichtig ab. Die Puppe hatte einen bemalten Holzkopf, große blaue Augen und braune Locken, von denen die Farbe abblätterte. Die ausgestopften Arme und Beine waren von Mäusen angefressen, und unter dem vergilbten weißen Kleid quoll die Füllung hervor. Das Kleid war offensichtlich einmal für ein wirkliches Baby bestimmt gewesen und für die Puppe viel zu groß.
Vielleicht war es ein Tauf kleid.
Beth nahm an, dass die Puppe der Kusine gehört hatte, die mit dem Pferd verunglückt war. Vielleicht hatte die Kleine sie ans Fenster gelehnt, damit sie nach ihr Ausschau halten konnte.
Peter erzählte Peter nichts von der Puppe, aber wenn sie nach Hause kam, sah sie oft zu dem Dachfenster hinauf, und dann war ihr so, als ob sie einen Freund dort oben hätte.
Aber die Puppe war kein Ersatz für eine wirkliche Freundin, und so machte sich Beth schließlich auf den Weg, um die Nachbarin, die als seltsam galt, zu besuchen.
Mrs. Richards war eine kleine, sehr alte Dame mit dünnen grauen Löckchen und unmodern langen Röcken. Obgleich sie wegen ihres Rheumatismus am Stock ging, waren ihre Bewegungen rasch und sicher. Sie bot Beth eine Tasse Tee und Plätzchen aus einer Keksdose an.
Beth fühlte sich in ihrer Gegenwart wohl, und es dauerte nicht lange, da erzählte sie ihrer Gastgeberin von dem alten Haus, und dass sie das Gefühl hätte, dass es sie ablehnen würde.
„Aber jetzt habe ich eine Verbündete“, bekannte sie. „Eine Puppe. Ich glaube, sie hat Peters Kusine gehört.“
Als Beth sie beschrieben hatte, nickte Mrs. Richards und sagte: „Ich erinnere mich an die Puppe. Georgina pflegte ihr ihre eigenen Kinderkleider anzuziehen. Sie war ihr Liebling und fast so groß wie sie.“
„War sie noch so klein, als sie starb?“
„Sie war erst fünf oder sechs Jahre. Peters Vater hat das Pferd erschossen. Es war ein lammfrommes kleines Tier und hatte sicher keine Schuld. Es muss verhext gewesen sein.“
Beth starrte sie ungläubig an, und Mrs. Richards lächelte über ihre Verwunderung.
„Natürlich! Sie sind eine von den Aufgeklärten. Die Jugend ist heutzutage immer aufgeklärt. Die Menschen legen sich alle möglichen Entschuldigungen zurecht, um übernatürliche Dinge zu leugnen. Aufgeklärt sein heißt einfach, die Augen vor dem, was um einen herum vorgeht, zu schließen.“
„Aber Hexen …“
„Dies ist Hexenland, meine Liebe. Das werden Sie doch wohl wissen.“
„Ich weiß, dass vor Jahrhunderten viele Unschuldige deshalb leiden wussten, weil man sie der Hexerei
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