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008 - Im Bann der Hexe

008 - Im Bann der Hexe

Titel: 008 - Im Bann der Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gimone Hall
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erfüllte. Dutzende von Entwürfen wurden skizziert, geändert und wanderten dann in den Papierkorb. Nessel wurde auf Mannequins drapiert, gesteckt und umgesteckt. Wenn sie abends ins Bett fiel, sah sie nur noch Bräute vor sich.
    Karen fand die Situation deprimierend. Die neue Beth, die bloß noch schlief und arbeitete, war das genaue Gegenteil ihrer alten Freundin, die oft noch im Abendkleid gefrühstückt hatte.
    „Ich verstehe nicht, wie du das aushältst“, sagte sie eines Tages. „Du musst das doch gar nicht. Ich kenne mindestens zehn tolle Männer, die liebend gern mit dir ausgehen würden.“
    Beth lachte. „Zehn tolle Männer! Gar nicht auszudenken!“
    „Na schön, ich habe übertrieben. Sagen wir fünf.“
    „Fünf? Und ich will nicht einmal einen. Wie schade!“
    Immer wieder bemerkte sie, dass Karen sie verstohlen und besorgt ansah. Einmal, als Beth ihre Tasche auf dem Bett ausleerte, weil sie ein Stoffmuster suchte, glaubte Karen, sie hätte etwas entdeckt, und stürzte sich auf ein zerknittertes Stück weißes Papier.
    „Aha! Da steht ja der Name eines Mannes und eine Telefonnummer. Wie ist er denn, dieser Jim Sanders?“
    „Er ist ein recht unangenehmer Mensch“, erklärte Beth und griff nach dem Zettel, den Karen in der Luft schwenkte.
    „Wenn er so übel ist, warum wirfst du den Zettel dann nicht weg? Der Papierkorb steht gleich hier!“
    Beth sagte nichts, aber die Frage war berechtigt. Sie konnte sich eigentlich kaum noch an den lästigen Mr. Sanders erinnern, doch bei der Erwähnung seines Namens sah sie den merkwürdigen kleinen Laden wieder vor sich und hatte den Geruch der Räucherkerzen in der Nase. Auch erinnerte sie sich daran, wie merkwürdig sie sein Interesse an ihr berührt hatte. Was hatte sie wirklich bewogen, den Zettel wieder in ihre Tasche zu stecken, anstatt ihn wegzuwerfen?
    Linda Hillburton erschien zur ersten Anprobe ihres Brautkleides in Begleitung ihrer Mutter. Linda, schick angezogen, brachte es fertig, wie ein artiges
    Kind zu wirken. Trotz ihrer eleganten Aufmachung fehlte ihr alle Selbstsicherheit, die sie im Gewächshaus an den Tag gelegt hatte.
    Sie trat von einem Fuß auf den anderen, ließ die Schultern hängen und war nicht bereit, gerade zu stehen, so dass ein Abstecken fast unmöglich war, bis Mrs. Hillburton die Geduld riss.
    „Um Himmels willen, Linda, benimm dich doch wenigstens anlässlich deiner Hochzeit halbwegs ‚anständig, wenn schon sonst alles nicht stimmt.“
    „Alles andere ist wohl Ramon“, konterte Linda. „Aber hab keine Angst, wir werden uns zusammennehmen. Es wird eine wunderbare Hochzeit werden, vielleicht mit kleinen Schönheitsfehlern, aber es kann ja nicht alles perfekt sein. Der Fehler bei meiner Hochzeit ist der Bräutigam, doch das wird niemand bemerken. Und damit rechnet Mummie“, erklärte sie Beth.
    Danach verlief die Anprobe ohne weitere Zwischenfälle, allerdings erklärte Linda Beth beim Hinausgehen noch einmal, dass ihr das Kleid wohl nicht gefallen würde.
    Beth war immer noch mit verschiedenen Änderungen beschäftigt, als Marq den Kopf durch die Tür steckte.
    „Sind sie fort und kann ich die Scherben auffegen?“
    Sie lachte über seine Feigheit und stellte fest, dass ihr Ärger über die Hillburtons verflogen war.
    „So schlimm sind sie gar nicht“, sagte sie. „Linda ist noch sehr jung, und die Mama ist ein Snob, glaubt aber, dass sie alles zu Lindas Bestem tut.“
    Beth ließ sich von Marq zum Abendessen einladen.
    Zur letzten Anprobe kam Linda allein. Diesmal war sie wieder natürlich und selbstsicher. Die anschmiegsame weiße Seide brachte ihre gute Figur wunderbar zur Geltung, und die südamerikanischen Samenkörner, die über den Rock verteilt waren, den Abschluss der langen weiten Ärmel bildeten und die kleine Kappe einfassten, an der der lange Schleier befestigt war, gaben dem ganzen Modell einen sanften Glanz.
    Linda betrachtete sich lange mit großen grauen Augen, die den Schein der Perlen einzufangen schienen, senkte dann den Blick und ließ ihn über die fließende weiße Seide gleiten. Beth spürte ihren inneren Kampf und hielt erwartungsvoll den Atem an.
    Schließlich hob Linda den Kopf und schlug den Schleier zurück. Ihr Gesicht strahlte, und sie lächelte entschuldigend. Unehrlichkeit gehörte nicht zu ihren Eigenschaften. Außerdem wäre es unmöglich gewesen, Beth zu täuschen.
    „Schön“, sagte Linda. „Diesmal haben Sie gewonnen.“ Doch damit Beth nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen

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