008 - Im Bann der Hexe
strähnigen braunen Haare sahen so aus, als ob sie lange nicht gekämmt worden wären. Aber das alles tat ihrer Schönheit keinen Abbruch. Sie war klein, hatte eine zierliche, grazile Figur, feste kleine Brüste und ein herzförmiges Katzengesicht, in dem das auffallendste die großen grauen Augen waren.
„Wir können uns im Gewächshaus unterhalten“, sagte sie schließlich und ging voraus.
Wenn Beth dabei an eine Teestunde zwischen Orchideen gedacht hatte, wurde sie bald eines anderen belehrt. Linda setzte sich auf den Steinboden zwischen Kästen mit Setzlingen und zwischen Blumentöpfe und Gartengeräte.
„Sie können sich hierher setzen“, sagte sie mit einem Blick auf Beths Kostüm und deutete auf eine Kiste.
Beth staubte sie ab und setzte sich, während Linda in einem der Töpfe herumwühlte und ihm dann einen Stoß gab, so dass der Inhalt herumflog.
„Das ist ein Papaya-Setzling“, erklärte sie. „Papayas enthalten mehr Vitamin C als Orangen, und in Ramons Heimat bekommt kaum jemand genügend Vitamine. Ich versuche sie mit anderen zu kreuzen. Die dort drüben sind süßer, aber diese hier sind widerstandsfähiger. Haben Sie Ramon getroffen?“
„Gewissermaßen“, sagte Beth.
„Am besten erfahren Sie gleich, dass es keine Hochzeit geben wird, was Sie auch sonst hören mögen.“
„Oh? Aber wenn Sie Ihre Verlobung aufgelöst haben, besteht doch für mich keine Ursache …“
„Heirat ja, Hochzeit nein. Ramon und ich werden heiraten, aber den Zirkus, auf dem meine Familie besteht, machen wir nicht mir. Ich werde die Hochzeit sabotieren. Das gilt auch für Sie. Sie können so viele Entwürfe machen, wie Sie wollen, ich werde nichts davon akzeptieren. Als nächstes wird man noch eine Orgel mieten und ‚Lohengrin’ spielen.“
„Warum brennen Sie denn nicht einfach mit Ramon durch?“ fragte Beth. Sie verstand jetzt, warum Marq bei dem Gedanken an Linda die Haare zu Berge standen.
„Vielleicht werden wir das auch tun, aber wahrscheinlich bin ich zu altmodisch. Jedenfalls möchte ich gern den Segen meiner Mutter. Also muss ich versuchen, meinen Willen durchzusetzen.“
„Irgendetwas werden Sie aber doch anziehen müssen. Schlagen Sie etwas vor. Ich werde versuchen, mich genau an Ihre Anweisungen zu halten.“
Linda lachte höhnisch. „Wie wäre es mit einer eleganten Robe für ein Känguruh-Picknick? Fallen Sie nicht in Ohnmacht. Känguruhfleisch schmeckt gut und ist dort eine Delikatesse. Meistens essen sie nur Reis und Fischköpfe in Ramons Heimat.“
Linda hatte das Kinn in die Hand gestützt, während sie Beth fixierte.
Lindas Katzengesicht hatte einen boshaften Ausdruck, aber vielleicht täuschte sie sich. Um Linda abzulenken, deutete sie auf eine Reihe unregelmäßiger elfenbeinfarbiger Perlen an Lindas Handgelenk und sagte: „Ihr Armband gefällt mir.“
„Wirklich?“
Linda nahm es ab und hielt es ihr hin. „Es gehört Ihnen. Es sind irgendwelche Samenkörner. Ich habe den Namen vergessen.“
Beth war verblüfft und machte eine abwehrende Bewegung. „Nein, das kann ich nicht annehmen.“
„Warum nicht? Ich verschenke gern etwas. Keine Dinge, die Geld kosten, sondern Dinge, die etwas bedeuten.“ Sie ließ das Armband in Beths Schoß fallen. „Außerdem ist es das einzige, was ich für Sie tun kann. Sie werden mit mir noch den größten Ärger haben. Ramon will sich dieses Jahr in seinem Bezirk als Senator aufstellen lassen, und unsere Luxushochzeit wäre für die Opposition ein gefundenes Fressen. Verstehen Sie das? Ramon besitzt eine Ranch, aber seine Mutter war eine Indianerin aus dem Gebirge. Sein Vater war der erste Europäer, mit dem sie je gesprochen hat.“
Beth nickte. „Sie brauchen ein Brautkleid, das unprätentiös ist. Ich werde mir etwas einfallen lassen.“
Linda pflanzte ihren Papaya-Schössling in einen größeren Topf und drückte die Erde rund herum mit den Händen fest.
„Sie werden wenig Aussichten haben, damit anzukommen“, sagte sie. „Meine Mutter ist eine von Marq Gibsons besten Kundinnen, und ihre Wünsche müssen berücksichtigt werden. Ich warne Sie, ich bin rücksichtslos. Wenn Sie eine schwache Stelle haben, werde ich sie herausfinden. Das ist nicht persönlich gemeint. Wir sind eben beide Opfer des Systems.“
Beth lächelte über die Phrasen, aber die Drohung in den grauen Augen war unverkennbar.
„Ich finde, das geht zu weit“, sagte Karen. „Viel zu weit.“
„Was denn?“
Beth, die in einem der Sessel am
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