008 - Im Bann der Hexe
Kamin saß, sah von ihrem Skizzenblock hoch.
„Die ganze Geschichte. Linda Hillburton, der lateinamerikanische Liebhaber, die hochgestochene Mama. Darüber brütest du doch schon den ganzen Morgen. Stimmt das vielleicht nicht?“
„Doch“, gab Beth zu. „Besonders über Linda. Ich weiß nicht, ob ich sie eigentlich mag oder nicht. Im Grunde ist sie rührend, aber ich habe das Gefühl, dass sie immer erreichen wird, was sie will, egal wie.“
„Erzähl mir lieber etwas über Ramon“, erklärte Karen. „Ist er nicht etwas unter Lindas Niveau?“
Sie räkelte sich in dem Sessel neben dem Kamin und kaute an einem Apfel.
„Erzähl mir etwas über den romantischen Senor Garza, den Retter der Armen.“
„Es tut mir leid, dass ich dich enttäuschen muss, aber ich habe ihn nicht kennen gelernt, und als er an uns vorbeisauste, habe ich vor Schreck die Augen zugemacht.“
„Wie dumm von dir! Du kannst einen wirklich aufregen, Beth. Was ist denn nun mit dem Brautkleid? Hast du schon eine Idee?“
„Nicht eigentlich eine Idee, mehr eine Inspiration. Hast du schon einmal solche Schmuckperlen gesehen?“
Sie hielt Lindas Armband hoch.
Karen schüttelte den Kopf. „Sie sind aber hübsch.“
„Sie würden einen wunderschönen Besatz für ein Brautkleid abgeben, anstatt der üblichen falschen Perlen. Linda würde das gefallen, und wahrscheinlich würde es sogar die Frau Mama originell finden. Leider habe ich nur diese paar Stück. Wenn ich mehr hätte, könnte ich Muster ausprobieren. Ich habe schon bei unseren ganzen Lieferanten nachgefragt, aber niemand hat so etwas.“
„Warum versuchst du es nicht einmal unten am Hafen? Da gibt es eine Menge Läden, in denen man alles mögliche finden kann.“
Beth legte ihren Skizzenblock beiseite und stand auf. „Das ist eine Möglichkeit. Ich bin sicher, dass sie importiert sind. Aus Südamerika wahrscheinlich.“
„He, du Arbeitsbiene, du wirst doch jetzt nicht gleich losgehen? Es ist Samstag Nachmittag.“
Aber Beth war bereits im Schlafzimmer verschwunden.
Für Karen war das Leben einfach. Ein Einkaufsbummel war für sie eine angenehme Abwechslung, und ihre Abende verbrachte sie mit Marq. Sie waren vom gleichen Schrot und Korn, Karen und Marq. Karen genoss Marqs Gesellschaft, während Beth sich in ihrer Arbeit vergrub und dabei ständig den Drang verspürte, die Nummer aus dem Telefonbuch zu wählen, unter der sich das letzte Mal niemand gemeldet hatte. Aber was würde sie schon erreichen, wenn sie Effie fand? Sie würde der Frau nur einen Grund geben, zu den Behörden zu laufen, um denen mitzuteilen, dass Beth gegen die Bedingungen ihrer Entlassung verstoßen hatte.
Sie hatte die entsprechende Seite aus dem Telefonbuch herausgerissen und verbrannt, doch Nummer und Adresse hatten sich ihrem Gedächtnis unauslöschlich eingeprägt. Oft träumte sie, dass sich am anderen Ende der Leitung nicht eine normale Person meldete, sondern höhnisches Gelächter erklang und manchmal eine knarrende, harte Stimme, die unverständliches Zeug redete, das Beth nicht verstand.
Und wenn sie den Hörer auflegte, ging das Lachen weiter, bis sie, sich im Bett hin und her werfend, von ihrem eigenen Gelächter schweißgebadet aufwachte.
Sie überlegte, ob sie nicht Dr. Bollard aufsuchen und ihm von ihren Träumen erzählen sollte, aber sie schreckte davor zurück. Jeder Mensch konnte Alpträume haben, aber vielleicht hielt er sie für ein Symptom, dass sie sich nicht wieder in der Welt zurechtfand.
Lindas Brautstaat brachte ihr wenigstens einige Ablenkung. Begeistert machte sie sich auf den Weg, um die gewünschten Perlen zu finden. In der Straße, die an der Anlegestelle vorbeiführte, hatten sich samstägliche Spaziergänger unter die üblichen Trunkenbolde, Matrosen und Schlägertypen gemischt. Es herrschte lebhafter Betrieb, alle Sprachen und Nationalitäten waren vertreten.
Beth hatte ihre Tasche vorsichtshalber fest unter den Arm geklemmt und kümmerte sich nicht um die neugierigen Blicke, die ihr folgten. Sie spähte in alle Schaufenster und hin und wieder trat sie in einen Laden, um sich nach dem Gewünschten zu erkundigen. Aber nirgends kannte man die Perlen, und allmählich wurde sie müde. Sie wollte die Suche schon aufgeben, als sie im Schaufenster eines Kellergeschäfts eine Keramik entdeckte, die vielleicht südamerikanischen Ursprungs war und sie in den Laden lockte.
Das erste, was sie im Halbdunkel wahrnahm, waren die Räucherkerzen, die in einer Ecke in großen
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