008 - Wasser für Shan
fünf Schritte zurückgefallen; ihre Waffen hielten sie gesenkt. Offensichtlich glaubten sie, die Verdächtige stelle keine wirkliche Gefahr dar.
Zeta blickte sich noch einmal um, schwang sich über das Geländer und sprang. Sie schlug hart auf und schürfte sich an beiden Knien die Haut auf, rappelte sich jedoch sofort wieder auf und lief, zwei oder drei Haken schlagend, auf den ebenerdigen Eingang des Molten-Turms zu, in dessen Nähe sie das Quellgraslager vermutete.
Hinter ihr erschollen aufgeregte Rufe. Dann sirrte es zornig auf und feurige Bahnen durchfurchten links und rechts neben ihr die Luft und ließen die Erde aufplatzen.
Nach Sekundenbruchteilen in panischer Angst hatte sie den fremden Eingang erreicht und bog, schon innerhalb des Gebäudes, in einen kleinen Nebengang ab. Hinter ihr hörte sie die Schritte der Verfolger, vor ihr befand sich jedoch niemand.
Aber die Zahl der Verfolger schien sich von Augenblick zu Augenblick zu erhöhen, wie sie an den dumpfen Tritten und den aufgeregten Schreien vernehmen konnte.
Die Luft brannte ihr in den Lungen und langsam erfasste sie Verzweiflung. Sie kannte sich in dem fremden Gebäude nicht aus. Anders als im Terrassenturm Sahotins gruppierten sich hier die Räume um einen gemeinsamen Mittelpunkt, waren von einem Rundgang umgeben und wurden durch den breiten Hauptgang geteilt. Den äußeren Gang hatte sie in der Hoffnung gewählt, so am schnellsten auf das Depot und die Gruppe der Namenlosen zu stoßen. Denn noch konnte der Überfall nicht entdeckt worden sein; ansonsten wäre es im Clansgebäude nicht so ruhig gewesen.
Doch das Glück hatte sie verlassen. Der sanft gerundete Gang nahm kein Ende; immer wieder blieb sie stehen und rüttelte an verschlossenen Türen, während die Verfolger immer näher kamen. Immer wieder hastete sie weiter, ohne zu bemerken, wie sich manche Tür öffnete und ein verwundertes Gesicht hinausschaute, dessen Besitzer sich dann zumeist den Verfolgern anschloss.
Dann blitzte es unvermittelt vor ihr auf, ein grelles, hartes Licht, das in ihren Pupillen brannte. Eine Detonation erschütterte den Gang. Erschrocken drückte sie sich in eine Türöffnung.
Nun hörte sie auch von vorn laute Schritte. Wie die Verfolger hinter ihr, nahm auch die entgegenkommende Gruppe keine Rücksicht mehr auf die Bewohner des Gebäudes und setzte die Waffen ein.
Zeta blieb keine Wahl mehr; sie musste aufgeben.
Mit ausgebreiteten Armen trat sie auf den Gang.
Erst da begriff sie, dass sich die entgegenkommende Gruppe in zwei Teile spaltete; offensichtlich wurden die einen von den anderen gejagt.
Die rebellische Novizin kniff die Augen zusammen. Die Luft flimmerte vor Hitze; hier und da verdeckte ihr pulverisierter Mörtel von den Wänden zusätzlich die Sicht. Und doch erkannte sie unter den Fliehenden einen schmalen, zierlichen Schatten, dessen Umrisse ihr nur allzu vertraut erschienen.
»Trinon!«, schrie sie. Der Schatten blieb abrupt stehen und schlug sich dann seitwärts, taumelte näher. Unglaube stand auf Trinons Gesicht geschrieben; schmerzverzerrt hielt er sich den linken Arm. Ein Schuss hatte ihn verletzt.
»Du?«, keuchte er atemlos.
Eine weitere Silhouette löste sich aus dem Gewirr der Kämpfenden; sie erkannte Baton, der auch aus mehreren Wunden blutete.
»Schnell«, keuchte Zeta, »die Tür!«
Aus vollem Lauf warf sich Baton gegen das dünne Holz. Splitternd brach die Tür und schleuderte ihre Bestandteile in den Gang.
»Hier herein!«, winkte Trinon den anderen Männern zu, die sich mit den Wachen des Molten-Clans ein aussichtsloses Rückzugsgefecht lieferten. »Hier können wir unser Leben so teuer wie möglich verkaufen«, setzte er leise hinzu.
Die kleine Gruppe drängte sich in den Raum und überrumpelte einen unscheinbaren Mann mittleren Alters mit dem Abzeichen Tremishs am Kragen, der – mit einer Waffe in der Hand, aber zu verängstigt, sie auch zu heben – neben dem Eingang stand.
Trinon warf dem Waffenmeister einen Blick zu und streckte die Hand aus. Im nächsten Moment hatte der Mann ihm die Waffe übergeben.
Der Rebell nickte. »Damit können wir sie eine Weile aufhalten«, sagte er.
Zeta lehnte sich gegen die Wand und rang nach Luft. Sie musterte die Männer und stellte fest, dass die meisten verletzt waren, allerdings nicht schwer. Doch … es fehlte ein vertrautes Gesicht.
»Wo ist Garish?«, fragte sie ahnungsvoll.
»Tot«, gab Trinon zurück und schlug mit dem Lauf der Waffe quer über die Schläfe eines
Weitere Kostenlose Bücher