0080 - Augen des Grauens
Bill. Laß dir nicht jedes Wort aus der Nase ziehen.«
»Wie es aussieht, hat er das Heim gefunden.« Der Reporter gab Jane die Adresse durch.
»Ausgezeichnet. Dann können wir ja fahren.«
Bill schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Es ist zu früh. Wir haben einen Treffpunkt ausgemacht. Um elf Uhr am Eaton Square.« Die Lüge floß dem Reporter glatt über die Lippen.
Jane nahm sie ihm ab.
Das Kindermädchen betrat mit dem kleinen Johnny den Livingroom. Der Junge hatte noch sein Lätzchen um, an dem die letzten Reste des Frühstücks hingen.
Er lief auf seinen Daddy zu und wollte auf den Arm. Bill nahm ihn hoch, schaute Johnny an, der vor Vergnügen krähte, als er in die Luft geworfen wurde, doch die Gedanken des Reporters waren nicht bei der Sache.
Er dachte nur an Sheila. Und an seinen Plan…
Dem kam Jane sehr entgegen, als sie sagte: »Ich werde mich auch noch etwas frisch machen, Bill.«
Der Reporter nickte. »Tu das, soviel Zeit bleibt uns.«
Jane Collins verschwand. Bill setzte seinen Sohn ab und erklärte ihm, daß er schön brav sein müßte. Dann übergab er ihn dem Kindermädchen.
»Sie werden sich um ihn kümmern. Ich muß mal kurz weg.«
Das Kindermädchen nickte.
»Bringst du mir was mit?« fragte Johnny, als Bill zur Tür schritt.
»Sicher. Ich werde Mummy holen.«
»Fein, Daddy. Darf ich mit?«
»Nein, heute nicht.«
»Schade.«
Bill lächelte seinem Sohn noch einmal zu und verließ den Livingroom. Wie ein Dieb schlich er durchs Haus. Er hörte eine Dusche rauschen und nickte zufrieden.
Sein Porsche stand fahrbereit vor der Garage. Bill stieg ein und startete. Langsam rollte er den Wagen zum Tor hinunter. Der noch kalte Motor tuckerte in den unteren Drehzahlbereichen. Bill Conolly verließ sein Grundstück, fuhr nach links und gab dann Gas.
Jetzt spritzte der Porsche förmlich vor, und der Reporter atmete auf.
Blindhouse er hatte den Namen nicht vergessen. Dieser Begriff war förmlich in sein Gehirn hineingebrannt worden. Bill öffnete während der Fahrt das Handschuhfach und nahm seine Pistole hervor. Es war eine Luger. Der Reporter steckte sie hinter den Hosengürtel.
Er hatte nie vorgehabt, auf John oder Jane zu warten. Bill wollte seine Frau allein aus der Hölle holen, das, so fand er, war er ihr schuldig.
Die Anschrift wußte er, und Bill nahm sich vor, wie ein Tornado über die Verbrecher zu kommen.
Seine Gedanken galten nur Sheila. Daß er sie und auch sich selbst durch sein unüberlegtes Vorgehen in Lebensgefahr bringen konnte, daran dachte er allerdings nicht.
Nur Sheilas Befreiung zählte.
Bill Conolly fuhr sehr schnell. Ihm war klar, daß sein Verschwinden auffallen mußte, und dann würde Jane sofort die richtigen Schlüsse ziehen. Das war ihm egal. Bis sie und John eintrafen, wollte Bill bereits alles geregelt haben.
Hart zog er seinen Wagen in enge Kurven, kuppelte, gab wieder Gas und schimpfte über einen kleinen Verkehrsstau.
Schließlich erreichte Bill den Stadtteil Belgravia.
Die Londoner City lag ganz in der Nähe und auch der berühmte Bahnhof Victoria Station.
Dementsprechend hatte sich hier der Verkehr verdichtet. Manchmal kam Bill nur im Schrittempo voran. Eine helle Herbstsonne stand am Himmel und schickte ihre Strahlen schräg durch die getönten Scheiben des Porsche.
Dann ging es zügiger weiter, und Bill Conolly erreichte den Eaton Place.
In dem Gewirr von Straßen verfuhr er sich einmal, schließlich aber fand er den Weg zum Blindenheim.
Eine schmale Seitenstraße nahm den Wagen auf. Bill sah am Ende der Straße einen Torbogen, rollte hindurch und erkannte dann die gelbe Mauer eines querstehenden Gebäudes.
Langsam fuhr der Porsche darauf zu.
Plötzlich zuckte Bill zusammen. Mit der Frontseite zur Mauer parkte dort ein Wagen.
Ein Mercedes.
Sheilas Wagen!
Sie war also hier.
Bill Conolly stöhnte auf. Erstens vor Wut und zweitens vor Freude. Er hatte sie also gefunden, und dies noch vor allen anderen. Sein Herz schlug auf einmal schneller. Es trommelte regelrecht gegen seine Rippen. Die Vorstellung, bald seine Frau zu sehen, ließ ihn heftiger atmen.
An die Gefahren dachte der gute Bill Conolly nicht. Er würde diesen Bau stürmen und Sheila herausholen.
Bill riß seinen Porsche in eine enge Kurve und stellte ihn neben den Mercedes. Aber so, daß der Kühler zur Ausfahrt hin zeigte.
Dann stieg der Reporter aus.
Im gleichen Augenblick zuckte er zusammen. Ohne daß er es bemerkt hatte, waren einige Männer aus dem Haus
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