0080 - Zanos, des Teufels rechte Hand
Augen, atmete tief durch, kämpfte seine Erregung nieder. Man fing an, eine deutliche Sprache zu sprechen. Wut brauste in Zamorras Ohren. Ausgerechnet an Nicole hatten sie sich herangemacht. Anscheinend wußten sie, daß sie ihn, Zamorra, damit am schmerzhaftesten treffen konnten.
Mit harten Wangenmuskeln verließ der Professor den Raum. Nicole Duval war vor einer Minute zu sich gekommen. Bill flößte ihr gerade Wasser ein.
Zamorra ließ sich von dem Mädchen erzählen, wie sie an die Orchideen, die ihr beinahe zum Verhängnis geworden wären, gekommen war. Sie sagte es ihm.
Zamorra schaute Bill mit grimmiger Miene an. »Man weiß nicht nur, daß wir hier sind. Man weiß auch, was wir vorhaben. Und man unternimmt bereits etwas dagegen!«
***
Wenige Minuten später knöpfte sich Zamorra den Hotelboy vor, der die Blumen auf Nicoles Zimmer gebracht hatte.
Der Kleine mit den riesigen dunkelbraunen Augen blickte Zamorra verunsichert an. Der Professor machte einen wütenden Eindruck. Der Boy glaubte, befürchten zu müssen, eine Ohrfeige zu bekommen. Deshalb war der Junge merkbar in Alarmbereitschaft, um sofort zurückspringen zu können, falls Zamorra wirklich ausholen sollte.
»Wer hat dir die Orchideen gegeben?« fragte Zamorra scharf.
»Ein Mann, Sir.«
»Kanntest du ihn?«
»Nein, Sir. Er war mir fremd.«
»Ein Einheimischer? Europäer?«
»Einheimischer.«
»Wie sah er aus? Kannst du ihn beschreiben?« fragte Zamorra nervös.
»War mit den Orchideen etwas nicht in Ordnung, Sir?«
»Verdammt, damit war eine ganze Menge nicht in Ordnung, Junge. Sag mir, wie der Mann ausgesehen hat, der dir die Blumen übergeben hat.«
»Er war mittelgroß, dunkle Gesichtshaut, kräftige Arme, Oberlippenbart, trug ein weißes Hemd und helle Hosen… Können Sie damit etwas anfangen?«
Zamorra knirschte. »Im Moment nicht. Aber vielleicht läuft mir dieser Bursche in den nächsten Tagen über den Weg, dann kann er sich auf was gefaßt machen.«
Der Boy rollte mit seinen großen Augen. »Darf ich jetzt gehen, Sir?«
Zamorra nickte. »Ja. Entschuldige, daß ich dich so hart angefaßt habe.« Der Parapsychologe steckte dem Kleinen ein paar Rupien zu. »Hier. Ich hoffe, das entschädigt dich dafür.«
»Oh, danke, Sir. Sie sind sehr großzügig.«
»Ist immer meine Art gewesen«, knurrte Zamorra.
Der Junge lief durch die Hotelhalle und verschwand hinter einer holzgetäfelten Säule. Zamorra wollte auf sein Zimmer zurückkehren. Da trat ihm Ringha, der Hotelbesitzer, mit sorgenvoller Miene entgegen. Der Mann war ein überernährter Bursche mit Hängebacken, Doppelkinn und einem faßähnlichen Bauch. Er trug einen seidenen Maßanzug, mußte ihn tragen, damit er wenigstens halbwegs anzusehen war. Schweiß glänzte auf seiner Oberlippe. Er war nervös und rieb sich mehrmals die Nase - als wäre ihm das, was er sagen wollte, unangenehm -, und setzte dann mit einem Räuspern zu seiner Rede an: »Hrrm… Professor Zamorra…«
»Ja, Mr. Ringha?«
Der Hotelbesitzer tänzelte, als müsse er dringend austreten. »Es ist mir peinlich, davon zu sprechen, aber Sie werden verstehen… Nun ja… Da wäre ein kaputter Stuhl und eine zerschlagene Fensterscheibe…«
Zamorra musterte den kleinlichen Ringha mit einem verächtlichen Blick. »Setzen Sie's auf meine Rechnung.«
»Sie sind ein äußerst verständnisvoller Mann, Professor.«
Zamorra nickte ernst. Er stieß mit seinem Zeigefinger leicht an Ringhas Brust. »Diese Inseln könnten sich glücklich preisen, wenn es bei einem kaputten Stuhl und einer eingeschlagenen Fensterscheibe bliebe, Mr. Ringha.«
»Wie soll ich das verstehen?«
»Das«, sagte Zamorra, und setzte sich in Richtung Treppe in Bewegung, »erkläre ich Ihnen ein andermal… Falls Sie bis dahin noch nicht von selbst daraufgekommen sind.«
***
Innerlich vollgepropft mit loderndem Haß hockte Herbert Schwarz auf »seiner« Insel. Ringsherum nichts als Wasser. Die entmutigende Weite des Indischen Ozeans. Riesig. Fast so unendlich wie das Universum. Und mit mordlüsternen, gierigen Haien verseucht. Herbert ballte die Fäuste und schlug sie brüllend in den Sand. Dieses verdammte Gericht. Er hatte gehofft, man würde Milde walten lassen. Er hatte bis zuletzt damit gerechnet, daß man ihn des Landes verweisen, ihn abschieben würde. Statt dessen hatte man ihn auf diese namenlose Insel verbannt.
Tot war er hier. Lebendig begraben. Ein lebender Leichnam.
Lebenslängliche Verbannung. Das war eine grausamere Strafe
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