0081 - Die Hexe von Los Angeles
Ecke.
Ab und zu schüttete er einen Schluck Bourbon in die Gurgel und stöhnte jedesmal: »Aaaahhh!«
»Ein komisches Haus ist das hier«, sagte er, als er sein Mahl beendet und laut gerülpst hatte. »Hier leben die Menschen wie in einem Ameisenhaufen. Gehört das Haus dir, Zamorra?«
»Nein, ich wohne nur vorübergehend hier.«
»Auf dieser Welt ist überhaupt alles merkwürdig. Was ist das für ein Licht? Wie funktioniert es?«
Er deutete auf die Zimmerlampe. Zamorra versuchte, ihm den elektrischen Strom und seine Wirkungsweise zu erklären. Aber es war hoffnungslos. Thor fehlten die einfachsten Voraussetzungen, urn Zamorras Erklärungen zu verstehen. Er zeigte sich aber weder von der Millionenstadt Los Angeles noch von der Technik des zwanzigsten Jahrhunderts sehr beeindruckt.
Und Angst hatte er schon gar nicht, er strotzte nur so vor Selbstvertrauen.
»Auf dieser Welt möchte ich auf die Dauer nicht leben«, sagte er. »Diese Stadt ist eine einzige Steinwüste. Keiner trägt ein Schwert, wie es sich für einen freien Mann geziemt. Das einzige, was mir bisher wirklich gefallen hat, sind der Bourbon und die schönen Frauen, die ich auf den Straßen gesehen habe.«
Zamorra und Bill versuchten, Thor die Welt ihres Jahrhunderts ein wenig schmackhafter zu machen. Aber der Ase winkte nur ab. Zamorra hielt ihm einen Vortrag über Schußwaffen. Grimmig und verächtlich hörte Thor zu.
»Waffen für Feiglinge und alte Weiber sind das«, erklärte er. »Die einzigen männlichen Waffen sind das Schwert und die Axt. Mein Hammer natürlich auch.«
»Du magst Schußwaffen ansehen, wie du willst, jedenfalls- bist du tot, wenn dich eine Kugel richtig trifft«, sagte Zamorra. »Da hilft dir deine ganze Kraft nichts. Heute nachmittag wäre es fast soweit gewesen.«
Falls Thor begriff, in welcher Gefahr er gewesen war, als der Leibwächter des Filmstars die Pistole gezogen hatte, ignorierte er sie.
»Das sollen diese Würmer nur wagen, mich heimtückisch zu ermorden«, sagte Thor. »Odin und die anderen Götter würden die ganze Stadt ausradieren. Gegen Odins Zorn wären die Machenschaften der Druidenhexe nur ein Kinderspiel.«
Zamorra lief es kalt über den Rücken, als er daran dachte, was die wütenden Asen anrichten konnten. Magie schlug alle anderen Waffen. Thor durfte nichts geschehen, zumindestens nicht von Menschenhand.
Zamorra wollte jetzt mit Bill Fleming und Thor beratschlagen, wie sie am besten gegen die Druidenhexe Vorgehen sollten. Aber Thor, der schon die zweite Flasche Bourbon geleert hatte, hatte kein Interesse. Als Bill nicht gleich eine dritte Flasche Bourbon herbeischaffte, nahm Thor die Couch auseinander.
Während er die dritte Flasche trank, verlangte er nach einer Frau. Zamorra hielt ihn hin. Thor schwankte auf den Balkon hinaus und schwang seinen Hammer, mit dem er hantierte, als sei er federleicht. Er schaute auf die Autos, die unten auf der Straße fuhren, und grölte.
Dann wollte er mit Zamorra und Bill wetten, daß er mit seinem Hammer Mjöllnir ein zwei Kilometer entferntes Hochhaus treffen würde, und zwar genau an der Ecke. Der Einschlag des Hammers hätte wie der einer Fliegerbombe gewirkt.
Zamorra und Bill hatten Mühe, den Asen von seinem Vorhaben abzubringen. Ins Apartment zurückgekehrt, gröhlte Thor derart, daß man es noch in der übernächsten Etage hörte. Es war ein Schlachtgesang, den der Ase beim Öffnen der vierten Bourbonflasche anstimmte.
Er war schon so betrunken, daß er stark schwankte. Natürlich hagelte es wegen des Lärms Beschwerden bei der Hotelleitung, denn es war mittlerweile schon nach Mitternacht geworden.
Zamorra mußte Smithers anrufen, der sich wieder einzuschalten hatte. Sonst wären Zamorra, Bill und Thor aus dem Hotel gewiesen worden. Daß er eine Frau hatte haben wollen, wußte Thor längst nicht mehr.
Es geschah nicht mehr viel, außer daß der Donnergott den Fernseher und das Toilettenbecken zertrümmerte und und den Spiegelschrank im Bad herunterriß. Dann fiel er endlich auf das breite Doppelbett und fing an zu schnarchen, daß die Wände wackelten.
Zamorra und Bill Fleming waren geschafft, denn es war nicht leicht gewesen, den betrunkenen Donnergott zu bändigen und von Übergriffen abzuhalten. Bei seiner Statur konnte Thor mühelos durch eine Zimmertür spazieren, ohne sich mit dem Öffnen aufzuhalten.
Wenn er kräftig gegen die Wand hieb, war ein Loch darin, ohne daß er dazu seinen Hammer Mjöllnir gebraucht hätte.
Die beiden Männer
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