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0081 - Die Hexe von Los Angeles

0081 - Die Hexe von Los Angeles

Titel: 0081 - Die Hexe von Los Angeles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Appel
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betrachteten den hingestreckten schnarchenden Riesen. Fünfundeineviertel Flasche Bourbon hatte es gebraucht, um Thor endgültig umzuwerfen.
    »Jetzt brauche ich einen kräftigen Schluck«, sagte Bill Fleming. »Wenn ich noch ein paar Tage für diesen wildgewordenen Donnergott das Kindermädchen spielen soll, bin ich reif für’s Sanatorium.«
    ***
    Am Morgen hatte Thor einen gewaltigen Brummschädel. Er ächzte und rumorte im Bad herum, wo Zamorra ihm erklärt hatte, wie er sich anstellen sollte. Als es krachte und Zamorra und Bill hinzueilten, hatte Thor die Duschkabine umgerissen und zog gerade die Brause aus der Wand, weil er mit der Temperaturregelung nicht zurecht, kam.
    »So ein Dreck!« schimpfte er. »Da lobe ich mir ein Bad im Bach oder See oder einen Bottich mit heißem Wasser.«
    Bill Fleming bugsierte Thor in die Badewanne. So kam es, daß er dem Donnergott den Rücken abschrubben konnte. Kopfschmerztabletten wollte Thor nicht nehmen. Er verlangte nach körperlicher Betätigung, frischer Luft, anschließend einem kräftigen Frühstück und einem tüchtigen Schluck von dem Zeug, das er zuletzt getrunken hatte, als Gegengift.
    »Das Hotel hat einen Fitneßraum und zwei Swimming-pools«, sagte Bill Fleming zu Zamorra. »Ob wir ihn dort hinführen können?«
    »Bloß nicht, er reißt uns alles ein. Wir müssen sowieso umziehen, in ein anderes Apartment. Hier ist alles demoliert. Smithers soll das regeln. Wir bringen Thor zum Strand. Dort werden auch ein paar Felsen herumliegen, die er stemmen kann.«
    »Und wie bringen wir ihn hin? Doch nicht etwa im Porsche?«
    »Nein. Ich leihe einen großen und geräumigen Wagen. Einen Buick, Pontiac oder Cadillac.«
    Eine halbe Stunde später rollten Zamorra, Bill Fleming und der Donnergott Thor im Cadillac Eldorado durch Los Angeles nach Santa Monica an den Strand. Thor, der im Fond saß, seinen Hammer neben sich, gefiel der Cadillac gar nicht mehr so schlecht.
    Zamorra hatte im Hotel einen übergroßen Bademantel aufgetrieben, in den der Donnergott gehüllt war. Und Bill Fleming hatte eine Badehose organisiert, die Thor einigermaßen paßte. Smithers hatte sich beim Hotelmanagement wegen des demolierten Apartments einschalten müssen, aber es mit Fassung getragen.
    »Wenn diese Urgewalt auf unserer Seite ist, kann uns eigentlich gar nichts passieren«, hatte er gesagt.
    Der Caddy hatte ein Autotelefon, so daß Zamorra Smithers im Notfall erreichen konnte. Doch am Strand benahm Thor sich ganz manierlich. Zamorra und Bill hatten absichtlich einen abgelegenen Strandbezirk ausgesucht.
    Zu seinem Entzücken fand Thor einen Felsen, der gewiß an die acht Zentner wog. Er wühlte und zog ihn aus dem Sand und stemmte ihn, bis seine Muskeln schmerzten und sein Körper von Schweiß überströmt war.
    Dann eilte er ins Wasser und kraulte wie ein Pfeil davon. Zamorra und Bill Fleming schauten ihm nach, bis sie ihn nicht mehr sehen konnten.
    »Der alte Ase ist verdammt gut in Form«, sagte Bill. »Dem möchte ich nicht in die Finger fallen, wenn er wütend auf mich ist.«
    Zamorra war besorgt und nachdenklich.
    »Wir können unser Unternehmen nicht mehr länger hinausschieben, Bill«, sagte er. »Eigentlich wollte ich eine Weile warten, bis Thor sich ein wenig eingewöhnt hat, und um die Druidenhexe in Sicherheit zu wiegen. Ein paar Tage jedenfalls. Aber jetzt erscheint es mir besser, gleich loszuschlagen. Heute noch.«
    »Warum?«
    »Wir gewinnen nichts, wenn wir abwarten. Und Thor ist unberechenbar. Was er an einem Abend angerichtet hat, reicht mir vollkommen. Nicht auszudenken, wenn er einmal richtig in Wut gerät, was leicht passieren kann. Außerdem könnte ihm etwas zustoßen. Er ist nicht unverwundbar. Und damit würde der Zorn der Asen heraufbeschworen.«
    Bill Fleming sah vor seinem geistigen Auge eine Vision. Einen Thor, der brüllend durch Los Angeles rannte, Autos und Menschen mit seinem Hammer Mjöllnir zerschmetterte und Löcher in Wolkenkratzer schlug.
    Einen Thor, der im Kugelhagel von Polizisten tot zusammenbrach.
    »Du hast recht, Zamorra«, sagte Bill Fleming. »Wir sollten nicht länger warten.«
    ***
    Thor kehrte eine halbe Stunde später von seinem Schwimmausflug zurück. Das Salzwasser tropfte von seinem muskulösen Körper, als er wie ein kraftstrotzender junger Gott aus dem Ozean stieg. Er frottierte sich ab.
    »Jetzt habe ich Hunger«, verkündete er. »Und dann will ich ein Glas Bourbon trinken, damit das Stechen und Brummen in meinem Schädel aufhört.«

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