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0081 - Ich galt als Verräter

0081 - Ich galt als Verräter

Titel: 0081 - Ich galt als Verräter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich galt als Verräter
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kam ein Kollege durch den Flur und rief: »Hallo, Jerry! Gut, daß ich dich sehe! Der Chef hat mich gerade beauftragt, dich zu suchen. Er möchte dich umgehend sprechen.«
    »Okay«, nickte ich.
    »Ich muß auch zu Mr. High«, meine Phil.
    Wir gingen zusammen den Flur entlang und klopften an die Tür zu Mr. Highs Arbeitszimmer.
    »Come in!« rief der Chef.
    Wir traten ein.
    Mr. High hatte eine sehr ernste Miene aufgesetzt. Er deutete wortlos auf die Stühle vor seinem Schreibtisch.
    Wir setzten uns. Ich spürte, daß irgend etwas Unerfreuliches in der Luft lag, aber ich wäre nicht auf den richtigen Gedanken gekommen. Mr. High ließ uns nicht lange in unserer Ungewißheit.
    »Jerry«, sagte er in seiner üblichen ruhigen Art, »Sie sind heute den ganzen Tag über nicht im Office gewesen. Sie sollten mit Phil der Bandensache in der 98. Straße nachgehen — auch das haben Sie nicht getan. Die Zentrale wußte zu keiner Stunde des Tages, wo sie Sie .hätte erreichen können! Obgleich Sie genau wissen, daß jeder G-man, wenn er nicht gerade Urlaub hat, jederzeit zu erreichen sein muß! Jerry, es tut mir leid, daß Sie mich zwingen, in dieser Art mit Ihnen zu sprechen!«
    Er machte eine Pause. Ich sagte gar nichts. .
    »Sie wissen genau, daß ich Sie schätze«, fuhr Mr. High fort. »Aber das darf nicht dahin führen, daß Sie einfach einen ganzen Tag lang nicht zur Verfügung stehen, ohne daß man auch nur das geringste von Ihnen erfährt!«
    Ich holte tief Luft.
    »Heute nacht soll die Insel vor Long Island, auf der die Wetterfrösche sitzen, von Cornwall-Able-V-Raketen in die Luft gejagt werden«, sagte ich. »Ist das eine ausreichende Erklärung für die Beschäftigung, die ich heute den ganzen Tag über hatte?«
    Mr. High runzelte die Stirn. Er fragte kühl: »Wer hat Ihnen das gesagt?«
    »Mr. Garren. Der Chief-Manager der General Steel Unit. Man hat ihn angerufen und ihm diese schöne Neuigkeit eröffnet.«
    Mr. High schüttelte den Kopf.
    »Jerry! Ich begreife nicht, wie Sie diesen ganzen Nonsens auf einmal für bare Münze nehmen können! Möglicherweise ist es der dumme Scherz eines betrunkenen Studenten!«
    Ich schwieg. Sowenig wie mich der Chef in diesem Fall verstand, sowenig verstand ich ihn. Ich sah fragend zu Phil hinüber. Kapierte er denn nicht den einzig richtigen Standpunkt, den es in dieser ganzen Geschichte gab?
    »Jerry, ich verstehe das nicht«, sagte Phil kopfschüttelnd. »Wir waren uns doch darüber einig, daß das Ganze nur ein dummer Scherz sein kann!«
    »Wieso waren wir uns einig?« gab ich zurück. »Mich hat man überhaupt nicht gefragt. Ich bin der Meinung, daß man die Sache nicht mit einem Achselzucken liegenlassen sollte.«
    Mr. High schob seinen Künstlerkopf vor und erklärte mit fester Stimme: »Ich habe mich noch nie auf meine Autorität berufen! Aber jetzt muß ich es wohl tun, Jerry! Und ausgerechnet Ihnen gegenüber! Die Arbeit hier wird von mir eingeteilt! Es geht nicht an, daß jeder G-man in meinem Distrikt macht, was er will!«
    »Aber…« warf ich ein, doch eine Handbewegung des Chefs ließ mich sofort wieder verstummen. Ich war darüber so erstaunt, daß ich ihn fassungslos ansah. Es war das erste und einzige Mal in meinem Leben, daß ich mich mit meinem Chef nicht verstehen konnte.
    »Vorhin rief eine Dame hier an«, fuhr der Chef fort. »Da Sie nicht aufzutreiben waren, fragte man schließlich bei mir nach, und ich nahm das Gespräch an. Dabei erfuhr ich dann glücklich, daß Ihre Eigenmächtigkeit schon so weit geht, daß Sie auf eigene Faust Universitätsgutachten einholen!«
    Die Stimme des Chefs war fast laut geworden, jedenfalls verglichen mit seiner sonst so ruhigen Sprechweise. Phil sah mich völlig verständnislos an. Man konnte es seinem Blick entnehmen, daß er überhaupt nicht mehr mitkam.
    »Stimmt«, sagte ich. Kein Wort mehr, obgleich ich noch allerhand dazu hätte sagen können.
    »Sie werden eine Woche lang jeden Abend Ihren Dienstausweis hier bei mir abgeben, Jerry. Morgen früh wünsche ich Sie pünktlich um acht in der Funkleitstelle zu sehen. Sie machen für eine Woche Dienst in der Funkleitstelle.«
    Ich schluckte. Später sah ich ein, daß der Chef an diesem Tag recht hatte. Es geht nicht an, wenn in einer solchen Maschinerie, wie sie ein moderner Polizeiapparat darstellt, jedes Rädchen in die Richtung laufen will, in die es gerade will. Hier muß reibungslos Präzision herrschen. Und eben die hatte ich natürlich mit meiner Eigenmächtigkeit

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