0081 - Raumschiff der Ahnen
verstehe ich. Aber nun berichte weiter - von welchem Geheimnis sprichst du?"
Der Psychologe sah wieder auf den gefährlichen Silberstab.
„Kannst du das Ding wieder in die Tasche stecken, A-3? Es macht mich nervös, immer in die Linse eines Todesstrahlers zu blicken. Danke, mein Freund. Ja, das Geheimnis ... So genau konnte R-75 natürlich die Einzelheiten auch nicht unterscheiden, weil es nicht hell genug war, immerhin genügte die Dämmerung, ihn zwei lange Reihen durchsichtiger Blöcke erkennen zu lassen, zwischen denen immer genügend Raum blieb, daß die Wächter sich frei bewegen konnten. Jeder der Blöcke war durch Leitungen und Plastikröhren mit in der Wand eingelassenen Maschinen verbunden. In den Blöcken selbst war eine trübe Flüssigkeit, die dicker als Wasser sein mußte, denn sie bewegte sich nicht. In dieser Flüssigkeit aber - schwammen Menschen."
„Was ...?" keuchte der Arzt und wurde blaß. „Menschen?" Der Psychologe nickte. „In jedem Block war ein nackter Mensch - Männer und Frauen. Und weißt du auch, wer diese Menschen sind? Nein, du weißt es nicht. Dann will ich es dir sagen, A-3! Diese Menschen sind unsere Vorfahren, die der Geschichte nach vor zehntausend Jahren gestorben sind! Ja, sie sind damals nicht gestorben, nachdem sie unsere Welt auf den richtigen Kurs brachten, sondern sie stiegen hinab in die Tiefen unserer Welt und legten sich zum Schlaf nieder, bewacht von ihren metallenen Wächtern, die nicht nur uns, sondern auch den Kommandanten beherrschen und uns ihren Willen aufzwingen. Den Willen angeblich längst Verstorbener, A-3! Beginnst du nun zu ahnen, welchem Betrug wir zum Opfer gefallen sind?"
Der Arzt schüttelte langsam den Kopf.
„Es kann nicht möglich sein, Ps-5. Ich weiß, was du glaubst, aber ich kann es mir nicht vorstellen! Wir können nicht die Sklaven längst Gestorbener sein..."
„Sie sind nicht gestorben!" Der Psychologe schrie es fast heraus und schloß dann erschrocken den Mund. Wenn ihn jemand hörte, war er verloren.
„Du meinst, sie leben noch?" Fast ungläubig sagte es der Arzt. Aber dann entsann er sich, daß er selbst Mediziner war und ein Thema anschnitt, auf dem er erfahrener sein mußte als der Freund. „Natürlich, welchen Sinn hätten ihre zwar gut erhaltenen aber toten Leiber? Sie leben also! Aber - warum leben sie?
Und - wer weiß davon?" Der Psychologe beugte sich vor. „Wir, A-3! - Wir wissen davon! Und R-75 - der aber wiederum nicht ahnt, daß ich ihm sein Wissen entlockte. Und das ist gut so. Ich habe ihn aus der Behandlung entlassen, ohne seinen Vorgesetzten Mitteilung zu machen, was die Ursache seiner Verstörtheit ist. Vielleicht hält er den Mund - dann wird er noch einige Zeit leben können."
„Wir also wissen - und was fangen wir mit dem Wissen an?"
„Richtig betrachtet - was wissen wir schon? Irgendwo in einem unerforschten Teil unserer Welt liegen unsere Vorfahren in tiefem Schlaf, konserviert durch die Jahrhunderte - wenigstens ist das ihre Absicht gewesen. Vielleicht sind sie aber wirklich schon tot, gestorben durch einen unvorhergesehenen Fehler, und nur ihre Körper sind erhalten geblieben. Immerhin können wir nun ihre Absichten ahnen. Sie wollten eines Tages, wenn unsere Welt ihr Ziel erreichte, wieder geweckt werden. Die Generationen dazwischen, so nehme ich an, dienten nur dem Zweck, die Maschinerie in Gang zu halten. Wir glaubten, für uns zu arbeiten und zu leben, aber in Wirklichkeit taten wir es nur für die Schläfer im Mittelpunkt unserer Metallwelt. Ich frage mich nur, ob der Kommandant die Wahrheit kennt, oder ob auch er an der Nase herumgeführt wird."
A-3 sah den Psychologen sinnend an.
„Mit der Waffe in der Hand fühle ich mich sicher - wer außer mir hat schon eine Waffe? Nur die Wächter.
Sie kann man überlisten, denn sie sind keine Menschen, sondern nur Maschinen. Ich habe aber nicht nur einen Strahler, sondern drei. Ich kann dir einen geben. Wir können es somit wagen, den Kommandanten offen zu fragen und um Aufklärung zu bitten."
„Du hast Mut", erkannte der Psychologe neiderfüllt an. Er dachte einige Sekunden nach, dann fuhr er fort: „Schon in der Schule war die Frage nach dem Sinn unseres Daseins mein größtes Problem. Ich wußte, daß wir in den Heimen geboren wurden und niemals unseren Vater sehen würden. Auch die Mutter wurde uns schnell genommen, wenn man uns in die Anstalten brachte. Dann die Schule und schließlich die Lehrzeit oder das Studium. Und dann die Arbeit, bis
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