0082 - Die Falle im Todesschloß
mich. Ich hätte Ihnen gerne mehr erzählt, aber ich habe das Geheimnis ein ganzes Leben lang mit mir herumgeschleppt. Es ließ mich nicht ruhen! Nirgends und nie!«
Louis Creux streckte dem Gelehrten die klobige Hand hin.
»Ehrenwort?«
»Ja, Ehrenwort!« Zamorra schlug ein.
***
»Und außerdem möchte ich ausdrücklich feststellen, daß zahlreiche der parapsychologischen Erkenntnisse, ja, die meisten von ihnen…« Professor Zamorra wurde von Nicole Duval unterbrochen.
»Wissenschaftlich bewiesen werden können!« vollendete sie den angefangenen Satz.
»Ja, aber wieso?« staunte Zamorra.
»Weil du mir den Satz gerade erst diktiert hast! Jetzt haben wir ihn doppelt und ich muß das ganze noch einmal umtippen, Chef!«
»Entschuldige, das wollte ich nicht, aber…«
»Du bist heute nicht bei der Sache. Können wir nicht morgen den Bericht fertigschreiben, Chef?«
Das hübsche Mädchen hatte es sich noch immer nicht abgewöhnt, den Parapsychologen mit »Chef« anzureden.
»Ja, es wird wohl besser sein!« antwortete er geistesabwesend.
»Was bedrückt dich?«
»Es ist wegen Creux!« Zamorra stützte die Ellenbogen auf den wuchtigen Schreibtisch und legte den Kopf in die Hände.
»Sie haben bei der Sitzung alle gegen ihn gestimmt, nicht wahr?«
»Ja, aber das ist es nicht! Es ist da etwas anderes!«
Nicole Duval machte es sich auf der Couch bequem. Sie wußte, daß Zamorra nahe daran war, ihr irgend etwas Interessantes zu erzählen. Sicherlich würde es unterhaltsamer werden, als das langweilige Diktat über Parapsychologie!
Der Duft, der aus der Küche durch die offenstehende Tür drang, ließ sie wieder hochfahren.
»Mein Gott! Unser Mittagessen!« Nicole stürmte aus dem Arbeitsraum.
»Was, du hast heute selbst gekocht?« wunderte sich Zamorra, der ihr nacheilte. Er war gespannt, was Nicole da zusammengebraut hatte.
»Das soll wohl einmal eine Gans gewesen sein, oder gar ein Truthahn?« feixte Zamorra, als er das schwarze Etwas sah, das da zusammengeschmort in der Bratpfanne lag.
»Das darf doch nicht wahr sein!« Nicole hatte beide Hände voll zu tun, das angebrannte Essen aus dem Bratrohr zu holen.
»Möchte nur wissen, wo du während des Hausfrauenunterrichtes an eurer Schule gesteckt hast?«
»Da hatte ich gerade Scharlach!« gab die Französin wütend zurück.
***
Man hatte den alten Gasthof auf dem Hauptplatz von Roulens gründlich renoviert. Nur die Gäste waren die gleichen geblieben.
Gilbert Berrie, der Sohn des Maklers, hatte sich zu einem Stammgast entwickelt. Daß er dabei öfter einen über den Durst trank, war stadtbekannt, zumal er dann aggressiv wurde und Streit suchte, der nicht nur einmal in einer Schlägerei geendet hatte.
Am Abend dieses trüben Novembertages saß Gilbert bereits seit achtzehn Uhr in dem Lokal. Er hatte sich mit zwei Burschen aus Roulens angefreundet, mit denen er manchmal hier seine Nächte durchzechte.
Der dickliche Wirt blickte bereits verärgert zu dem Tisch hinüber, um den das gröhlende Trio saß. Der Zeiger der Wanduhr zeigte schon auf zweiundzwanzig Uhr dreißig. Das Verhalten der Männer gefiel ihm heute gar nicht, denn mit einemmal war das Gegröhle verstummt. Die Männer steckten die Köpfe zusammen, flüsterten, manchmal machte einer von ihnen eine Bemerkung, die der Wirt jedoch nicht verstehen konnte.
Roul Sedier und Michel Cordeux schienen ununterbrochen auf den Sohn des Maklers einzureden. »Na, komm schon!« forderte Roul Gilbert Berrie abermals auf. »Du tust damit deinem Vater einen Gefallen. Außerdem ist es doch ein Mordsspaß…« Seine Stimme überschlug sich vor Begeisterung. Wären die jungen Männer nüchtern gewesen, wären sie wohl nie auf den furchtbaren Gedanken gekommen, den Roul Sedier vor wenigen Minuten hatte.
»Na, ich weiß nicht!« Michel Cordeux, der anscheinend noch nicht soviel getrunken hatte, schüttelte den Kopf. »Ich mach' da nicht mit!«
»Junge, das kannst du doch nicht! Trink noch etwas, dann kommst du auf andere Gedanken. He, Wirt!« rief Sedier und winkte dem Dicken hinter den Tresen.
»Eigentlich hast du recht, Roul!« Gilbert Berrie hatte bereits Mühe beim Sprechen. Er lallte. »Das machen wir, das ist ein Spaß, ja!«
Niemand in Roulens mochte Cordeux und Sedier recht leiden, obwohl die meisten die beiden von Kindheit an kannten. Im Knabenalter hatten sie sich durch boshafte Streiche unbeliebt gemacht, die nicht selten in brutalen Tierquälereien ausgeartet waren. Sedier riß Cordeux immer
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