0082a - Amoklauf in der Todeszelle
könnte Ihrer Meinung nach der Kurier beim Zuchthaus eintreffen?«
Sam sah auf seine Uhr. Er rechnete kurz, zuckte die Schultern und meinte: »Er kann vor zehn Minuten dort angekommen sein, er kann auch weitere zehn Minuten brauchen. Es hängt von den Straßenverhältnissen ab.«
»Jedenfalls kann es nichts schaden«, sagte Phil, »wenn wir im Zuchthaus schon einmal nachfragen.«
»Wollen Sie jetzt deshalb dahin fahren?« erkundigte sich Sam.
»Nein. Wir kriegen über unser Sprechfunkgerät die FBI-Funkleitstelle in New York. Von der können wir uns mit dem Zuchthaus verbinden lassen.«
»Oh, dann seid ihr besser dran als wir. Unsere Sprechfunkgeräte tun es nicht. Wir kriegen unsere Leitstelle von hiei aus nicht. Unsere Sender sind anscheinend nicht stark genug.«
Er wartete interessiert auf das Ergebnis unseres Anrufs. Wir brauchten fast zehn Minuten, bis wir im Zuchthaus den zuständigen Mann an der Strippe hatten. Es schien dort noch immer alles drunter und drüber zu gehen.
Aber dann erhielten wir eine Auskunft, die uns keineswegs erfreute:
»Ja,«, sagte der Mann aus dem Zuchthausarchiv. »Wir haben die Fingerabdrücke gefunden, wir wissen, um wen es sich handelt. Hören Sie zu, G-man! Der Mann heißt Robert L. Morgory. Er ist am 19. Mai 1927 in Springdale, Connecticut, geboren, Rasse weiß, US-Staatsbürger. Er wurde zum ersten Male bestraft 1947, also mit zwanzig Jahren, wegen Belästigung einer Frau. 1951 stand er wegen des gleichen Deliktes erneut vor Gericht. 1958 zum dritten Male, aber dabei mußte er mangels an Beweisen freigesprochen werden. Vor zwei Jahren erwischte es ihn endgültig. In der gleichen Sache kam er vor Gericht, aber diesmal hatte er die Frau sogar umgebracht. Er bekam lebenslänglich, nachdem ihn die Ärzte für voll zurechnungsfähig erklärt hatten.«
»Was Besseres hatten Sie wohl nicht vorrätig, wie?« brummte ich erschrocken. »Der Kerl hatte also lebenslänglich. Hinzu kommt, daß er inzwischen bereits so viel neue Schuld auf sich geladen hat, daß er neunundneunzig gegen eins mit einem Todesurteil rechnen muß, sobald er geschnappt wird. Und dann noch die Geschichte mit den Frauen. Die Katze läßt das Mausen nicht, so heißt es doch, nicht wahr? Und dabei schleppt der Kerl jetzt auch noch ein Gewehr mit sich herum. Wirklich, ich muß sagen: Das sind goldige Aussichten für die nächsten Stunden!«
Man brauchte wahrhaftig kein Prophet zu sein, um Voraussagen zu können, auf welche Weise wir wieder von diesem Mann hören würden.
Aber bevor es so weit kam, geschahen erst noch ein paar andere Dinge. Allerdings dauerte es bis mittags gegen eins — wir saßen längst wieder in Brackstown mit Lindquist und Regner zusammen und pokerten —, bis sich in der Ausbrechersache wieder etwas tat. Inzwischen hatten wir auch schon zwei Fehlstarts hinter uns, weil ein paar unaufmerksame Leute uns anriefen und angeblich ausgebrochene Zuchthäusler gesehen hatten, die sich dann aber als normale, anständige, ehrbare Leute entpuppten. Als daher der dritte Anruf dieser Preislage kam, waren wir gar nicht sonderlich erbaut. .
Der Anruf kam von einem siebzehnjährigen Jungen.
»Ich bin nicht sicher«, sagte er gleich am Anfang, »aber ich meine, ich hätte zwei von den Zuchthäuslern gesehen. Beschwören kann ich es allerdings nicht.«
»Wo haben Sie die beiden denn gesehen?« erkundigte sich Regner, der diesmal am Hörer war, während wir unsere Köpfe in seine Nähe rückten, um das Gespräch mitzukriegen.
»Bei uns im Dorf, Sir. Hier ist eine recht ansehnliche Fischzucht. Karpfen und Forellen vor allem. Ich war mit meiner Freundin ein bißchen spazieren — nach der Schule, wissen Sie?«
»Ja, ja«, sagte Regner ungeduldig. »Nun reden Sie mal weiter, junger Mann!«
»Ich ging nämlich heute mittag mit Jane — das ist meine Freundin — rüber zu den Fischteichen. Da ist es um diese Mittagszeit immer absolut ruhig. Nur in der Nähe der Straße liegt das kleine Häuschen, in dem die beiden Angestellten des Fischzüchters ihre Röcke hängenlassen oder freitags auch die Fische verkaufen, wenn die Kühlwagen aus der Stadt kommen und ihre Bestellungen abholen.«
»Ich höre ununterbrochen Zuchthäusler«, gähnte Regner.
»Sie können einen aufregen!« sagte der Junge entrüstet. »Hören Sie doch mal zu! Ich wollte mit Jane hinter dem Häuschen vorbeischleichen, damit uns keiner sieht. Wir kamen auch prima bis zu den Weiden, aber dann sah ich auf einmal zwei Männer.«
»Wo sahen
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