0083 - Geradewegs zur Hölle
uns keiner weiteren Steigerung mehr fähig, obgleich ich genau wußte, daß es um die Mittagszeit noch viel schlimmer kommen würde.
Mit torkelnden Schritten marschierten wir der Staubfahne vor uns nach. Zweimal sichteten wir ein paar Geier über unseren Köpfen, aber sie verschwanden beide Male wieder, nachdem sie sich davon vergewissert hatten, daß wir noch nicht als Beute für sie in Frage kamen…
Träge verging die Zeit. Manchmal blieb einer von uns beiden stehen und klatschte sich den Schweiß aus der Stirn, dann trotteten wir wieder weiter, in das endlose, flimmernde Gelb der Wüste hinein.
Kurz vor elf Uhr mittags kamen wir an einen mannshohen Kaktus, der unmittelbar neben der Straße stand. Er sah fast braun aus. Ich rannte an ein paar Stellen mein Taschenmesser hinein.
Sinnlos, der Kaktus war längst verdorrt. Außerdem hatten es die Gangster offenbar auch probiert, und sie mußten ebenso ergebnislos geblieben sein wie ich. Das eigentlich so saftige Fleisch der Kakteen war hier nur noch trockner Zunder…
Irgendwann kam Phil auf die Idee, daß wir uns die Taschentücher vor Mund und Nase binden sollten. Wir taten es und wunderten uns, warum es uns nicht schon früher eingefallen war. Jetzt setzte sich doch nicht mehr so viel Staub im Mund und in der Nase fest.
Der aufgewirbelte Staub war so leicht, daß er stundenlang in der aufsteigenden Luft schwebte, bevor er sich völlig wieder abgesetzt hatte. Deshalb sahen wir die Holzhäuser und Blechbaracken erst, als wir schon bis auf ein paar hundert Yard an sie herangekommen waren.
»Paß auf«, krächzte Phil. »Wenn hier ein paar Leute leben, werden sie einen Wagen haben. Und wenn sie einen Wagen haben, werden die Halunken sich den Wagen mit Gewalt ausgeliehen haben. Jetzt haben sie einen Vorsprung von einigen -zig Meilen…«
Ich zog meine Waffe.
»Wenn sie nicht eine Rast machen. Ich bin ziemlich am Ende, und ihnen kann es nicht besser gehen.«
Phil zog ebenfalls seinen Revolver. Hoffentlich, stand in seinem Gesicht geschrieben, hoffentlich erwischen wir sie hier. Wir hatten beide kein Verlangen danach, ihnen noch ein paar Stunden lang durch Staub, brütende Hitze und immer schlimmer werdenden Durst nachzumarschieren.
Außerdem wußten wir beide, daß wir es nicht mehr allzulange aushalten würden.
***
Jack Boston hatte die letzten beiden Stunden immer wieder über Kopfschmerzen geklagt.
»Warum hast du verdammter Idiot auch keinen Hut aufgesetzt?« fauchte Masterfield mit heiserer Stimme. »Du bist selbst schuld, wenn du einen Sonnenstich kriegst! Leg wenigstens dein Taschentuch auf den Schädel! Vielleicht nützt das ein bißchen…«
Jack Boston nickte. Er torkelte nur noch dahin. Das hatte er sich anders vorgestellt, und er überlegte schon ununterbrochen, ob ein paar -zigtausend Dollars mit diesen Strapazen nicht überbezahlt wären…
Nancy Coster hatte die Schuhe ausgezogen und liegen gelassen. Ihre Fußsohlen brannten von dem glutheißen Sand, aber es war doch ein bequemeres Gehen als in den hochhackigen Pumps, die neben ihrem Bett gestanden hatten und in die sie geschlupft war, als man sie so gewaltsam geweckt hatte.
Sie war ziemlich am Ende ihrer Kräfte. Aber sie wagte nicht, es zu sagen. Vielleicht würde man sie einfach liegenlassen oder gar erschießen, wenn sie erst einmal anfing, den anderen lästig zu werden.
Warum kommt die Polizei nicht? fragte sie immer wieder in Gedanken. Warum? Wir gehen seit vier oder fünf oder sechs Stunden — was weiß ich — zu Fuß! Man hätte uns doch längst mit einem Polizeiauto einholen müssen!
Sie dachte nicht daran, daß es auf den letzten fünfhundert Meilen keine Tankstelle gegeben hatte…
Endlich waren sie dicht vor den Häusern angekommen. Sie sahen seltsam öde aus und fremdartig. Einzelne Häuser hatten ziemlich große Risse in den Wänden, zwei waren ohne Dach, ein Fahnenmast vor einem der Häuser war abgebrochen wie ein Streichholz und ragte nur noch als Stumpf ein paar Yards in den Himmel.
»Zieht eure Kanonen!« kommandierte Masterfield. »Wir brauchen Wasser, Proviant, einen Wagen, genug Sprit, ein paar Decken und Zigaretten. Organisiert, was ihr findet! Laß euch nicht in Gespräche ein, denn wir haben keine Zeit. Wer sich zur Wehr setzt — nun, ihr wißt ja Bescheid!«
Nancy erschrak. Sollte es vor ihren Augen zu einem Blutbad kommen?
Als sie die Häuser erreicht hatten, verteilten sich die Männer. Niemand blieb zurück, um sie zu bewachen. Aber warum sollte man
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