0084 - Das Buch der grausamen Träume
dem Kopf irgendwo gegen, und plötzlich war ich frei.
Sofort stand ich auf.
Jetzt kämpfte Suko gegen die Hexe.
Aber die fünf restlichen Arme waren zuviel für ihn. Die Hexe war zu stark. Suko lenkte sie dennoch ab, so daß ich meinen Generalangriff starten konnte.
Aus den Augenwinkeln sah ich Julia de Fries. Sie stand an der Tür, bleich, entsetzt…
Ich stürzte mich auf die Hexe.
Und diesmal traf ich genau.
Vorbei an Suko warf ich mich und drückte diesem schaurigen weiblichen Dämon mein Kreuz mitten ins Gesicht.
Ziita brüllte.
Ihr Schrei ließ die Hüttenwände erzittern. Der Kopf platzte förmlich auseinander, er zerbröckelte, wurde zu mehligem Staub, und mit ihm verging der gesamte Körper. Die würgenden Finger ließen Suko los.
Schwer atmend sackte mein Partner zu Boden und schnappte nach Luft und rieb sich dabei den Hals. Er und auch ich hatten in den letzten Minuten Übermenschliches geleistet.
Noch hatte ich das Buch nicht.
Ich kreiselte herum, wollte auf die Stelle zulaufen, schaffte jedoch nicht einmal einen Schritt.
Plötzlich ertönte draußen vor der Hütte ein gewaltiges Brausen, das zu einem Sturm anschwoll, der im nächsten Moment die Hütte zur Seite fegte. Die Luft war erfüllt von einem mörderischen Krach. Staub wallte auf, Wasser peitschte plötzlich herein, wir wurden durch die Luft gewirbelt wie Blätter im Herbstwind. Und inmitten des Chaos sah ich für einen winzigen Moment die Gestalt meines Erzfeindes.
Der Schwarze Tod war erschienen, um sich das zurückzuholen, was ihm gehörte.
Seine skelettierte Hand faßte nach dem Buch, riß es an sich, und im nächsten Augenblick verschwand dieser Superdämon in den Dimensionen des Grauens.
Das Buch der grausamen Träume hatte er mitgenommen! So schnell, wie der Sturm losgebrochen war, so rasch hörte er auch wieder auf. Es wurde ruhig.
Die Hütte existierte nicht mehr. Sie war zusammengestürzt wie ein Kartenhaus.
Suko, Julia und ich stiegen aus den Trümmern. Ernstlich verletzt war keiner von uns. Aber der Sturm hatte das Wasser hochgepeitscht und einen Teil der Insel weggerissen. Wir standen fast am Ufer. Unser Boot war ebenfalls zerstört, genau wie die Kähne der Dorfbewohner. Die Menschen waren in den Fluß gefallen. Ich sah, wie sie ans Ufer kletterten. »Alles okay?« fragte Suko. Julia und ich nickten gleichzeitig.
Der Chinese deutete nach vorn. »Was ist mit denen da?« Er meinte die Dorfbewohner.
Ich hob die Schultern. »Verbrechen sind ihnen nicht nachzuweisen. Die Hexe ist tot, und so ist auch ihr magischer Einfluß verschwunden.«
»Sie wollen sie nicht bestrafen?« fragte Julia.
»Nein.«
Das Mädchen hob die Schultern. »Vielleicht kann ich ihnen helfen«, sagte sie. »Ich werde es auf jeden Fall versuchen.«
»Ja, tun Sie das.«
Meine Gedanken waren bereits woanders. Ich dachte an das Buch der grausamen Träume. Fast hätte ich es gehabt. Aber eben nur fast. Der Schwarze Tod war schneller gewesen. Ich jedoch wußte nun, daß auch er verwundbar war. Ich würde dieses Buch weiterhin suchen und nicht eher aufgeben, bis ich es gefunden hatte. Daß Suko mir dabei half, war selbstverständlich.
»Weißt du, was ich jetzt möchte?« fragte mich mein chinesischer Partner.
»Nein.«
»Ein anständiges Bad.«
Ich zeigte auf den Fluß. »Bitte, bediene dich!«
»Um Himmels willen«, rief Suko, »davon habe ich die Nase gestrichen voll.« Da hatte Suko genau in meinem Sinne gesprochen…
ENDE
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