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0085 - Der Feuergötze

0085 - Der Feuergötze

Titel: 0085 - Der Feuergötze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Wolf Sommer
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magischen Wall um den sagenhaften Tempel zu sprengen. Und das, so glaubte das Mädchen, war ihm gelungen. Mit Konsequenzen, die unheimlich und gefährlich waren.
    Das Mädchen wollte jetzt zweierlei von ihm. Einmal, daß er keine blutige Rache an ihrem Vater übte. Und zum zweiten - nach Lage der Dinge gar nicht mal unbescheiden -, daß er ihrem Vater half, wieder ›normal‹ zu werden, wie sie sich ausdrückte.
    Der Professor überlegte. Dieser Chedli konnte durch die Wikingerberichte auf sein Amulett aufmerksam geworden sein. Und wenn an diesem magischen Wall etwas dran war - das Amulett konnte ihn tatsächlich gesprengt und dadurch Kräfte freigesetzt haben, die aus dem Reich des Jenseitigen stammten.
    Das Mädchen hatte gut daran getan, ihn aufzusuchen. Vielleicht auch im Interesse ihres skrupellosen Vaters.
    Zamorra schob seinen Stuhl zurück.
    »Machen wir einen kleinen Tempelbesuch«, sagte er.
    ***
    Baalyaton tobte.
    Es war ungeheuerlich! Eine der geweihten Frauen hatte Geburtswehen. Ihre Stunde war nahe. Sie wand sich bereits in Krämpfen, die angeblich von einer Sekunde zur anderen aufgetreten waren.
    Zornig blickte der Oberpriester auf die Frau - sie war eine der jüngsten - hinab.
    »Du weißt, daß du die Göttin gelästert hast, unwürdige Tochter!« beschimpfte er sie. »Du hast unsere Herrin Tanit um deine Jungfernschaft betrogen. Du hast es zugelassen, daß sich dir ein Mann näherte, bevor du in den Tempel gekommen bist. Das ist ein todwürdiges Verbrechen!«
    Angstvoll blickte die Unwürdige zu ihm auf.
    »Nein, nein«, sagte sie mit schweißüberströmten Gesicht. »Kein Mann hat sich jemals mir genähert. Ich würde doch unserer Herrin Tanit niemals…«
    »Und was ist das?« unterbrach sie Baalyaton und zeigte auf ihren geschwollenen Leib.
    Mit weit aufgerissenen Augen schüttelte die entweihte Jungfrau den Kopf.
    »Ich weiß nicht«, keuchte sie. »Es ist… es geschah ganz plötzlich. Vor Minuten noch war mein Leib flach und…« Sie bäumte sich schmerzerfüllt auf. Ihr Gesicht verzerrte sich zu einer Grimasse. Stöhnend brachte sie hervor: »Es… ist… gleich soweit!«
    Baalyatons Mund wurde zu einer schmalen Linie. Er winkte zwei anderen Frauen. »Bringt sie nach hinten«, befahl er. »Seid ihr behilflich. Sie hat Glück, diese Unwürdige. Wäre unsere Zahl nicht so gering, würde ich sie auf der Stelle töten. Und ihre unreine Brut dazu!«
    Die Frauen gehorchten. Sie beugten sich zu der Frevlerin nieder, hoben sie hoch und brachten sie in den rückwärtigen Teil des Tempels, dorthin, wo die Götter nicht Zeugen der Schande sein mußten.
    Gisgo trat an die Seite des Oberpriesters. »Deine Maßnahme erscheint mir nicht recht, Baalyaton«, rügte er. »Dem Gesetz der Götter muß Genüge getan werden. Auch hier in diesem fremden Land, in dieser fremden Zeit. Du solltest die Unwürdige dennoch bestrafen, wie es sich geziemt!«
    Baalyaton setzte an, ihn zurechtzuweisen, kam jedoch nicht dazu. Eine der Frauen, die er gerade mit der entweihten Jungfrau weggeschickt hatte, kam zurück. In ihrem Gesicht zuckte es.
    »Priester, es geschehen wundersame Dinge! Das Kind… Es ist gekommen. Ihr müßt selbst sehen… Kommt!«
    Und schon hastete die Frau wieder davon.
    Zögernd folgten ihr die Priester. Die Frau führte sie in einen abgelegenen Winkel des Tempels, den das ewige Feuer des Gottes nur schwach erhellte.
    Trotzdem konnten sie das Kind deutlich sehen, das die Unwürdige geboren hatte.
    Das Kind?
    Es war schon jetzt kein soeben dem Mutterleib entschlüpftes Kind mehr.
    Baalyaton und Gisgo hielten den Atem an. Sie glaubten kaum, was sie sahen.
    Das Neugeborene lag auf einem Affenfell und… wuchs und wurde älter.
    Es nahm die Gestalt eines sechsjährigen Knaben an, dann die eines Halbwüchsigen, dem der erste Bart sproß. Und es wuchs weiter, wurde zu einem Jüngling mit kräftigen Muskeln, wurde zu einem Mann.
    Zu einem ganz bestimmten Mann…
    Zu dem Mann, der gestern dem Herrn Baal-Hammon geopfert worden war!
    Der Mann richtete sich auf. Seine Augen waren wie glühende Holzkohle. Auch sein nackter Körper schien zu glühen, erweckte den Eindruck, als würden winzige Flämmchen über ihn hinweghuschen.
    Fassungslos starrten ihn die beiden Priester an. Die Frauen standen mit blassen Gesichtern im Hintergrund, wagten kaum sich zu bewegen. Die Mutter lag auf dem Boden und zitterte.
    Der Mann öffnete den Mund. »Seid gegrüßt, Priester unseres Herrn Baal-Hammon. Der Gott hat euer Flehen

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