0088 - Der Guru aus dem Totenreich
Blick, wenn sie auf dem Trip sind.
Doch eine Droge hatte Modjir Brahmul bestimmt nicht genommen.
Zamorra mußte es darauf ankommen lassen. Alles hing jetzt von der Entwicklung der nächsten Sekunden ab. Er bemühte sich um Ruhe.
»Sie sind hinter meinem Amulett her, nicht wahr?« fragte er. »Aber Sie werden es hier nicht finden. Hier nicht und auch nicht anderswo.«
Modjir Brahmul lächelte überheblich.
»Sie urteilen ein wenig vorschnell, mein Freund. Am Abend, unten auf der Terrasse, hatten Sie es noch.«
Zamorra winkte ab.
»Eine Kopie davon. Das stimmt. Aber nicht das Original. Und Sie haben nicht einmal die Kopie gefunden, als Sie unsere Zimmer durchsuchten. Um wieviel mehr Schwierigkeiten müssen Sie dann erst haben, wenn Sie das echte Medaillon finden wollen.«
Für Augenblicke war Modjir Brahmul irritiert. Dann lächelte er wieder. Die Pistole, die für Sekunden gesunken war, ruckte wieder hoch. Der Lauf zeigte genau auf Zamorras Brust.
»Muß ich hinzufügen, daß ich mit dem Ding auch treffen kann?« fragte er anzüglich grinsend.
Zamorra war auf eine Probe von Brahmuls Schießkünsten nicht erpicht. Er glaubte ihm.
»Müssen Sie nicht«, antwortete Zamorra. »Aber schießen können Sie natürlich. Nur werden Sie auf diese Weise nie erfahren, wo das Amulett ist. Halten Sie mich denn für einen Narren? Ich hatte von Anfang an nicht angenommen, daß Sie der pure Zufall auf die Straße vom Airport nach Nagpur gebracht hatte.« Zamorra versuchte einen Bluff.
Modjir Brahmul grinste geringschätzig.
»War es aber. So unfehlbar, wie Sie sich halten, sind Sie also nicht. Aber ich bin dem Schicksal dankbar, das unsere Wege gekreuzt hat. Mit Ihrem Amulett und meinen — na, nennen wirs mal Fähigkeiten — bin ich nicht mehr zu schlagen.«
»Dann sind Ihnen die drei Morde anzulasten, die Rudrasvin in Delhi begangen hat?«
Die Kinnlade des Inders fiel nach unten. Seine Augen verengten sich plötzlich zu schmalen Schlitzen. »Sie wissen von Rudrasvin? Das ist unmöglich.«
Professor Zamorra zuckte mit den Schultern.
»Wenn Sie es vorziehen, nicht zu glauben, was Sie hören!«
Modjir Brahmuls Kinnlade klappte wieder zu. Aber hinter seiner hohen Stirn arbeitete es noch. Zamorras Enthüllung mußte ihm einiges zu kauen gegeben haben. Und das war schließlich der Zweck der Übung gewesen. Der Dämonenjäger wollte den Mann etwas herunterzerren von seinem hohen Podest. Das machte ihn verwundbarer. Wenn sein Denkapparat auf Hochtouren lief, achtete er zwangsläufig nicht mehr so konzentriert auf seine Umgebung.
Dafür jedoch waren die beiden Figuren mit den MP’s um so weniger beeindruckt. Sie verstanden kein einziges Wort von der auf englisch geführten Unterhaltung. Der Teufel mochte wissen, welchen der rund 600 Dialekte von knapp 200 Sprachgruppen, die in Indien gebräuchlich waren, sie beherrschten. Ihre Mienen blieben ausdruckslos und abweisend.
Modjir Brahmul stieß ein paar Worte aus, von denen Zamorra annahm, daß sie ein lästerlicher Fluch waren, denn die Mimik der beiden Schergen verdüsterte sich noch mehr. Modjir Brahmul bellte ihnen einen Befehl zu.
Ehe der Dämonenjäger reagieren konnte, waren sie bei Nicole und hakten sie unter. Nicole wollte aufschreien, doch da legte sich schon eine klobige Hand auf ihren roten Mund, die ihren Schrei erstickte. Nicole zappelte hilflos zwischen den beiden kräftigen Männern, die sie hochgehoben hatten wie eine Puppe.
»Tun Sie’s nicht, was Sie gerade denken«, sagte da der Inder kalt, »Meine eigentlichen Pläne sind mir wichtiger als Ihr Amulett. Ich würde schießen, wenn Sie auch nur einen falschen Schritt wagen.«
Der Dämonenjäger nahm ihm ab, daß der Maharadscha-Sproß keine leere Drohung ausstieß. Zamorra blieb auf der Stelle stehen. Der hilfesuchende Blick Nicoles schmerzte ihn, als hätte man ihm mit einer Nadel mitten ins Herz gestochen. Doch im Augenblick hatte Modjir Brahmul zweifellos das bessere Blatt in der Hand. Zamorra durfte sich nicht zu voreiligen und damit noch folgenreicheren Aktionen hinreißen lassen. So schwer ihm das auch fiel.
Wieder sagte der Inder etwas zu den beiden Männern. Die Pistole hielt er dabei auf Zamorra gerichtet. Der Lauf zeigte auf Zamorra, als wäre die Waffe einzementiert. Dieser Mann mußte sich ungeheuer in der Gewalt haben. Aber das sagte man Menschen seiner Rasse im allgemeinen nach.
Deshalb regte sich Zamorra auch nicht, als die Wachen mit Nicole aus dem Raum verschwanden. Zamorra mußte
Weitere Kostenlose Bücher