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0088 - Die weißen Teufel von New York

0088 - Die weißen Teufel von New York

Titel: 0088 - Die weißen Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die weißen Teufel von New York
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Sekunde mehr.
    Sie ging zu einem Fenster und reckte ihren Arm hinaus. Die Flammen umzüngelten ihn mit höllischer Glut. Aber in ihrem starren Gesicht bewegte sich kein Muskel. Solange sie es vermochte, winkte sie durch eine Feuerwand hindurch. Der Schmerz hatte bald jedes menschliche Maß überstie'gen. Schon nach wenigen Minuten war sie nicht mehr sicher, ob sie überhaupt einen Arm besaß. Aber sie blieb stehen und hielt das, was ihr Arm zu sein schien, hinaus in die lodernde Flammenwand. Vielleicht begriffen die Kinder nicht, was sie tat. Oder vielleicht waren sie bereits jenseits jener Schwelle, wo der Verstand noch zu arbeiten imstande ist. Ungläubige und verzweifelte, den tiefsten Grund unbeschreiblicher Klage ausdrückende Augenpaare starrten ihr zu.
    Sie brauchte all ihre Kraft, um gegen eine Ohnmacht anzukämpfen. Sie dachte nichts mehr, sie fühlte nur noch tausendfältigen Schmerz. Aber jede Körperzelle in ihr schien zutiefst von dem Wissen durchdrungen, daß sie den Arm durch das züngelnde Feuer hinausrecken müsse, um der Menschheit ein Signal zu ihrer Rettung zu geben…
    Und dann bemerkte sie die ersten Flammen an der Decke. Die Glut hatte sich bereits von oben her durch den Boden gefressen. Lange konnte es nicht mehr dauern, bis sie in einer Hölle brennenden Holzes begraben wurden…
    ***
    Phil stand auf. »Komm!« sagte er.
    Mehr nicht. Aber da gab es auch nicht mehr zu sagen.
    Wir gingen quer über den Hof. Vielleicht waren wir zu diesem Zeitpunkt keine normalen Menschen mehr. Wir waren es so wenig, wie die neun Feuerwehrleute es waren, die sich plötzlich einfanden.
    Jeder von uns ging einem fast sicheren Tod entgegen. Keiner von uns dachte an sich, an sein Leben oder an seinen Tod. Wir dachten überhaupt nichts. Wir dachten auch nicht, daß wir irgendwen retten müßten. Wir dachten gar nichts.
    Der durch eine Feuerwand hindurch winkende Arm war wie der Druck auf den Knopf einer Maschine, die in uns saß. Irgend etwas Unsagbares, etwas Unnennbares in uns reagierte wie eine Maschine auf einen Hebeldruck.
    Robotern gleich ließen wir uns noch einmal durchnässen. Ließen uns Decken aufbürden. Von einemeiskalten Wasserstrahl abtasten wie Tiere, die untersucht werden. Es gab keinen, der mit vollem Bewußtsein handelte.
    Die Schwestern vom Roten Kreuz sagten irgend etwas. Ich verstand sie überhaupt nicht. Ich fühlte mich auf eine unsagbare Weise eins mit den neun Mann, die um mich herumstanden, triefend wie nasse Katzen, ausdruckslos wie Marmormasken, bereit, wie nie etwas bereit war.
    Ein Brandmeister war auf einmal bei uns.
    »Hört genau zu!« rief er.
    Wir hörten. Und wir hörten nicht. Wir wußten, daß wir im Begriff waren, die leibhaftige Hölle zu betreten, aber wir wußten es auch nicht. Es war eine Situation, die jenseits aller Worte liegt.
    »Ihr habt keine Aussichten, in den vierten Stock zu kommen«, sagte der Brandmeister. »Seid vernünftig! So, wie ihr es vorhabt, geht es nicht.«
    Wir hörten ihn. Und wir wußten, daß wir trotzdem gehen würden.
    Seine eigene Uniform hing ihm in Fetzen vom Körper. Brandwunden beleckten seinen Körper, wohin man sah. Der Himmel allein wußte, was dieser Mann schon hinter sich hatte.
    »Ihr wollt trotzdem?« fragte er. Aber seine Frage klang fast wie ein Befehl. Ohne eine Sekunde Pause zu machen, fuhr er fort:
    »Wir wissen nicht, wieviel Kinder da droben sind. Aber ich werde sechs Spritzen die Wand vor diesem Fenster bearbeiten lassen. Zwei Spritzen setze ich aufs Dach über dem Fenster. Es ist — brandtechnisch gesehen — heller Wahnsinn. Aber laßt die Bude abbrennen. Die Kinder dort oben sind wichtiger. Alsa: ich helfe von außen, so gut es geht.«
    Er drehte sich um und sagte einem anderen Brandmeister ein paar Sätze. Der nickte, verschwand im Lautsprecherwagen und gab Kommandos. Unser Mann wandte sich uns wieder zu und fuhr fort:
    »Ihr nehmt drei Schläuche mit! Den ersten werft ihr in die dritte Etage hinein! Einfach die Rolle werfen, so weit es geht. Ich sorge dafür, daß Wasser kommt. Die beiden anderen Schläuche halte ich ständig unter Druck. Damit kämpft ihr euch in die vierte Etage hinauf! Wenn ihr verfluchten Idioten den Strahl gegen die Decke des vierten Stockwerks richtet, knallt euch der ganze Dachstuhl auf eure Schädel! Die Balken tragen ihn sowieso nicht mehr lange. Der Druck unserer Spritzen reißt sie weg wie Streichhölzer. Also nehmt euch zusammen, ihr Idioten! Wenn der liebe Gott mit euch geht, habt ihr

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