0088 - Die weißen Teufel von New York
gellender, Mark und Bein durchdringender Triumphschrei aus dem Meer von Feuer und Glut empor?
Phil und ich wollten nach diesen kleinen Gestalten greifen. Der Feuerwehrmann vor uns spreizte seine Arme und hinderte uns. Wir verhielten.
Mit der sachlichen Methodik des Wissenden wurde erst die Klasse ausgespritzt. Fluten von Wasser ergossen sich in die glutende Hitze eines Raumes, der noch nicht restlos vom Feuer erfaßt war.
Sie drehten eine Spritze ab, bis nur noch ein dünner, kläglicher Strahl herausrieselte. Damit spritzen sie die Kinder ab. Dann drehten sie wieder auf und spritzen noch einmal die Wände ab. Mörtel zerbrach wie Glas.
Vor mir tauchte plötzlich eine Frau aus. Ihr linker Arm sah furchtbar aus und hing schlaff an ihrem Körper herunter.
»Zwei sind bewußtlos!« sagte sie.
Wir griffen nach Kindern. Je eines auf jede Schulter. Gegenseitig legten wir uns die nassen Decken über. Zuletzt die vier, die die beiden Spritzen gehalten hatten. Die beiden größten Jungen nahmen wir in unsere Mitte. Sie mußten allein gehen. Wir waren nur elf. Aber es waren vierundzwanzig Kinder.
Die Bewußtlosen nahm Phil, weil er ihnen am nächsten stand. Dann machten wir uns auf den Rückweg. Die Schläuche blieben im Flur liegen. Noch immer kam aus ihnen der dicke, mächtige Wasserstrahl. Vielleicht reichte er aus, um uns den Rückweg zu sichern.
Ich weiß nicht mehr, wie wir hinuntergekommen sind. Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie wir es schafften. Ich kann mich nur noch an eine Einzelheit erinnern. Wir standen plötzlich auf dem Hof. Keiner von uns kapierte, daß er der Hölle entronnen war. Wir standen dicht beieinander und waren jenseits dieser Welt. Vor uns trugen sie eine Bahre vorbei.
Der Brandmeister lag darauf, der uns vorher angebrüllt und Anweisungen gegeben hatte. Ein Arzt sah der Bahre fassungslos nach. Über sein ausgemergeltes Gesicht liefen Tränen.
»Ich hab’s ihm gesagt!« schrie er verzweifelt. »Ich hab’s ihm gesagt! Mit seinen Wunden durfte er einfach nicht weitermachen! Aber er wollte ja nicht eher aufhören, als bis diese Leute wieder aus dem Bau heraus waren! Er hat sich selber zugrunde gerichtet! Ich hab’s ihm gesagt…«
Eine Schwester ging neben der Bahre her und zog die Decke behutsam hoch über das Gesicht des Toten. Wir verstanden es noch immer nicht.
Plötzlich gab es hinter uns ein Krachen, das uns bis in die letzte Gehirnzelle drang. Ein Schrei aus abertausend Kehlen brandete auf und übertönte für den Bruchteil einer Sekunde selbst den Höllenlärm der Flammen.
Funkenstiebend brach der Dachstuhl zusammen. Ohrenbetäubender Lärm zitterte durch die kochende Luft. Ich sah es, als ob es mich überhaupt nichts anginge. Jemand neben mir gab mir auf einmal einen Stoß. In grenzenloser Verwunderung sah ich, daß Phil zusammenbrach und an mir hinabrutschte, als hätte er sich von mir einen letzten Halt versprochen.
Ich sah es, und ich war trotzdem nicht imstande, auch nur einen Finger zu rühren. Als er auf den Boden aufschlug, verschwamm auch vor meinen Augen alles. Ich hatte für den Bruchteil einer Sekunde das Gefühl eines endlosen Sturzes in eine undurchsichtige Nacht, dann war es auch mit mir vorbei…
***
Nach sechs Tagen gingen wir beim Pförtner des Districtsgebäudes vorbei.
Er stierte uns an, als wollte er in Ohnmacht fallen. Vor Staunen vergaß er die Erwiderung unseres Grußes.
Wir stiegen in den Lift und fuhren hinauf. Zum Glück war niemand im Flur, als wir ihn entlanggingen, um Mister Highs Arbeitszimmer zu erreichen.
Ich klopfte.
»Come in!« drang die altvertraute Stimme an unser Ohr.
Wir gingen hinein.
Mister High fuhr von seinem Schreibtisch hoch, als hätte ihn eine Tarantel gestochen. Und das wollte bei diesem beherrschten Mann schon etwas heißen.
Er kam schnell um seinen Schreibtisch herum und hielt uns die Hand hin. Grinsend wiesen wir auf unsere dicken Verbände.
»Entschuldigt, Boys«, sagte er.
Seine Augen glänzten feucht. Er klopfte uns behutsam auf die Schultern. Eigentlich war es mehr ein Streicheln. Dann ließ er es sich nicht nehmen, uns zwei Sessel möglichst bequem vor dem Schreibtisch zurechtzurücken.
Vorsichtig setzten wir uns.
»Seid ihr denn schon wieder so weit, daß ihr aus dem Hospital entlassen werden konntet?«
»Hm«, brummte Phil. »Der Arzt… na ja. Wie Ärzte eben sind. Aber ich verwickelte ihn in eine Diskussion. Er mußte zugeben, daß es jetzt nur noch eines gab: unsere Wunden müssen verheilen. Na,
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