009 - Der Folterknecht
sich nicht gescheut haben, eine so beschwerliche Reise zu unternehmen, um persönlich vorzusprechen.« Er machte eine Pause, ehe er fortfuhr: »Sie haben in Ihrem Schreiben leidenschaftlich und mit viel persönlicher Überzeugung argumentiert. Aber alles, was Sie vorbringen, scheint, nun sagen wir, aus der Art geschlagen. Sie stellen Behauptungen auf, die mir eher das Produkt einer ungezügelten Phantasie zu sein scheinen. Aber bitte, wir lassen uns gern eines Besseren belehren.«
»Ihre Skepsis ist verständlich«, erwiderte ich. »Was in dem Brief steht, kann ich nicht durch Dokumente belegen. Deshalb bin ich auch persönlich erschienen, um Sie von der Richtigkeit meiner Angaben zu überzeugen. Es klingt vielleicht unglaubwürdig, wenn ich behaupte, daß sich alle Dämonen, Blutsauger, Hexen, Werwölfe und Leichenfresser zu einer Familie zusammengeschlossen haben. Aber ist es nicht andererseits verständlich, daß sie, seit einige von ihnen entlarvt und hingerichtet wurden, und man sie nun immer gnadenloser jagt, versuchen, die drohende Gefahr mit vereinten Kräften abzuwehren? Die Einzelgänger unter den Dämonen können leicht gefunden und verbrannt werden, doch wenn sie zusammenhalten und mit List und Tücke die Menschen täuschen, dann kann man ihrer nur schwer habhaft werden. Und im Rudel, unter Asmodis Führung, stellen sie eine immer größer werdende Gefahr für die christliche Menschheit dar. Die Dämonen wollen nicht mehr nur ihren Durst durch Menschenblut und ihren Hunger durch Menschenfleisch stillen, sie wollen Macht über die Menschheit. Wir müssen entsprechende Gegenmaßnahmen treffen. Das heißt, die christliche Menschheit muß sich vereinen und nach allgemeinen Richtlinien, die es festzulegen gilt, gegen die Mächte des Bösen kämpfen. Eine Hexe auf einem Scheiterhaufen bringt noch lange nicht die Erlösung vom Übel.«
Ich war nach dieser langen Rede ganz atemlos. Die beiden Inquisitoren aber blieben weiterhin kühl und sachlich.
Heinrich Institoris beugte sich vor und sagte: »Sie scheinen ein umfangreiches Wissen über die Dämonen zu besitzen. Können Sie uns auch erklären, wann, wie und wo Sie es sich angeeignet haben?«
»Mein Wissen stammt aus persönlichen Erfahrungen mit den Dämonen«, erklärte ich.
»Und wie sehen diese Erfahrungen aus?«
»Wenn ich diese Frage beantworten würde, käme mir diese Zusammenkunft wie ein Verhör vor«, erwiderte ich ausweichend. Ich hielt es nicht für gut, über meinen verhängnisvollen Pakt mit Asmodi zu sprechen.
»Ein Verhör kann auch positive Auswirkungen haben«, meinte Institoris. »Es muß nicht nur dazu da sein, einen Schuldigen zu überführen, sondern verhilft dem Unschuldigen auch dazu, sich von jedem Verdacht reinzuwaschen.«
»Das habe ich nicht nötig, denn ich gedenke meine guten Absichten durch Taten aufzuzeigen.«
»Und welche Taten sollen das sein?« fragte Sprenger.
»Ich will veranlassen, daß die Menschheit einen siegreichen Kampf gegen die Dämonen führt«, antwortete ich. »Es reicht nicht, daß man einen Dämon entlarvt und ihn richtet. Man muß ihn dazu bringen, daß er seine Kumpane verrät und auch die Namen jener nennt, die er zu seinen Sklaven gemacht hat. Es genügt nicht, einen Vampir zu töten, man muß auch seine Opfer von ihrem schrecklichen Dasein befreien, denn auch diese sind Blutsauger und nicht minder gefährlich als die Vampire selbst. Es müssen Erfahrungen gesammelt und allgemein gültige Richtlinien zur Bekämpfung des Hexenunwesens geschaffen werden.«
Die beiden Inquisitoren warfen einander bezeichnende Blicke zu. Sprenger beugte sich zu Institoris vor, flüsterte ihm etwas zu und dieser nickte, ein Lächeln um die Lippen. »Ihre Meinung entspricht bis hierher so ziemlich genau unseren eigenen Vorstellungen von einer gezielten Hexenbekämpfung«, sagte Sprenger nicht ohne Anerkennung. »Vielleicht könnten Sie tatsächlich eine Hilfe für uns sein. Nur wäre noch zu prüfen, ob Sie auch die charakterliche Eignung für das Amt eines Inquisitors haben.«
Ich lächelte. »Ich weiß Ihre Anspielung zu deuten. Sie zweifeln noch, daß ich die Bekämpfung der Dämonen auch wirklich mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln betreiben werde. Ich könnte schwören, dies tun zu wollen, doch ist es vielleicht besser, wenn ich Ihnen einen Beweis erbringe.«
»Und wie?« fragte Sprenger leicht amüsiert.
»Erlauben Sie mir, daß ich in ihrem Beisein einen Dämon überführe«, erklärte ich.
Es
Weitere Kostenlose Bücher