0090 - Atlan in Not
mit der inzwischen weitergegangenen Entwicklung harmonierten. Aber selbst die Arbeit, die keinen Aufschub duldete, konnte jetzt nicht mehr getan werden.
In jeder Minute machte ihn das Robotgehirn mit neuen gefährlichen Momenten im Bereich des Imperiums bekannt. Immer deutlicher zeichnete sich ab, daß Thomas Cardif mit Hilfe des Springers Cokaze eine Lawine ausgelöst hatte - einen Erdrutsch von galaktischem Format.
Nachdenklich sah er jetzt auf den Ring der Nibelungen hinab, der vor ihm lag. Er erinnerte sich, Rhodans Kurier erstaunt angesehen zu haben, als dieser ihn in der Schleuse seines Bootes begrüßte, während der Himmel zur anderen Seite hin von der gewaltigen Riesenkuppel der Mammutpositronik halb verdeckt wurde.
„Ring der Nibelungen?" hatte er noch einmal wiederholt und sich jener Zeiten erinnert, in der ein Günther, Hagen und Siegfried lebten und kämpften. Er hatte sie alle drei gekannt, und ausgerechnet der finstere Hagen war sein Freund gewesen. Aber damals hatte es noch keinen Ring der Nibelungen gegeben; erst die Sage hatte ihn erfunden. „Ach!" hatte Atlan dann in diesem Augenblick ausgestoßen. Sein dazugeschaltetes Extragehirn hatte ihm die Erklärung gegeben. Er war an dem verblüfften Terraner vorbeigegangen, auf die kleine Bordpositronik zu und hatte sich den kleinen, runden Ring an der Verkleidung angesehen, der normalerweise keinen anderen Zweck hatte, als bei einem Einklemmen der Verkleidung als Zuggriff zu dienen.
Einmal hatte Rhodan ihn auf einen ähnlichen Griff aufmerksam gemacht und im scherzenden Ton gesagt: „Ist das nicht der Ring der Nibelungen? Wenn die Verkleidung klemmt und es gäbe ihn nicht daran, wie wollte man an die Speicherschätze der Positronik kommen?"
Rhodans Kurierboot war inzwischen schon wieder gestartet und hatte Kurs auf jenes unbedeutende Sonnensystem genommen, wo die Druuf-Flotte sich auf zwei Planeten versteckt hielt.
Atlan nahm den Ring in die Hand. Es war eine Spezialanfertigung. Im Kurierboot hatte er ihn spielend leicht aus der Öse lösen können, aber trotzdem einige Minuten gebraucht, bis er den Öffnungsmechanismus am Ring gefunden hatte.
„Warum dieser Umstand?" fragte er gereizt und unzufrieden. Ihm gefiel Rhodans Sicherheitskomplex nicht. Er drehte nun den Ring hin und her, ein Leichtmetall mit hoher Zerreißfestigkeit. Vor hundert Jahren hatten die Menschen nicht einmal gewagt, an so etwas zu denken, heute war dieser Stoff in jedem Terranerhaushalt zu finden.
„Aber ja!" Erstaunt über sich selbst schüttelte Atlan den Kopf. Plötzlich wußte er, warum der Ring aus dieser Leichtmetallegierung bestand und warum er zugleich auch der Ring der Nibelungen sein sollte. „Perry, ich muß dir Abbitte leisten! Du bist doch kein großer Romantiker, sondern der alte, prachtvolle Realist mit kleinen romantischen Ambitionen..."
Ein Schnellband trug ihn zur Laborabteilung der Mammutpositronik. Er betrat den für metallurgisch-photographische Untersuchungen eingerichteten Raum. Der Ring wurde vor den 3d-Entwickler gespannt, der mit gesteuerten Magnetfeldern arbeitete und das Metallstück schichtweise abtastete, um sich bei der ersten Spur einer metallurgisch-photographischen Belichtung als 3d-Entwickler umzuschalten.
Atlan nahm im Sessel Platz und sah voller Erwartung auf den Bildschirm. Zur Seite summte leise das 3d-Gerät. Plötzlich flackerte der Bildschirm auf. Der Taster im Entwickler hatte die Schicht mit Rhodans Botschaft gefunden.
Atlan, durch den Zellaktivator vor der Brust seit zehntausend Jahren jung geblieben, konnte trotz all seiner Lebenserfahrung doch noch überrascht werden. Rhodan teilte ihm mit, was das Unternehmen Fliegenpatsche zu bedeuten hatte.
Atlan saß kerzengerade im Sessel. Immer wieder überflog er die Botschaft. „Wenn er das fertigbringt ..." sagte der Arkonide leise vor sich hin. Bewunderung für Rhodan hatte ihn gepackt. „Barbar, ich glaube, du bist deinem Herrn Sohn doch noch etwas voraus!"
Er schaltete den 3d-Entwickler wieder ab, verließ den Raum, und das Schnellband brachte ihn zurück. Die Nachrichten, die in der Zwischenzeit eingelaufen waren, konnten ihn nicht mehr überraschen. Alles steuerte unaufhaltsam dem Zusammenbruch zu.
*
Wieder saßen Atual und Ortece in dem Walzenraumer COK II vor dem Patriarchen Cokaze und Thomas Cardif.
Wieder beschworen die beiden Finanzexperten sie, ihnen die Möglichkeit zum Eingreifen zu geben. „Morgen ist es zu spät, Patriarch! Eine Inflation kennt
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