0090 - Den Teufel zur Hölle geschickt
in Jerrys Wohnung, Doc. Bringen Sie Ihren Verbandskasten mit. Er ist angekratzt worden.«
Ich zog mir die Klamotten vom Körper. Der Oberschenkel war rot vom Blut, und lange Bahnen getrockneten Blutes liefen bis zu den Fußknöcheln hinunter.
Ich hinkte ins Wohnzimmer zurück und ging an den kleinen Schrank, in dem der Whisky stand.
»Für mich auch ein Glas«, bat Phil, und als ich es ihm brachte, sagte er: »Der Bursche, den du erwischt hast, hieß Raggo Terluzzi. Wenigstens fanden wir einen Führerschein bei ihm, der auf diesen Namen ausgestellt ist.«
»So«, sagte ich und goss den Whisky hinunter. »Was ist mit den anderen vierhunderttausend Dollar?«
»Wurden prompt abgeholt. In allen Fällen haben sie es geschickter angefangen.«
Ich fragte Phil nicht danach, ob der kleine Charlie Holster wieder aufgetaucht war. Ich wusste, dass es nicht der Fall war. Es wäre das Erste gewesen, dass Phil mir mitgeteilt hätte, auch ohne dass ich ihn fragte.
Ich nahm noch einen Whisky. Wir warteten schweigend, bis Dr. Beyres kam.
***
Der Doc nahm mir die Whiskyflasche aus der Hand, schleifte mich ins Badezimmer zurück und wusch eigenhändig mein Bein.
»Zwei Schüsse, Jerry«, knurrte er. »Das Bein ist zweimal getroffen worden. Einmal war’s nur ein Kratzer, aber die zweite Kugel ist tiefer durchgegangen. Ich muss das desinfizieren.«
Was er mit mir machte, tat höllisch weh, und zum Schluss jagte er mir noch eine beachtliche Spritze mit Antitetanus-Serum unter die Haut.
»Für alle Fälle!«, brummte er als Kommentar.
Ich zog mich an, sobald der Arzt gegangen war.
»Wo will Mr. High mich sprechen?«, fragte ich.
»Im Büro. Er wartet. Er hat gesagt, ich brauchte dich nicht zu drängen. Er hätte ohnedies die ganze Nacht zu tun.«
Als wir auf die Straße kamen, stand ein Junge an der Ecke und schrie die Schlagzeilen seiner Zeitung aus:
Kidnapper raubten den Sohn von Charles Holster! G-man erschießt Gangster bei der Geldübergabe! Was wird aus dem Kind?
Ich erstarrte zu Eis, als ich diese Sätze, herausgeschrien aus der heiseren Kehle eines Zeitungsboys, hörte. Unwillkürlich tat ich einen Schritt auf den Boy zu, um ein Blatt zu kaufen, aber Phil hielt mich am Arm fest.
»Unnötig, dass du es liest«, sagte er leichthin, aber nicht ohne Ernst. »Sie bewerfen dich reichlich mit Dreck!«
Er schob mich in den Jaguar und setzte sich selbst hinter das Steuer. Während wir zum Hauptquartier fuhren, erzählte er: »Es war nicht zu verhindern, dass der Fall jetzt in die Zeitungen kam. Die Reporter bekamen die Schießerei auf der 18. Straße mit. Sie erfuhren, worum es sich bei der Sache gehandelt hatte, und sie gaben daraufhin nicht eher Ruhe, bis sie Charles Holster selbst sprechen konnten. Vielleicht war es auch Kenneth Spider, mit dem sie redeten. Jedenfalls nahm man auf der Seite der Familie Holster kein Blatt vor den Mund. Die Holsters schieben kurzerhand dir die Schuld an allem, was eventuell passieren sollte, in die Schuhe.«
»Was soll ›eventuell‹ passieren«, wiederholte ich bitter. »Alles, was noch passieren kann, ist längst geschehen. Der Junge ist tot. Es handelt sich nur noch darum, seine Leiche zu finden.«
»Solange wir die Leiche nicht gefunden haben, glaube ich nicht, dass er tot ist«, antwortete Phil und stoppte vor dem Hauptquartier. Es war nett von ihm, das zu sagen, aber ich wusste, dass er es nur sagte, um mich zu trösten. Nach allen Erfahrungen in Kidnapperfällen bestanden keinerlei Hoffnungen mehr, dass Charlie Holster noch lebte.
***
John D. High, unser Chef saß in seinem Büro. Vor seiner Tür bemühten sich zwei kräftige Kollegen, eine Meute von wild gewordenen Zeitungsmännern zur Räson zu bringen.
»Seid vernünftig, Jungs!«, rief einer von ihnen. »Der Chef weigert sich, euch irgendwelche Auskünfte zu geben, was mit dem G-man geschehen wird, der an der Sache in der 18. Straße beteiligt war.«
Wir schlüpften an den Reportern vorbei in Highs Büro. Als ich eintrat, stand er hinter seinem Schreibtisch auf, kam auf mich zu und schüttelte mir die Hand.
»Setzen Sie sich, Jerry«, sagte er völlig unverändert in seiner gewöhnlichen Art.
Ich nahm meinen Stammsessel ein. Auf Mr. Highs Schreibtisch lagen ein Stoß Zeitungen und Extrablätter. Ich konnte einen Teil der Schlagzeilen lesen. Alle beschäftigten sich mit der Kindesentführung und den Schüssen auf der 18. Straße.
»Wollen Sie mir erzählen, wie es zu dem Kugelwechsel gekommen ist, Jerry?«, fragte
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