0091 - Ernst Ellerts Rückkehr
Zeit im Universum der Druuf wieder zweiundsiebzigtausendmal langsamer lief als zum Beispiel auf der Erde. Heute verging sie halb so schnell. Da die Druuf groß und schwer waren, fiel das überhaupt nicht auf, außerdem hatte Ellert sich an den Anblick der schwerfällig erscheinenden Druuf gewöhnt, ohne immer daran denken zu müssen, daß für sie die Zeit nur halb so schnell verging wie etwa für einen Terraner.
Er spürte die Gedanken eines näher kommenden Druuf.
Ein Mensch - also ein körperliches Wesen - wäre sicherlich in Versuchung geraten, sich verstecken zu wollen, aber Ellert war kein Mensch in diesem Sinne. Er blieb, wo er war und kein Wesen hätte ihn entdecken können, wenn er es nicht wollte.
Ein Druuf bog um die Ecke des Korridors, aber Ellert wußte bereits, daß es der Wärter war, der Onot das Abendessen brachte. Eine gute Gelegenheit, gleich zwei Dinge auszuprobieren, dachte Ellert zufrieden. Er konnte sehen, wie Onot sich ohne seinen Einfluß verhalten würde, und er konnte gleichzeitig versuchen, den Wärter zu übernehmen.
Der Druuf versorgte zuerst die Gefangenen auf der anderen Gangseite, dann gelangte er an die Tür, hinter der Onots Zelle lag. Er öffnete die Klappe und schob einen Napf auf die entstandene Tischplatte.
„Das Essen, Onot", sagte er und wartete, bis der Gefangene an die Tür kam, um den Napf zu holen. Nun, alles bereit für die Nacht?"
Onot schien geschlafen zu haben, denn es dauerte fast eine halbe Minute, bis er an der Tür war und antworten konnte.
„Alles in Ordnung", gab er zurück. Dann nahm er den Topf und kehrte zum Bett zurück. Mit keinem Impuls dachte er daran, den abwesenden Ellert zu verraten.
Der Wärter schloß die Klappe und schlurfte davon. Ellert folgte ihm - bildlich gesprochen - bis zum Wachraum. Zwei weitere Druuf weilten dort und bereiteten sich auf die Nacht vor. Hinter dem Raum lag ein Metallgitter mit einem anschließenden Gang. Er endete, so wußte Ellert, in einem Kontrollraum, wo jeder Besucher mit Strahlen nach Waffen oder Werkzeugen abgetastet wurde. Außerdem befand sich hier die Registratur. Jeder Häftling wurde von ihr elektronisch erfaßt. Wenn er das Gefängnis betrat, wurde das genauso registriert wie ein Verlassen.
Ellert überließ die drei Wärter sich selbst, nachdem er erfahren hatte, daß sie die einzigen Nachtbeamten innerhalb des eigentlichen Gefängnisses waren. Lediglich am Ausgang saß noch ein Druuf, der das elektronisch gesteuerte Tor bediente. Onot war kaum überrascht, als er Ellert wieder fühlte.
„Du hast einen Ausflug unternommen?" fragte er und löffelte den Rest des undefinierbaren Breis. „Ich glaube, im ganzen Universum ist die Gefängniskost gleich schlecht. Wenn ich keinen Hunger hätte ..."
„Du mußt bei Kräften bleiben", ermahnte ihn Ellert. „Ich habe mir die Verhältnisse angesehen. Eine Flucht dürfte unter diesen Umständen nicht sehr schwer sein. Vergiß nicht, sie muß ganz normal aussehen. Auch muß es heute geschehen, denn morgen ist es zu spät." Er ahnte nicht, wie richtig seine Ansicht war. „In einigen Stunden, wenn die Stadt schläft, werde ich einen Wärter übernehmen und hierherkommen. Sobald er die Tür öffnet, schlägst du ihn nieder. Traust du dir das zu?"
Onot schob den Napf unter das Bett.
„Ich denke schon. Zwar widerstrebt mir jede Art von Gewalt, aber in meiner Lage muß ich mich über gewisse Prinzipien hinwegsetzen. Was nehme ich als Waffe?"
„Leider kann ich dir keine bringen. Der Stuhl dort wird genügen, wenn du ein Bein abbrichst. Treffen wir schon jetzt alle Vorbereitungen."
Der Stuhl sah zwar zerbrechlich aus, aber er war es nicht. Onot mußte sich gewaltig anstrengen, um ein Bein zu lösen, das eine beachtliche Keule abgab.
„Natürlich könnte ich dir durch den Wärter eine Strahlwaffe geben lassen, aber dann wird deine Flucht schon geheimnisvoll, und gerade das darf sie nicht sein. Sie muß ganz normal aussehen."
Onot streckte sich auf dem Bett aus. Das Stuhlbein legte er neben sich.
„So, von mir aus kann es losgehen. Zu dumm, daß es keine andere Möglichkeit gibt, den Obersten Richter zu überzeugen."
„Ich wecke dich, wenn es Zeit wird", sagte Ellert und überging die Bemerkung. „Schlafe jetzt."
Onots Atemzüge verrieten bald, daß er tatsächlich eingeschlafen war. Die eigentliche Last und Angst war von ihm abgefallen. Er sah seiner Zukunft nicht mehr so bedrückt entgegen. Ellert ruhte auch, wenn natürlich auch von Schlaf bei ihm nicht
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