0091 - Götzen und gelbe Gangster
Vorhängen neben einer Telefonzelle warten.
Wir stiegen ein. Anthony Robson, der Leiter der Mordkommission, saß allein auf der hinteren Sitzbank.
Wir schüttelten ihm stumm die Hand.
»Der erste Lichtblick«, sagte er, als der Fahrer den Wagen schon durch das dichte Verkehrsgewühl einiger Geschäftsstraßen steuerte. »Wir wissen zum ersten Mal, wer das Opfer ist. Wir können die Leiche identifizieren. Jetzt werden wir versuchen, von dem Mädchen her den Fall aufzurollen. Und wenn wir zwanzigtausend Menschen überprüfen müssten, die jemals mit dem Mädchen zu tun hatten. Es ist unsere einzige Möglichkeit.«
»Wir haben die Identität eines anderen Opfers inzwischen herausfinden können«, sagte ich. »Das Mädchen heißt Mi Fu Cho. Ihr Vater ist ein gewisser Dr. Tschi Mang, ein pensionierter Chemiker. Wir lernten ihn durch einen Zufall kennen und konnten ihm einen kleinen Dient erweisen, durch den er sich uns verpflichtet fühlte. Das öffnete ihm die Zunge.«
Robson sah uns groß an.
»Donnerwetter«, staunte er. »Das ist ja großartig. Da wir die Identität von zwei Opfern immerhin schon kennen, werden wir den Bekanntenkreis beider Mädchen überprüfen. Vielleicht gibt es da einen Menschen, der beiden Mädchen bekannt war, das würde einen gewissen Verdacht auf ihn werfen.«
Wir schwiegen eine Weile während der Wagen ohne Polizeisirene weiter durch die Straßen rollte. Da auf den Rücksitzen die Vorhänge zugezogen waren, herrschte ein dämmriges Zwielicht. Nach ein paar Minuten sagte Robson: »Die Leiche wurde an der Westküste gefunden, hinter einem Turmkran. Sie ist von den Mördern dort erst hingebracht worden, nachdem sie bereits tot war, das steht fest.«
»Wir können uns dort doch jetzt nicht sehen lassen«, warf ich ein. »Es dürfte nicht gut sein, wenn wir mit Ihnen zusammen gesehen werden.«
Robson schüttelte den Kopf.
»Man wird Sie nicht sehen, Cotton. Da wir mit weiteren Morden rechnen mussten, hatte ich gewisse-Vorkehrungen getroffen. Jeder einzelne Cop in Frisco wusste genau, welche Telefonnummer er anzurufen hat, wenn ihm das Auffinden einer weiblichen Leiche gemeldet wird. Über Washington war uns Militärunterstützung zugesagt worden. Sobald die genannte Telefonnummer angerufen wird, erscheint eine Kompanie Militärpolizei am Fundort und sperrt im Umkreis einer halben Meile alles ab. Das sieht dann so aus, als ob irgendetwas geheimes Militärisches vor sich ginge. Wir werden mit dem Wagen durch die Postenkette fahren und erst am Fundort der Leiche aussteigen. Das ist soweit von der Absperrung entfernt, dass uns mit bloßem Auge kein Neugieriger mehr erkennen kann.«
»Gut«, sagte ich. »Da ist gut. Außerdem hält es dieileporter wirkungsvoll ab. Für militärische Geheimniskrämerei haben die Burschen eigentümlicherweise immer Verständnis, nur bei der Polizei nicht.«
»Tja«, nickte Robson, »so ist das nun mal. Wir sollen jeden-Verbrecher möglichst schnell kriegen, aber wir sollen vorher auch schon den Zeitungsleuten gegenüber unsere Karten auf decken. Dabei lässt sich meistens nur eins von beiden tun, entweder den Verbrecher kriegen oder zu früh die Karten auf decken. - Übrigens sind wir gleich da.«
Wir hatten in der letzten Zeit typisches Hafengelände durchquert, und jetzt sahen wir vom vor der Windschutzscheibe die Uniformen stämmiger Militärpolizisten auftauchen. Der Fahrer stoppte einen Augenblick und hielt ein Papier durchs Seitenfenster. Erbekam es schnell zurück und draußen brüllte eine Stimme ein paar Befehle.
Die Absperrungskette der Militärpolizei öffnete sich gerade so breit, dass unser Wagen passieren konnte. Eine Minute später hielten wir zu Füßen eines an die dreißig-Yard hohen Stahlgerüstes, auf dem der schwenkbare Kranausleger mit dem Führerhaus saß.
Wir stiegen aus. Vor lins lag der stille Ozean mit seinem endlos weiten Horizont. Neben dem Kran stand ein Transportwagen des Leichenschauhauses. Auf einer Bahre lag eine Gestalt, deren Umrisse sich schwach unter einer Gummidecke abzeichneten.
Ein paar Männer, Mitarbeiter der Mordkommission, standen herum und kamen sich offensichtlich überflüssig vor. Neben der Bahre stand ein alter Chinese in einem gut gearbeiteten, dunkelgrauen Anzug mit seidener Krawatte und kleiner Perle.
Sein Gesicht war bleich. Die schmalen Augen schienen ins Endlose zu starren. Maskenhafte Starre beherrschte dass wächserne Antlitz.
»Ihr-Vater«, erklärte Robson leise. »Er hatte gestern eine
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