0091 - Götzen und gelbe Gangster

Schlagzeile auf dem roten Papier. Gesucht wegen Mordes…
    Robson warf einen langen Blick hinüber zu Brockly.
    »Gesucht wegen Mordes«, sagte er langsam. »Jimmy Dooscamp, geboren am 21.02.1928 in Kansas City. Ihre Rolle als Jack Brockly ist ausgespielt, Mister Dooscamp.«
    ***
    »Wenn man nicht alles selber macht«, sagte Choa Tse verächtlich, und es klang wie die Klage eines alten Gangsterhäuptlings, der mit der »Arbeit« seiner Untergebenen überhaupt nicht zufrieden ist.
    Der junge Bursche kam zur Tür herein. Die Mündung seiner Maschinenpistole zeigte genau auf Phil und mich.
    Wir verharrten regungslos. Choa Tse stieß seine Gangster mit den Füßen sehr unsanft an. Stöhnend kehrten die fünf in die Wirklichkeit zurück.
    Mit ein paar gezischten Worten trieb er sie hoch. Man sah es den erwachsenen Männern an, dass sie einen maßlosen Respekt vor diesem halbwüchsigen Gangsterkönig hatten.
    Hastig sammelten sie ihre Messer ein. Aber keiner tat mir den Gefallen, mal in die Schusslinie der Tommy Gun zu kommen. »Wissen Sie, was Moa Tang ist?«, fragte Choa Tse.
    Wir schüttelten stumm den Kopf.
    Der junge Gangster zog ein spitzes Stäbchen von doppelter Handlänge aus seinem Rock. Die Spitze war nadelfein und bräunlich gefärbt.
    »Da ist ein altes Gift«, sagte er langsam mit einem hämischen Grinsen. »Man braucht einem Menschen nur leicht die Haut damit zu ritzen, und innerhalb einer Stunde wird er in seinen Eingeweiden die sieben Höllen brennen fühlen. Kein Mensch kann das aushalten. Alle zerfleischen sich mit ihren eigenen Fingernägeln. Es gibt bis heute kein Mittel gegen dieses Gift.«
    Wir sagten nichts. Aber ich gestehe, dass uns ein bisschen kühl wurde.
    Choa Tse hielt das spitze Stäbchen hoch.
    »Sie werden jetzt einzeln vor uns hergehen. Jedem wird die Spitze eines mit Moa Tang bestrichenen Stäbchens ins Genick gehalten. Wenn Sie nur die leiseste verdächtige Bewegung machen, stoßen wir zu. Wie gesagt, ein kleiner Hautritzer genügt, und Sie werden sich selber zerfleischen, das haben bisher noch alle getan, weil Moa Tang die Eingeweide verbrannte. Los. Zuerst Sie.«
    Well, was blieb uns übrig? Ich musste den Anfang machen. Ich spürte, wie die feine Spitze des Stäbchens meinen Nacken berührte. Mir lief etwas kalt den Rücken hinab. Diesen Halunken traute ich alles zu.
    Es ging durch den menschenleeren Flur zum Fahrstuhl. Choa Tse stieg mit zwei Mann seiner Garde ebenfalls ein. Dann drückte er den untersten Knopf. Surrend setzte sich der Fahrstuhl in Bewegung.
    Er hielt erst im Keller. Rote Backsteinwände lagen im trüben Licht einer verstaubten Glühbirne. Es ging durch einen langen Flur, der plötzlich aufhörte. Choa Tse bedeutete mir mit einer herrischen Geste, dass ich mich umdrehen sollte. Mit der gebührenden Vorsicht wegen des Stäbchens im Nacken tat ich es.
    Hinter mir summte plötzlich etwas. Es hörte sich an wie ein kleiner Elektromotor. Als es wieder still war, musste ich mich abermals umdrehen. Wo eben noch nackte Ziegelwand gewesen war, gähnte jetzt eine schwarze Öffnung.
    Choa Tse, der noch immer seine Maschinenpistole in der Hand hielt, stieg durch das schwarze Loch und knipste irgendwo. Das leise Geräusch drang deutlich in meinen Ohren.
    Bläuliches Licht glomm auf und beleuchtete eine gespenstische Aufmachung.
    Hinter der Öffnung erstreckte sich eine kleine Halle, in der es von blauen Lampions, vergoldeten Drachenfiguren und goldenen Gegenständen wimmelte, deren Form und Bestimmung jedem Uneingeweihten ewig ein Rätsel bleiben musste.
    Dicke Teppiche bedeckten den Fußboden. Etwa in der Mitte der Halle stand eine Art Thron, vergoldet und mit überreichlich viel Schnörkelschnitzerei versehen. Genau davor ließen die Teppiche eine kreisförmige Mulde frei. Im Vorbeigehen sah ich, dass die Mulde in den Zementfußboden eingelassen war.
    Und ich sah noch etwas anderes. Der Zementboden der Mulde war von dunklen Flecken besudelt.
    Eine schaurige Ahnung stieg in mir auf.
    Aber ich konnte mir den Platz nicht genauer betrachten, denn ich wurde quer durch die Halle geführt. Ein schwerer goldbestickter Vorhang wurde beiseite geschlagen. Wir kamen in eine Art Seitengemach der Halle.
    Hier standen eigenartige Geräte herum. Gebogene Eisenklammem, Räder imd Winden, glänzten bläulich im Widerschein der blauen Lampen.
    Plötzlich war mir eines klar, ich war am Schauplatz dieser fürchterlichen Morde, die das FBI San Francisco seit Monaten beunruhigten. Hier wurden auf