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0091 - Lucifers Bücher

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Titel: 0091 - Lucifers Bücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Brand
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lähmen, stellte Domdonar sich zum erstenmal in seinem Leben die Frage: Wer ist mein Vater?
    Als er fühlte, die Augen öffnen zu müssen, war er von drei Lichtbringern umringt, die ihn in ihr eiskaltes Blaulicht einhüllten.
    Ihr gebündelter Gedankenstrahl erreichte sein Gehirn.
    Sie gaben ihm Antwort auf seine letzte Frage.
    »Was…?« stieß er fassungslos aus. »Wer soll mein Vater sein…?«
    Aber auf diese zweite Frage erhielt er von den drei Lichtbringern keine Antwort mehr.
    Sie wiederholten sich nie.
    Und sie verschwanden in der Wand mit den kostbaren Mosaikbildern. Sie ließen einen Domdonar zurück, der sich blitzschnell von seiner Verwirrung erholt hatte, der plötzlich satanisch auflachte und sich in hemmungsloser Vorfreude die Hände rieb.
    »Zamorra, ich werde dich sterben lassen, wie noch nie ein Mensch vor dir gestorben ist! Ich, der Sohn von…« Aber die letzten entschlüsselnden Worte kamen nicht mehr über seine Lippen, denn mit schmerzhaftem Erschrecken erinnerte er sich der Nachricht der »Drei Krallen der Finsternis«, daß sich Sibylle, seine Mutter, in der geweihten Grotte in größter Gefahr befand.
    Er sprang vom Ruhelager, stürmte hinaus und rief nach seinen Männern, die im Atrium den warmen Abend in Gesellschaft von kichernden, kreischenden Sklavinnen verbrachten.
    Kaum war sein Befehl laut geworden, als alles Lachen verstummte. Die Sklavinnen huschten auf nackten Füßen davon, die Männer liefen auf Domdonar zu. Sterne schienen vom wolkenlosen Nachthimmel. Die bleiche Sichel des Mondes zeichnete sich darauf ab, und in der Ferne war der Feuerschein des Vesuvs zu sehen, der sein flackerndes Licht weit und hoch in den dunklen Nachthimmel warf.
    Ein gespenstisches Bild. Die richtige Atmosphäre für die dämonischen schwarzen Kräfte der ewigen Finsternis und zugleich eine Umgebung, in der sich die fanatischen Luciferen wohlfühlten.
    Instinktiv.
    »Wir reiten zur Grotte der wahrhaftigen Bücher!«
    Wenige Minuten später trommelte Hufschlag durch Cumae und verklang in Richtung des alten Kraters.
    Über Kampanien schien stiller Nachtfriede zu liegen. Nicht einmal der Vesuv grollte. Er spie nur seine Flammenfackeln in die Nacht.
    Der Nachtfriede täuschte, denn Domdonar mit seinen Luciferen war unterwegs…
    ***
    Die beiden Männer von der Polizia stradale standen hinter einer Mauerecke und pumpten ihre keuchenden Lungen voll frischer Luft. Vom herrlichen Nachthimmel sahen sie nichts. Auch der feuerspeiende Vesuv interessierte sie nicht. Voll und ganz waren sie nur bemüht, ihre eben so mühsam wiedererworbene Freiheit zu behalten. Daß sie eingehüllt in die weißen Gewänder ihrer Tempelwürger nun jedem Kampanier als Dämonenbeschwörer erscheinen mußten, ahnten sie nicht.
    Sie wollten raus aus dieser antiken, ihnen so völlig fremdartigen Stadt, denn zeit ihres Lebens hatten sie sich für das alte Imperium Romanum nie interessiert. Pompeji und Herculaneum waren ihnen verschwommene Begriffe. Cumae sogar ein unbekanntes Fremdwort.
    Beide hatten sich an diese bequemen römischen Sandalen gewöhnt. Es war ein Genuß, sie zu tragen und damit zu laufen.
    Mente und Trifallini stellten wie auf Kommando ihr Flüstern ein, als sie Hufschlag herankommen hörten. Sie drückten sich noch ein Stück tiefer in die Hausecke. Der kalkweiße Anstrich der niedrigen Hausfront stellte eine erstklassige Tarnfarbe dar.
    Eine Reitergruppe, zehn oder elf Mann stark, ritt ahnungslos an ihnen vorüber. Luigi und Arturo atmeten erleichtert auf, als sie den Hufschlag verklingen hörten. Irgendwo bellten Hunde. Die alten Römer mußten auch schon Tiernarren gewesen sein.
    »Jetzt aber nichts wie weg!« flüsterte Trifallini, der sich an seine Zahnlücke schon gewöhnt hatte und durch das Loch beim Sprechen nicht mehr pfiff.
    Der feuerspeiende Vesuv war ihr Wegweiser.
    Ab und zu stolperte einer, denn asphaltglatt waren die antiken Straßen noch nicht gewesen. Aus dem Tempelbezirk und dem Wohnbereich der Nobiles gelangten sie ins bürgerliche und dann ins Armenviertel am Rande der kleinen Stadt, in der mehr Griechen als eingesiedelte Römer wohnten.
    Wie aus dem Boden gewachsen tauchten drei römische Soldaten auf, die vom Castell XXXII ihre gewohnte nächtliche Streife gingen.
    »Dämonenbeschwörer!« schrie der Boß der dreiköpfigen Gruppe, der schon in Kleinasien und Rhaetia Noricum bewiesen hatte, keine Furcht zu kennen. Aber Dämonenbeschwörer waren für ihn das rote Tuch. Er haßte sie wie die Pest, weil

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