0093 - Der Feind im Dunkel
ihnen. Ich kenne diese Stadt besser als irgendein anderer."
„Aber die Phchauchol", wandte Lchox ein. „Du fürchtest dich vor ihnen! Hast du das nicht gesagt?"
„Natürlich fürchte ich mich vor ihnen", gab Grghaok zu. „Ich habe einmal einen von ihnen zu spüren bekommen."
„Wie war das?" fragten Nrrhooch und Lchox wie aus einem Mund.
Grghaok streckte beide Handflächen nach oben.
„So genau kann ich es nicht mehr sagen. Es ist schon lange her. Ich erinnere mich, daß mich von hinten ein fürchterlicher Schlag traf ... das war, als der Phchauchol mich ansprang. Dann erinnerte ich mich an nichts mehr bis zu dem Zeitpunkt, zu dem ich wieder aufwachte und feststellte, daß ich mitten auf der Straße lag."
„Im Wasser?!" fragte Nrrhooch staunend.
„Nein, natürlich nicht. Im unversehrten Teil der Stadt. Sonst wäre ich doch ertrunken. Niemand hat so viel Luftvorrat, daß er eine ganze Ohnmacht im Wasser überstehen kann."
„Mchchm", machte Lchox, „wenn ich dich richtig verstehe, hast du den Phchauchol also gar nicht gesehen, wie?"
„Nein", antwortete Grghaok, „gesehen habe ich ihn nicht, nur gespürt."
„Mchchm", wiederholte Lchox, „dann können es ebenso gut die Fremden gewesen sein, von denen Nrrhooch glaubt, daß sie in Pchchogh leben."
„Kann sein", gab Grghaok zu. „Vielleicht werden wir es bald herausfinden."
Er stand auf und öffnete die kleine Bootsschleuse.
„Wir wollen gehen", schlug er vor. „Vielleicht sind die Terraner wirklich in Gefahr."
Nrrhooch, als der Jüngste, stieg zuerst aus. Das kleine Boot lag dicht vor der Ruine des Kunststeingehäuses, das einst die Stadt Pchchogh umgeben und vor dem Wasserdruck geschützt hatte.
Jetzt war das Gehäuse an vielen Stellen zerbrochen, und man konnte die Stadt betreten, ohne eine Schleuse zu benutzen. Im übrigen hatten viele der Schleusen schon lange den Dienst aufgegeben und waren selbst nichts weiter als Löcher, wie zum Beispiel die Nordschleuse, die ganz in der Nähe lag.
Grghaok führte sie zunächst in den überfluteten Teil der Stadt hinein. Der Alte bewegte sich vorsichtig, behende schwimmend und jede mögliche Deckung ausnutzend, und seine Begleiter folgten ihm in gleicher Weise.
Nrrhooch wurde ein wenig unheimlich zumute, als er Grghaok schließlich durch eines der dunklen Fenster in eine Wohnung hineinschwimmen sah, aber er folgte ihm ohne Zögern, wobei er die fremde Waffe in die Hand nahm und inbrünstig hoffte, sie möge auch im Wasser ihren Dienst tun.
In der Finsternis war plötzlich Grghaoks Stimme. Sie erklärte: „Aus einem Grund, den ich nicht kenne, besitzt diese Wohnung eine besondere Schleuse. Vielleicht war ihr Besitzer ein vorsichtiger Mann und glaubte, daß die Stadt eines Tages überflutet werden würde. Für diesen Fall wollte er einen sicheren Ausgang haben. Auf jeden Fall führt das jenseitige Schleusenluk mitten in den trockenen Teil von Pchchogh hinein. Als ich zum letztenmal hier war, das war vor etwa fünfhundert Tagen, hatten die Fremden die Schleuse noch nicht entdeckt. Ich hatte sie mit Zeichen versehen und konnte das an den unversehrten Zeichen erkennen."
Schwaches gelbes Licht fiel durch die leere Fensterhöhle herein. Nrrhoochs Augen mußten sich erst wieder an die Dunkelheit gewöhnen. Dann sah er, wie Grghaok sich im Hintergrund des Raumes an der Wand zu schaffen machte. Er schwamm hinzu, um ihm zu helfen. Gemeinsam bewegten sie das schwere Luk, das die Schleuse verschloß und dem die Jahrhunderte in der überfluteten Stadt wenig ausgemacht zu haben schienen.
Der Raum dahinter war klein. Sie hatten Mühe, alle drei gleichzeitig darin Platz zu finden. Sie zogen das Luk hinter sich zu und warteten darauf, daß die Pumpen anfingen zu arbeiten. Eine Weile verging, ohne, daß etwas geschah. Grghaok machte sich derweilen an dem Außenluk zu schaffen und untersuchte anscheinend die Zeichen, die er vor langen, langen Tagen angebracht hatte.
„Sie haben sie immer noch nicht entdeckt", rief er hocherfreut.
Das wird uns nicht viel nützen, dachte Nrrhooch traurig, wenn die Pumpen...
Aber im selben Augenblick begann das Wasser sich zu bewegen, zu quirlen und zu schäumen. Ein mächtiger Sog riß es zur Rückwand des kleinen Raumes hin und ließ es durch den Pumpentrichter verschwinden. Nach zwei Tausendstel-Zehntel war die Schleuse frei von Wasser und mit reiner, gut atembarer Luft gefüllt.
Sie zogen das äußere Luk auf. Das ging so schwer, daß sie alle drei damit zu tun hatten.
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