0093 - Mord in der Mumiengruft
die Gangwand und fing mich wieder. Dieser kleine Vorfall hatte mir gezeigt, daß es nicht gut war, im Finstern weiterzulaufen.
Ich schaltete die Lampe ein.
Diesmal half mir der helle Strahl. Ich erkannte eine offenstehende Steintür, die in eine grottenartige Höhle führte, in der sich ein gewaltiger Schatz stapelte. Das Funkeln und Gleißen lenkte mich trotzdem nicht von den wahren Ereignissen ab.
Das waren die beiden Monster und die Frau.
Juana Alvarez lag auf dem Rücken, halb begraben unter dem wertvollen Gold und Geschmeide.
Eine Mumie hatte sich über sie gebeugt, und es sah so aus, als würde sie die Frau würgen. Ich konnte ihr momentan nicht zu Hilfe eilen, denn da war die zweite Mumie, die mich bemerkt hatte und sofort angriff.
Sie machte das äußerst geschickt.
Bevor ich meine Waffe ziehen konnte, hatte sie sich den Deckel des Sarkophags geschnappt und hielt ihn als schützenden Schild vor ihren Körper.
Dann griff sie an.
Wuchtig hechtete sie mir entgegen. Ich kam nicht mehr ganz weg, wurde von dem Deckel gestreift und zurückgeworfen.
Mit der Leiste prallte ich gegen die Türecke, biß die Zähne zusammen und zog den Kopf ein, da die Mumie mit dem Deckel zudrosch.
Über mir krachte er gegen die Wand, splitterte, und ein Stück Holz traf mich am Schädel.
Beide Fäuste jagte ich hoch.
Sie trafen das Kinn des unheimlichen Gegners und schleuderten ihn zurück.
Die Mumie torkelte quer durch das unterirdische Verlies und gab mir somit die Chance, an das andere Ungeheuer und an Juana Alvarez zu kommen.
Wuchtig sprang ich die Mumie an und schleuderte sie zurück. Für einen Sekundenbruchteil fiel mein Blick auf Juana Alvarez, und ich sah die schrecklichen Wunden an ihrem Hals und die gebrochenen Augen.
Der Frau konnte niemand mehr helfen.
Doch da war der Mörder.
Ich kreiselte herum.
Das heißt, zur Hälfte schaffte ich es, dann kam ich mir vor, als wäre ich gegen eine Gummiwand gelaufen. Plötzlich schien die Luft das Dreifache zu wiegen. Die Mauern der Höhle verschwanden, andere traten an deren Stelle.
Ich sah fremdartig gekleidete Menschen, hörte eine Sprache, die ich nicht verstand, und sah dicht vor mir eine hohe Treppe, die hoch zu einem Opferaltar führte.
Dort lag eine Frau, und dort standen drei Priester, von denen der mittlere seltsam verschwommen wirkte.
Ich begriff die Ereignisse zwar nicht, wußte aber dennoch, was geschehen war.
Ein Zeitparadoxon hatte mich um tausend Jahre zurückversetzt. Ich befand mich in der Welt der Mayas…
***
Bill Conolly schaute auf die Uhr.
Suko grinste ihn von der Seite her an. »Du bist viel zu nervös«, stellte er fest.
Der Reporter hob beide Hände. »Verdammt, bist du nicht unruhig? Schließlich ist John in diesem Loch da verschwunden!« Er deutete auf den kleinen See.
»Wir haben ihm eine gewisse Zeitspanne eingeräumt«, sagte der Chinese.
»Das weiß ich selbst.«
»Was regst du dich dann auf?«
»Mit dir kann man nicht sprechen!«
Suko lachte, obwohl er sich ebenfalls Sorgen machte, nur zeigte er dies nicht so. Er hatte sich eben besser in der Gewalt als Bill Conolly.
Um sie herum befand sich der Dschungel. Ein ruhiger, stiller Urwald, in dem kein Vogel schrie, kein Raubtier fauchte oder ein Affe kreischte. Das alles schien meilenweit entfernt zu sein.
Unbehaglich hob Bill Conolly die Schultern.
»Was ist los?« fragte Suko.
»Wenn du mich schon so fragst, ich für meinen Teil fühle mich verflucht unwohl. Man kann das Gefühl haben, sich in einer gewaltigen natürlichen Gruft zu befinden. Ich werde einfach die Ahnung nicht los, daß irgend etwas gleich passiert oder passieren muß. Das ist die Ruhe vor dem Sturm.«
Suko antwortete nicht, er schaute sich statt dessen um. Seine Blicke versuchten das Grün der Dschungelwände zu durchbohren, lauerten auf eine Bewegung. Es geschah nichts.
Alles war und blieb still.
Minuten vergingen. Die beiden Männer sprachen kein Wort. Sie warteten nur ab.
Dann aber trafen sie die Ereignisse wie Hammerschläge. Urplötzlich veränderte sich die Umgebung.
Bill sah es zuerst. »Da, sieh doch, der Dschungel, er tritt zurück. Wir sind…«
Der Reporter sprach nicht mehr weiter. Sein ausgestreckter Arm blieb mitten in der Luft hängen, bevor er ganz langsam nach unten sank. Auch Sukos Bewegungen liefen langsamer, während sich die Umgebung um sie herum doppelt so schnell veränderte.
Auf einmal war alles anders.
Nur Suko und Bill standen noch da.
Jedoch nicht mehr in den Fragmenten
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