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0096 - Die Seelenfänger

0096 - Die Seelenfänger

Titel: 0096 - Die Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhart Hartsch
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Nähe verschwinden, müssen schließlich irgendwo bleiben. Ich mag ihnen weder folgen noch zu dicht an den Turm herangehen. Etwas hält mich zurück. Die Angst ist noch stärker als mein Forschungsdrang. Gleichzeitig weiß ich, daß ich von dieser Entdeckung niemals mehr loskomme. Ich habe den Turm noch nicht betreten und doch bin ich sein Gefangener. Was spielt sich im Inneren ab?«
    Zamorra hielt inne.
    Mittlerweile beschäftigten sich auch mit ihm die ungebärdigen, ungeduldigen Tiere. Es hatte besonders der Anführer der Herde, dieser besonders große schwarze Bock, ein Interesse an dem Professor. Das Vieh bohrte ihm die Hörner in den Rücken, stieß mit dem Kopf. Die gespaltenen Klauen scharrten kampfeslustig den Boden auf.
    Nur mit Mühe konnte Zamorra die Vorlesung fortsetzen.
    »Einundzwanzigster November. Sie trachten mir nach dem Leben! Sie sind wütend, weil ich trotz ihrer Warnung nicht ohne Führer durch die Gegend zu laufen, ausgedehnte Ausflüge unternehme. Wenn sie wüßten, was ich wirklich suche. Sie haben einem vorgetäuschten Wagendefekt einige echte hinzugefügt.. Jetzt ist es unmöglich, das Dorf im Wagen zu verlassen. Aber ich will auch nicht mehr. Ich muß der Sache auf den Grund gehen. Koste es, was es wolle. Ich muß Gewißheit haben. Soweit es Gewißheit gibt in den magischen und schaurigen Dingen, die hier passieren. Deren Auswirkungen man überall spüren kann. Für das man keine greifbaren Beweise findet. Es sei denn, ich betrete unbemerkt den Turm. Darauf wird es wohl hinauslaufen!«
    Langsam veränderte sich das Verhalten des stillen Zuhörers. Schweiß stand auf seiner Stirn. Er nahm den Kopf zwischen beide Hände und wiegte den Oberkörper hin und her. Monoton der Bewegungsablauf. Wie bei einem Metronom. Unsagbares Entsetzen spiegelte sich in den stumpfen Augen Elders. Grauen flackerte in seinem irren Blick. Er stöhnte.
    »Soll ich aufhören?« fragte Zamorra mitleidig.
    Entschieden schüttelte Elder den massigen Kopf.
    »Zweiundzwanzigster November. Welch ein Tag! Wie geschaffen für eine Exkursion ins namenlose Grauen. Unheimlich, dieses Moor im Nebel! Ich werde heute gehen. Die Würfel sind gefallen. Und wenn es mich das Leben kostet, ich will in den Turm schauen. Dabei hat mich eine quälende Schwäche befallen. Ich finde längst keinen Schlaf mehr. Mein Innerstes bebt zuück vor den blutigen Rätseln des Turms. Wie im Fieberrausch schreibe ich diese Sätze. Ja, ich werde an das tödliche Geheimnis rühren. Heute suche ich den Turm auf, schwarzes Heiligtum einer Sekte, die das Böse verehrt. Schon jetzt verbrennt die Magie dieses Bauwerkes meine Seele. Was ist dagegen der böse Blick? Was Zauberformeln und makabre Rituale. Der Turm selbst ist das Zentrum des Schreckens. Turm Malkins, des Weltenverderbers. Von gehorsamen Dienern errichtet, die den Teufel so fürchten, daß sie ihre Liebe zu Gott vergessen haben. Ausgebrannt jede Erinnerung an bessere Dinge durch die Kunst des Bösen. Und dorthin will ich! Werde ich je zurückkehren? Wer wird mich vermissen, wenn ich verschwunden bin? In diesem entlegenen Winkel gibt es kein Gesetz. Außer dem, unter das diese eigenwilligen Menschen voller Verderbnis die eigene Existenz gestellt haben. Sie alle haben den Eid geschworen. Ich habe sie gut beobachtet. Sie tragen das Mal, das ihnen der Teufel selbst durch Berührung aufbrennt. Die Bücher sind voll von diesen Dingen. Ich habe alles gelesen, was es auf dem Gebiete des Okkultismus gibt. Ich weiß Bescheid. Ich begreife, wo ich hineingeraten bin. Ich ahne es zumindest. Heute werde ich Gewißheit haben. Ich habe nie geglaubt, daß es Teufelsanbeter wirklich gibt. Man liest von ihnen und lacht über die Verirrungen ferner, längst vergangener Zeiten. Und doch! Sie haben die Ewigkeit überdauert. Ihr Wirken ist spürbar. Sie sind Legion. Daß ich sie gerade hier in Schottland aufgespürt habe, will nichts sagen. Es gibt sie in Japan ebenso wie in Deutschland. Sie breiten sich aus wie ein Ölfleck auf dem Meer. Jetzt, da ich die Maske entdeckt habe, weiß ich endlich, woran ich bin. Donovan hat sie im Keller versteckt. Die Bocksmaske! Daher die Ziegenherden im Ort! Was aber bedeutet dieser scharfe, beißende Gestank, mit dem die Larve belastet ist? Er umhüllt die Maske wie eine zweite Haut. Widerlich! Unerträglich! Am Kinnbart klebt Blut. Das stinkt wie die Hölle! Zu welchen scheußlichen Orgien wurde die Maske getragen? Man müßte den Tempel vernichten. Ihn in die Luft sprengen, wenn

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