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0096 - Die Seelenfänger

0096 - Die Seelenfänger

Titel: 0096 - Die Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhart Hartsch
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Dynamit ihm etwas anhaben kann. Aber wer wird mir glauben? Wem werde ich von meinen Entdeckungen berichten können?«
    »Weiter, weiter«, drängte Elder, der Hirtenjunge, als Zamorra Luft holte. Der Professor schaute sich nach allen Seiten um. Er wurde längst das Gefühl nicht mehr los, mehr als seinen eigenen Schatten hinter sich herzuziehen. Er wollte nicht mit diesem Buch in der Hand überrascht werden. Er brauchte es noch. Es war noch nicht ausgewertet. Es gab eine Menge engbeschriebener Seiten darin. In der kleinen, bestechend deutlichen Schrift des Unbekannten, der sein Werk sicherlich nicht freiwillig aufgegeben hatte.
    »Es folgt eine Beschreibung des Weges, wie man zum Turm gelangt«, meinte Zamorra und blätterte weiter. Eine unerträgliche Neugier trieb ihn an.
    »Er ist bis an die Tür des Turmes gekommen«, berichtete der Professor seinem neuen Bekannten. »Über dem versteckten Eingang fand er dieses Zeichen.«
    Es gab eine Federzeichnung davon, die eine ganze Seite des Notizbuches einnahm. Zamorra hielt sie Elder hin.
    Der Junge blickte darauf und wurde leichenblaß. Er fuhr zurück und krümmte sich vor Schmerzen. Er preßte beide Hände auf die Ohren und schrie so gellend, daß die Ziegenherde auseinanderlief. Meckernd suchten die Tiere das Weite.
    Elder aber schien nicht mehr ansprechbar. Er krümmte sich wie ein getretener Wurm und hörte nicht auf zu schreien. Diese Laute hatten nichts Menschliches mehr. Schaum stand vor seinem Mund. Die Glieder waren verkrampft. Er warf sich von links nach rechts und wieder zurück. Dabei schrie er, ohne jemals abzusetzen, leiser zu werden oder Atem zu holen.
    Zamorra sprang auf.
    Gewaltsam nahm er dem Unglücklichen die Hände von den Ohren. Vielleicht brachte der unerträgliche Klang der eigenen Stimme Elder zur Besinnung?
    Nur schwer gelang es Zamorra, Elder zu besiegen und die verkrampften Glieder zu lösen. Er brach ihm die Hände auf.
    Zamorra erstarrte.
    In den Handflächen saßen die Stigmen des Teufels.
    Elder aber jagte hoch und floh, vom Entsetzen der Erinnerung gepeinigt, davon. Niemand konnte ihn stoppen…
    ***
    Nicole Duval schreckte hoch, als es an die Tür klopfte. Sie hatte den Tag verschlafen, erschöpft von den Schrecken der vergangenen Nacht. Sie brauchte eine Weile, ehe sie sich zurechtfand.
    Wo war Zamorra?
    Nur Angus Mavick hockte in dem Nebenzimmer, die Beine hochgezogen, die Arme um die Knie geschlungen. Er drückte sich in eine Ecke und zitterte wie ein Hund.
    Nicole öffnete die Tür.
    Die Wirtin stand davor, legte den Finger auf den Mund und winkte Nicole, ihr zu folgen.
    Das Mädchen zögerte.
    Ein Gefühl drohenden Unheils beschlich sie. Hilfe gab es keine. Angus Mavick zählte nicht. Er würde niemals aus seiner Ecke herauskommen, um jemandem zu helfen, der in Gefahr war. Weil er selbst zuviel Angst hatte.
    »Was gibt es denn?« forschte Nicole.
    Sie stand unter der Tür. Der Korridor vor ihr war dunkel und unübersichtlich. Es gab zu viele Verstecke. Alte Kleiderschränke standen in jedem Winkel und schufen Gelegenheit für einen Hinterhalt.
    Nicole hätte das Zimmer niemals verlassen, wenn die Frau nicht zu einer Kriegslist gegriffen hätte.
    »Der Professor«, wisperte sie.
    »Was ist mit ihm?« fragte Nicole erschrocken.
    Die Möglichkeit, daß Zamorra etwas zugestoßen sein könnte, verschlug ihr den Atem. Erst der zweite Gedanke machte ihr klar, daß sie verloren war, wenn Zamorra ausfiel. Nur er konnte den Kampf gegen die Satanssekte erfolgreich bestehen. Nicole selbst mußte unterliegen und würde nie wieder aus Daunton herauskommen. Diese Möglichkeit schnürte ihr die Luft ab.
    Ungeduldig wartete die häßliche Frau im Zwielicht des ausgedehnten Flures, als wolle sie Nicole nur geleiten, als plane sie nichts Böses.
    »Gehen Sie nicht«, krächzte Angus Mavick. »Es wäre ihr Tod. Trauen Sie keinem Menschen in Daunton. Nicht einmal mir.«
    »Hören Sie nicht auf den Schwätzer. Er ist nicht ganz richtig im Kopf«, meinte die Frau ärgerlich. »Ich will Sie nur zum Professor bringen. Mehr nicht. Sie können mir glauben. Aber wenn Sie nicht wollen, kann ich es auch nicht ändern. Ich hätte ihm gerne den letzten Wunsch erfüllt. Er hat mich so darum gebeten, Sie zu ihm zu bringen.«
    »Was ist passiert?« schrie Nicole auf.
    Die vage Möglichkeit, daß Zamorra etwas zugestoßen war, ließ sie alle Vorsicht vergessen. Sie stürzte aus dem Zimmer.
    »Ein bedauerlicher Unfall«, murmelte die Wirtin undeutlich.
    Sie ging

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