0096 - Die Seelenfänger
vor der Peitsche.
Nicole aber nutzte die Gelegenheit.
Sie stieß Donovan die ausgestreckten Finger ins Magendreieck.
Der Mann klappte zusammen wie ein Taschenmesser.
Nicole warf ihn beherzt ab und fuhr hoch.
Donovan versuchte sie mit dem Messer am Rücken zu erwischen und holte wütend aus. Da Nicole in Richtung auf ihr Zimmer floh und gerade Angus Mavick passierte, mußte Donovan den Mann ebenfalls anschauen, der einmal sein Sektenbruder gewesen war.
Ihn und das Mal auf der Stirn, ein sichtbares Zeichen, daß Mavick dem Satan abgeschworen hatte.
Donovan reagierte nicht anders als seine Frau. Verstört ließ er den Dolch fallen, um die Augen zu schützen. Dabei knurrte und fauchte er. Der Anblick war ihm unerträglich. Er rutschte auf den Knien zurück.
»Komm schon, ehe er sich einen neuen Trick einfallen läßt«, warnte Nicole und zerrte den fassungslosen Schotten, der wie angewurzelt ausharrte, die Kerze in der Hand, hinter sich her.
Sie verschwanden in dem Fremdenzimmer, verriegelten die Tür hinter sich. Noch immer hielt Mavick die Kerze.
Nicole nahm ihm den Leuchter ab, löschte ihn und stellte ihn auf die Fensterbank. Dann nötigte sie Angus, Platz zu nehmen. Sie selbst ließ sich erschöpft auf einen Stuhl fallen und legte den Kopf auf den Tisch. Sie mußte sich erst erholen.
»Es war ganz leicht«, meinte Angus, wie zu sich selbst. »Ich brauche überhaupt keine Angst zu haben. Sie fürchten mich. Haben Sie gesehen, wie die vor mir zurückgewichen sind, Nicole? Haben Sie das gesehen? Sie haben Angst vor mir. Ich habe es geschafft. Sie werden mich nicht ermorden. Ich komme aus allem heil heraus. Mit diesem Zeichen auf der Stirn bin ich unbezwingbar. Ich schlage sie alle. Ich brauche keine Angst mehr zu haben.«
Seine Hand fuhr zur Stirn.
Er tastete die aufgeworfenen Ränder entlang und machte das Kreuzzeichen. Ganz langsam. »Phantastisch«, murmelte er unaufhörlich.
»Was ist mit Zamorra geschehen?«, überlegte Nicole laut. Kaum, daß sie sich halbwegs von dem Schock erholt hatte. »Wo ist er jetzt?«
In ihrer Stimme schwang Angst mit. Unbeschreibliches Grauen vor den tödlichen Überraschungen, die die Teufelsanbeter von Daunton noch bereithielten.
***
Als Zamorra zurückkehrte, hatte er zunächst Schwierigkeiten, eingelassen zu werden. Als er es endlich geschafft hatte, stieß er auf einen Angus Mavick, der kaum wiederzuerkennen war und eine überglückliche Nicole Duval.
Die Sekretärin berichtete dem Professor, was sie erlebt hatte.
»Ich werde mir diesen Donovan mal vornehmen«, versprach Zamorra grimmig. »Es wird Zeit, daß wir den Bannfluch brechen, der erstickend über dem Dorf und seinen Bewohnern liegt.«
»Wie wollen Sie das wohl anfangen,« fragte Marvick, was so gar nicht zu seiner optimistischen Stimmung passen wollte. »Mir würde es schon genügen, wenn Sie uns drei heil hier herausbringen würden.«
Er zündete sich eine Zigarette an und inhalierte den Rauch. Er fand wieder Geschmack an allem. Es war, als habe er Jahre in einem Gefrierschrank zugebracht und sei erst jetzt wieder aufgetaut worden. Er begriff, wie freudlos und öde die Jahre verstrichen waren, die er unter dem Einfluß der Sekte zugebracht hatte. Er war voller Pläne. Er sprach davon, daß er in London arbeiten wolle. Er schmiedete immer neue Zukunftsbilder und baute unermüdlich an Luftschlössern.
Zamorra stoppte seinen Höhenflug unvermittelt.
»Ich bin es nicht gewohnt, vor einer Aufgabe zu fliehen«, entschied er. »Umso weniger, da ich feststellen mußte, daß nicht alle Einwohner von Daunton diesem verderblichen Höllenkult anhängen. Sie brauchen unsere Hilfe. Sonst war alles umsonst.«
»Ihre Nächstenliebe in allen Ehren, Professor«, meinte Mavick enttäuscht. »Aber halten Sie das nicht für gefährlich?«
»Natürlich. Kein Grund, die Waffen zu strecken. Gefahren des Okkultismus sind mein tägliches Brot. Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, überall auf der Welt den Kräften der Finsternis gegenüberzutreten und sie zu bekämpfen. Warum sollte ich hier mit diesem Grundsatz brechen?«
»Weil Sie hier keinen Blumentopf gewinnen können. Gibt es nicht angenehmere Arten, Selbstmord zu begehen?« wurde Angus Mavick heftig. »Genügt es Ihnen nicht, mich gerettet zu haben? Sie werden unbescheiden. Sie wollen alles erreichen. Daß Sie sich nur nicht täuschen. Malkin liegt auf dem Sprung. Noch hat er die Herausforderung nicht einmal richtig angenommen. Warten Sie, bis es ernst wird. Wenn er
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