0096 - Die Seelenfänger
Sie, Nicole«, seufzte Mavick. »Sie werden es bitter bereuen, nicht mit mir gegangen zu sein. Noch ist Chance. Wenn es dunkel wird, übernimmt der blutige und finstere Malkin wieder das Zepter. Er schwingt es über Daunton wie eine Geißel. Seit ich denken kann, ist das so. Nie wird sich etwas ändern. Und bald sind Sie für weitere zwölf Stunden in Daunton festgenagelt. Sobald die Sonne sinkt, wird es gefährlich. Jede Stunde kann Ihre letzte sein.«
»Danke für Ihre Warnung, Angus«, erwiderte Nicole tapfer. »Aber es wird schon gutgehen. Wir werden uns durchsetzen. Das Licht besiegt die Finsternis. Wir haben noch nie verloren.«
»Das erste Mal könnte auch das letzte sein«, orakelte der Schotte düster und gab jedem die Hand. Mit Ausnahme von Debbie. Er versuchte es zwar, aber die Kleine wich ärgerlich zurück. Dabei fauchte sie wie eine Katze und verbarg das Gesicht.
Obwohl Debbie gewiß nicht auf den Mund gefallen war und einigermaßen keß ihre Meinung sagte, wollte sie weder das Gesicht zeigen noch Angus ansehen. Obgleich sie persönlich gegen ihn nichts haben konnte. Er hatte ihr nie etwas getan.
Warum verhielt sie sich so merkwürdig?
Konnte sie den Anblick des Kreuzes nicht ertragen? Weder das auf Mavicks Stirn noch die vielen, die er angefertigt und überall aufgehängt hatte, um wenigstens Tür und Fenster abzusichern?
Das mußte nichts bedeuten, aber es war auffällig, wie Debbie jeden Blickkontakt vermied. War es nur eine angeborene Seu vor dem in Daunton sicher ungewöhnlichen Kruzifix, das Debbie beeinflußte? Erziehung vielleicht durch eine gottlose Mutter? Die selbst womöglich eine Hexe war und der Teufelssekte anscheinend angehörte?
Oder reichte die Abneigung tiefer? Hing es mit ihrer eigenen Einstellung zusammen? War sie am Ende auch ein Mitglied des Satansordens?
Zamorra wußte es nicht. Sein Gefühl sträubte sich gegen den Verdacht, Debbie könne doppeltes Spiel betreiben. Sie sah so gewinnend und hübsch aus, daß man ihr eine solche Schurkerei einfach nicht zutraute.
Kaum war Angus Mavick aufgebrochen, da hielt es auch Debbie nicht länger im Hotel. »Ich komme wieder vorbei und hole Sie ab«, meinte sie eifrig. »Ich bringe Sie hin.«
Sie schaute Zamorra fest und offen an.
Eisblöcke hätten schmelzen können unter einem solchen Blick dieser grünen Katzenaugen.
Nicole hustete warnend, als Zamorra einen Augenblick zu lange die schmale kühle Hand des Mädchens hielt.
Debbie verschwand, ohne Nicole zu beachten.
Die reizende Französin zog sofort vom Leder.
»Ich würde ihr nicht trauen?«, fauchte sie.
»Du bist ja auch eine Frau. Seit wann trauen die sich gegenseitig«, schmunzelte Zamorra.
Nicole ging hoch wie eine Rakete.
Zamorra beruhigte sie umgehend.
»Ich verlasse mich nicht blindlings auf Debbie«, beschied er seine Sekretärin. »Ich war nie vertrauensselig. Andererseits ist das eine gute Gelegenheit, auf dem schnellsten und kürzesten Wege den Turm zu erreichen. Ich selbst kenne das Gelände nicht. Auch, wenn ich nicht glaube, daß ich mich verirren könnte, brauche ich vielleicht durch unnötige und zeitraubende Umwege doppelt soviel Zeit. Da ist es mir doch lieber, wenn ich unter Führung einer Eingeborenen den Turm aufsuche. Und für den Ernstfall habe ich schließlich auch noch mein Amulett. Was soll mir passieren?«
»An diesem Fall ist alles ungewöhnlich. Mich würde es weder wundern, wenn Debbie selbst eine Teufelsanbeterin ist und ihre angebliche Hilfe nur der Versuch, uns zu trennen und dich in die Falle zu locken noch würde es mich sehr erstaunen, wenn selbst das Amulett einmal versagt. Weil größere magische Kräfte dagegenstehen.«
»Niemals!« Entschlossen schüttelte Zamorra den Kopf. »Ich vertraue dem Amulett blindlings. Es hat sich in so vielen ungewöhnlichen Situationen bewährt und mich aus Notlagen gerettet!«
»Da wäre noch ein Problem«, fuhr Nicole hartnäckig fort. »Was wird aus mir? Wenn ich auf diesem Zimmer hocke und dich mit dieser… dieser… Führerin da draußen weiß, in der Nähe des Turmes, werde ich durchdrehen. Ich könnte es nicht aushalten.«
»Auf keinen Fall«, lehnte Zamorra die Bitte ab, noch ehe sie ausgesprochen worden war. »Ich nehme dich nicht mit. Erstens würde ich mir womöglich gänzlich die Hilfe des Mädchens verscherzen und zweitens wäre es zu gefährlich, dich auch nur in die Nähe des Turmes zu lassen.«
»Warum?«
»Ich würde mich mehr auf das konzentrieren, was du tust, als daß ich
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