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0096 - Die Seelenfänger

0096 - Die Seelenfänger

Titel: 0096 - Die Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhart Hartsch
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Malkins Thron nähert. Ich sollte diesen verdammten Turm seinem schattenhaften Dasein überlassen, schleunigst kehrtmachen und aus Daunton verschwinden. Aber kann ich das überhaupt? Hier ist es dunkel wie in einem Grab und mindestens ebenso kalt. Der eisige Hauch geht einem direkt ins Herz. Man bekommt Atemnot. Trotzdem werde ich jetzt meine Taschenlampe anknipsen. Ich habe sie für alle Fälle bereitgehalten. Jetzt wird sie mir gute Dienste leisten.«
    Langsam blätterte Nicole, die am Ende der Seite angelangt war, um.
    Zamorra saß in seinem Sessel, als schlafe er und hatte den Kopf aufgestützt. Aber keine Silbe entging ihm. Er war erschüttert vom Schicksal des Unbekannten, der vor ihm den Weg gegangen war, den er vorhatte.
    Nicole räusperte sich, ehe sie weiterlas.
    »Der Strahl meiner Taschenlampe zittert über geisterhaft blasse Spinnweben und zeitlosen Staub in zugemauerten Fensternischen. Wie festgewurzelt stehe ich in dem Gewölbe, das den Moder vergangener Zeit verströmt. Warum leuchte ich erst nach oben? Da ist nichts zu sehen als eine Fledermaus, die erschreckt lautlos dahinstreicht. Erst meine Taschenlampe macht sie zu einem unheimlichen Wesen mit einem bizarren Schatten. Aber sie greift mich weder an noch scheint sie ein ein Ziel zu haben. Ich lasse das Licht wandern. Vielleicht gibt es am Boden etwas, vor mir.«
    Nicole hielt entsetzt inne.
    Dann riß sie sich zusammen.
    »Da gibt es wurmzerfressenes Kirchengestühl, in dem wohl die Anhänger der Sekte Platz nehmen. Die gegenüberliegende Wand, eine Art Apsis, ist getäfelt. Eine ungeheure Stille überwältigt mich. Magisch werde ich angezogen von dem siebeneckigen schwarzen Basaltstein, der wie ein Atlar in der Mitte des Raumes steht. Ich gehe weiter. Nur noch wenige Yards trennen mich von dem verführerischen Blendwerk des Teufels. Ich sehe jetzt erst, daß Zeichen den Basalt bedecken. Schwarze, verbotene Zeichen teuflischen Ursprungs, furchtbare Geheimnisse und Zauberformeln, die Wissen um längst untergegangene Kulte enthalten. Es ist eine Art Bilderschrift, schwer zu entziffern und wohl in seinen letzten Konsequenzen nur dem Eingeweihten verständlich.
    Ja, ich habe einen düsteren Schatz entdeckt. Ich ersteige den Felsblock mit seinen Hieroglyphen. Eine gewundene Treppe von sechs Stufen führt hinauf. Selbst ein größerer Mensch als ich könnte die Oberfläche des Basalts nicht überblicken, ohne hinaufzusteigen.
    Ich entdecke einen blitzenden Metallkasten, asymmetrisch. Auch er über und über bedeckt mit magischen Zeichen, Symbolen der Kabbala und der Gnostik. Ich knie nieder, um den Behälter zu öffnen. Strecke langsam die zitternden Hände aus und empfehle meine Seele Gott. Ich bin am Quell des düsteren Macht Malkins und seiner Anhänger. Etwas Scheußliches, Verbotenes erwartet mich. Ich werde nie wieder der sein, der ich war, wenn ich diesen geheimnisvollen Kasten öffne, der von dreizehn Klammern verschlossen wird, schwachen Spangen, die aber nicht leicht aufzuklappen sind. Zehn habe ich bereits geschafft. Noch immer kann ich aufhören. Wenn ich es fertigbringe.
    Mein Herz klopft bis zum Hals. Gefahr droht. Gleichzeitig lockt mich etwas. Ich mache weiter. Ich gebe nach. Ich kann mich nicht mehr beherrschen. Langsam schwingt der Deckel zurück. Ich werde wahnsinnig. Dieses Feuer hält kein menschliches Auge aus…
    Dieser seltsam geschliffene Stein verwirrt den Verstand jedes Betrachters. Das Gebilde ist blendender Mittelpunkt. Die Strahlen lassen mein Hirn ausdörren. Ich kann keinen klaren Gedanken fassen. Tiefer und tiefer versinkt mein Blick in fernen Welten und Mächten, die mir offenbart werden. Das dämonische Mineral scheint zu mir zu sprechen. Es offenbart sich mir. Es verschlingt mich. Jeder andere Gedanke ist wie ausgelöscht. Ich kommuniziere mit diesem toten Gebilde. Es schlägt mich in seinen Bann.
    Woher mag es stammen? Aus einer babylonischen Grabkammer? Dort, so habe ich gelesen, beschworen Magier unbekannte Wesen und riefen ihr: ›Fliehet das Licht‹. Hört auf die Rufe der Finsternis, Finsternis ist das Heil! Ich kann nicht mehr. Die Assoziationen in der Betrachtung des magischen Steines überwältigen mich. Das ist schlimmer als hätte ich LSD geschluckt. Ein Höllentrip. Ich muß weg. Ich klappe den Kasten zu. Ich schließe die Spangen, als fürchte ich, etwas könnte entweichen. Etwas freigesetzt werden, das niemand mehr stoppen könnte. Ich habe so etwas noch nicht erlebt. Stammt das Mineral von einem

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