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0096 - Die Seelenfänger

0096 - Die Seelenfänger

Titel: 0096 - Die Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhart Hartsch
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größeren Gefahr aus. Dort drohte Unheil. Und vielleicht hatte Mavick bereits die Botschaft an Fleming abgesetzt. Der junge Amerikaner war berühmt für seine schnellen Aktionen. Und er hatte Verbindungen. Wenn er sofort aufbrach, womöglich ohnehin in Europa weilte, konnte er noch im Laufe der Nacht eintreff en. Die Vermutung, daß Nicole Gefahr drohen könnte, würde ihren stillen Verehrer mächtig auf Trab bringen. Bill brachte es fertig und charterte spätestens in Edinburgh einen Hubschrauber, der ihn an Ort und Stelle absetzte. Schließlich fühlte er sich verantwortlich für das Durcheinander. Hatte er nicht Zamorra den Tetramorph zugesteckt, der die ganze Expedition erst ins Rollen gebracht hatte.
    »Können wir weiter?«, fragte Debbie ungeduldig.
    »Sicher«, nickte Zamorra.
    Es wurde ohnehin unangenehm kühl. Tau glänzte auf den Gräsern. Nebel stiegen im Tal auf und zogen stumm und feindselig zwischen Bäumen und Sträuchern einher. Zusammen mit dem fahlen gespenstischen Licht des Mondes verliehen sie dem Strauchwerk ein unheimliches Eigenleben. Es war, als wanderten die Büsche umher wie verirrte Wanderer.
    Vom Moor her erklang das scharfe Schrecken eines Rehbockes.
    Im Dorf, zu ihren Füßen, jaulten die Hunde den Mond an, der sich von Zeit zu Zeit hinter Wolkenbänken versteckte.
    Sie setzten ihren Weg fort.
    Obgleich die Sicht immer mehr abnahm, ließ sich Debbie Hogg nicht beirren. Sie besaß entweder einen inneren Kompaß und kannte hier jeden Steg und Weg. Erstaunlich, wenn man bedachte, an welch kurzer Leine sie von ihrer Mutter geführt wurde. Die ließ ihre Tochter bestimmt nicht stundenlang durch Heide und Moor strolchen und sich dem süßen Nichtstun hingeben.
    Nach einer guten Stunde gelangten sie auf eine Strecke, die fast eben verlief. Dafür war der Boden schwankend. Sie befanden sich bereits an den östlichen Ausläufern des berüchtigten Fenwick-Moores. Wasser quietschte unter den Schritten Zamorras.
    Debbie bewegte sich auch hier, als sei die hübsche Schottin leicht wie eine Feder und schwebe über dem Boden.
    Zamorra machte eine merkwürdige Entdeckung. Erst hier, auf dem morastigen Untergrund, wo jeder Sterbliche bis zu den Knöcheln einsank, fiel es ihm auf.
    Debbie Hogg war über die Gesetze der Schwerkraft anscheinend erhaben. Sie hinterließ keine Fußspuren.
    Zamorra rieb sich die Augen.
    Er blieb stehen, eine Zeitlang wartete er, dann folgte er wieder seiner Führerin, die ihn bereits mit einem einladenden Lächeln erwartete und fragte: »Brauchen Sie schon wieder eine Verschnaufpause?«
    »Aber nicht, weil ich müde bin, sondern weil mir die Beine vor Angst schlottern«, versuchte Zamorra zu scherzen.
    Debbie verstand ihn nicht. Sie runzelte die Stirn und wartete stumm auf eine Erklärung.
    »Du hinterläßt keine Fährte«, stellte der Professor fest. »Wie erklärst du das? Fliegst du etwa?«
    »Sie haben sich getäuscht. Das ist alles. Ich bin leichter als Sie und gehe schneller. Wenn Sie eintreffen, hat der Morast sich bereits wieder geschlossen. Im Moor hinterläßt niemand Spuren.«
    »Dann schauen wir uns doch mal meine Fährte an. Die könnte ein Blinder verfolgen«, widersprach Zamorra.
    »Dann liegt es daran, daß Sie Stiefel tragen und ich barfuß gehe«, meinte Debbie ärgerlich. »Wollen wir uns die ganze Nacht über meine Fußspuren unterhalten oder wollen Sie den Turm sehen?«
    »Der Turm ist mir lieber«, lenkte Zamorra ein.
    Gleich darauf begann wieder der steinige Hang und damit war das Thema ohnehin aus der Welt. Aber Zamorra hatte doch beobachtet, wie unangenehm Debbie seine Fragen gewesen waren.
    Sollte Nicole am Ende doch recht haben? Sie traute der hübschen Schottin ohnehin alles Schlechte zu. Vielleicht doch nicht nur aus kleinlicher Eifersucht. Frauen hatten ja bisweilen einen besonderen Instinkt. Intuitiv erfaßten sie drohende unterschwellige Gefahr und ordneten Personen richtig ein.
    Der Nebel wurde noch dichter.
    Schweigend, mit gesenktem Kopf, stapfte Zamorra hinter dem Mädchen her, das ihn führte. Plötzlich blieb Debbie stehen.
    Zamorra wäre fast aufgelaufen.
    »Was gibt’s?« forschte er.
    »Da!«, flüsterte Debbie Hogg und wies die Richtung.
    Zamorra kniff die Augen zusammen.
    Er hatte Mühe, in dieser Nebelbrühe überhaupt etwas auszumachen. Er mußte sich mächtig anstrengen, um schemenhaft zu erkennen, was Debbie erschreckt hatte.
    »Das ist…« murmelte der Professor.
    Vorsichtig ging er weiter.
    Mehr und mehr verdichteten sich

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