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0096 - Die Seelenfänger

0096 - Die Seelenfänger

Titel: 0096 - Die Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhart Hartsch
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schwer auf die Atemwege. Vernebelte den Verstand. Höhlte die nüchterne Urteilsfähigkeit aus. Untergrub den freien Willen. Nicole brauchte keine Fessel mehr. Sie war besser gebändigt als durch die dickste Sträflingskette. Niemand konnte sie mehr umstimmen. Sie gehörte dem Satansorden von Daunton.
    Der Hexenmeister winkte Moira Hogg.
    Die alte Frau rutschte heran, hielt in ihren Händen einen dreieckigen Behälter mit einer Salbe.
    Damit wurde Nicole eingestrichen.
    Die Tinktur tat ihr wohl. Kühlte ihre brennende Hau.
    Nicole lächelte merkwürdig starr.
    »Geht jetzt zu den anderen. Wir treffen uns im Turm. Beeilt euch. Der Professor tappt gerade in die Falle«, sagte der Vermummte.
    Niemand hatte ihn jemals ohne die Kapuze gesehen. Er ernährte sich von den Opfergaben, die im Turm blieben. Er war der erste Diener Malkins. Großmeister des Satansordens. Seinen Befehlen widersetzte sich niemand ungestraft.
    Nicole hatte das Gefühl zu schweben. Sie flog. Es war ein wahnsinniges Gefühl, schwerelos und ziemlich schnell durch die Luft zu sausen, ohne einen Finger zu krümmen. Ohne jede Anstrengung. Eine neue, unbezahlte Erfahrung.
    Nicole glaubte sogar, den Wind zu spüren, der an ihren Haaren zerrte.
    Unter ihr glitten Moor und Wald, Felder und Dächer dahin.
    Ich träume, dachte sie einmal und fühlte sich merkwürdig erlöst. Dann aber wurden ihr wieder die alten Empfindungen verstärkt suggeriert. Ihr Bewußtsein machte sich nicht wieder selbstständig.
    Es wurde dunkel um sie herum. Sie begriff, daß sie in einer Kapuze steckte. Jemand hatte ihr das Ding über den Kopf gestreift, ohne darauf zu achten, daß die Augenschlitze richtig saßen. Aber Nicole konnte das nicht in Ordnung bringen, obwohl sie darunter litt.
    ***
    Zamorra setzte seinen Aufstieg unbeirrt fort. Nicht einmal alle Hunde der Hölle hätten ihn zur Umkehr bewegen können. So dicht vor dem Ziel.
    Als sie den Turm erreichten, war es gerade einundzwanzig Uhr. Stumm und abweisend ragte das verwitterte Gemäuer in den fahlen Nachthimmel. Die Steinquader strömten eine unerklärliche Kälte aus. Fledermäuse umzirkelten die Zinnen.
    Irgendwo schrie ein Vogel im Schlaf.
    Von hier aus konnte man Daunton sehen. Der Ort wirkte friedlich und schien zu schlafen.
    Zamorra konnte nicht einmal ahnen, was sich dort abspielte, während er hier oben stand und herunterschaute.
    »Hier entlang«, drängte Debbie, als folge sie einem geheimen Regieplan. Sie hatte es plötzlich noch eiliger.
    »Warte einen Augenblick«, verlangte der Professor.
    Zamorra hatte ein Anthemion entdeckt, einen Schmuckfries, der wie ein schmales Band um den Turm lief. Genau in Augenhöhe.
    Es wimmelte von allegorischen Fabelwesen. Hexen ritten auf Besenstielen und überall tauchte, meist versteckt, ein Hinweis auf Balor auf, den Teufel in Katzengestalt, Vertrauter der Magier.
    Jede Episode wurde getrennt durch einen Tetramorph.
    Es waren diese vier Gestalten aus ferner Sagenwelt, die mit Basiliskenblick den nächtlichen Besucher musterten.
    An einer Stelle fehlte eine Darstellung.
    Jemand mußte sie mit der Hacke abgeschlagen und mitgenommen haben. Wahrscheinlich Bill Fleming, der den Turm ja zufällig entdeckt hatte.
    Dieser Tetramorph befand sich noch im Besitz Zamorras und lag wohlbehütet im Gasthof, in einer Schublade der Kommode. Steinerner Zeuge, daß es Malkins Turm gab. Ein unschätzbarer Fund, der Zamorra erst auf die Spur der Teufelsanbeter gebracht hatte.
    Zamorra gab dem Drängen des Mädchens nach. Er folgte Debbie, die stumm vorauseilte und plötzlich wie vom Erdboden verschwunden war.
    »Hier bin ich«, meldete sie sich auf des Professors Frage.
    Die bleiche Hand schien direkt aus der Erde aufzuragen.
    Jetzt erst erkannte Zamorra den unterirdischen Gang. Er stieg ein. Feuchte Moderluft empfing ihn.
    Es war alles genauso, wie der unbekannte Schreiber in seinem Tagebuch festgehalten hatte.
    Schweigend setzen sie ihren Weg fort.
    Der Tunnel schien kein Ende zu nehmen. Endlich zwängten sie sich durch eine besonders enge Stelle.
    Debbie berührte unbemerkt einen bestimmten Stein. Sofort schloß sich die eigentliche Fortsetzung des Kriechganges wie durch Zauberhand. Eine andere Route tat sich auf und wurde von dem nachfolgenden Professor als die einzig richtige empfunden. Er faßte keinen Verdacht. Zumal Debbie sich unmittelbar vor ihm befand.
    Man konnte die Hand nicht vor Augen sehen. Zamorra verließ sich auf seinen Tastsinn und sein Gehör.
    Das allerdings meldete ihm

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