0097 - Das Höllentor
dem zuvor.
Er machte einen Schritt zur Seite, halb vorwärts. Damit kam er in Angriffsposition. Äls der Gegner den Arm hob, wußte der Professor, daß er nicht mit einem Hieb der Peitsche zu rechnen hatte.
Dennoch tat er so, als lenke er seinen Dolch gegen die herabsausende Peitsche.
Der andere durchschaute seine Finte nicht.
Und es kam, wie Zamorra vermutet hatte.
Der Araber wollte, daß Zamorra sich auf den Peitschenhieb einstellte. Dann wollte er seinen Dolch gebrauchen.
Zamorra wußte es. Noch zielte er auf den linken Arm des Mannes.
Aber als die Hechte des Wächters hochtauchte, war Zamorras Klinge schon in seinem Handgelenk. Der Schlag war so stark, daß die Klinge durch die ganze Hand des Wächters fuhr. Die Waffe fiel zu Boden.
Trotzdem wollte der Araber nicht aufgeben. Mit verzweifelter Kraft setzte er sich mit der Linken zur Wehr. Hochauf stand sein Arm, bereit, den Schlag auszuführen. Aber Zamorra unterlief ihn. Ein Schlag seiner Faust traf von unten her das Kinn des Wächters. Der Mann schwankte, fing sich aber und gab nicht auf.
Wütend schlug er zu, aber er verfehlte Zamorra, der nach links ausweichen konnte. Die Wut des Wächters ließ seine Zielsicherheit schwinden.
Immer wieder zog er die Peitsche hoch, ließ sie erbarmungslos niederprasseln. Aber Zamorra konnte jedem dieser ungezielten Streiche entgehen.
Er ging aufs letzte. Er sprang den Mann an, ließ seinen Dolch nun ebenfalls zu Boden stürzen. Klirrend landete die Klinge auf dem Gestein.
Dann packten Zamorras Hände die Gurgel des Gegners. Der Hals des Mannes war von der ersten Sekunde an wie in einem Schraubstock. Seine Pupillen weiteten sich. Die Peitsche entfiel seiner Hand. Er war überwältigt.
»Fesseln«, sagte Zamorra nur. Dann hob er den Dolch auf, steckte ihn in die Tasche zurück.
»Und nun die Mädchen im Frauentempel. Und die beiden Frauen des Ben Jussuf, die sich als Königinnen fühlen. Ich schätze, daß wir sie nicht als Furien antreffen,«
***
Der Weg war frei. Alle Wächter in der Gewalt Zamorras und seiner Helfer.
Sie durchschritten den Gang, untersuchten die Wände. Aber sie fanden keine Tür, keinen Zugang, nicht die Andeutung eines unterirdischen Tempels.
»Wartet«, sagte er zu den anderen. »Ich werde unsere gefesselten Freunde ausfragen.«
Er ging zurück, erreichte die gefesselten Wächter. Man hatte ihnen keine Mundknebel angelegt, denn sie konnten nicht mehr schaden.
»Wo ist der Zugang zum Frauentempel?« fragte Zamorra.
Keine Antwort.
Er fragte ein zweitesmal, ein drittesmal.
Wieder keine Antwort.
Da war seine Geduld am Ende. Er packte den, der ihm am nächsten lag, zog ihn mit einem Ruck hoch. Er machte sich nicht einmal die Mühe, ihm die Fußfesseln abzunehmen.
Mit der Linken packte er den oberen Teil des Burnus und ballte die Faust. Der Gefangene schleifte hinter ihm her, nur mit den Füßen am Boden.
Er ging so, bis er die anderen erreichte. Dort stellte er den Araber gegen die Wand des Ganges.
»Rede«, sagte er nur.
Eisiges Schweigen folgte.
Da war Yamun bei ihm, der sich nicht mehr halten konnte. Noch war seine Tochter Faziah in Gefangenschaft! Er wollte sie wiederhaben! Er mußte wissen, ob sie gesund war!
Er riß seinen Dolch heraus, brachte die Klinge vor den Hals des Mannes.
»Wenn wir in drei Sekunden nicht Bescheid wissen, bist du ein toter Mann!« sagte er drohend.
In diesem Augenblick fiel Zamorra etwas Besseres ein.
»Halt, Yamun!« rief er ihm zu. »Wenn der Mann sich weigert, wirst du ihn erstechen. Dann erfahren wir gar nichts. Warte ab.«
Er langte nach einem Knebel, wickelte ihn zusammen und steckte ihn dem Gefangenen in den Mund. Der Gefangene sträubte sich zwar, wollte den Mund nicht öffnen, aber der Professor brachte die Kinnladen mit einem Ruck seiner Hände auseinander.
Dann legte er den Mann bäuchlings auf den Boden.
»Ritze ihn nur ein wenig im Nacken«, sagte er zu Yamun, der fassungslos danebenstand. »Aber verletze ihn nicht zu sehr. Man muß nur ein paar Blutstropfen sehen.«
Yamun folgte der Aufforderung. Er beugte sich zu dem Araber, brachte ihm eine kleine Schnittwunde im Nacken bei. Gerade tief genug, daß ein wenig Blut heraustrat. Es rann seitlich am Hals entlang auf den Boden.
Der Professor ging zurück und holte den anderen Wächter. Ihm aber löste er die Fußfesseln.
»Geh voran!« befahl er ihm.
Dieser Gefangene war nicht so hartgesotten. Ihn überfiel das Zittern schon nach den ersten Schritten.
»Was habt ihr gemacht —
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